Begegnung am ZFFAm Set ist Kristen Stewart «ein A****loch»
Von Carlotta Henggeler
4.10.2019
In intimer Runde erzählte Kristen Stewart («Panic Room») am ZFF vom «Twilight»-Gruppenchat, ihrem besonderen Verhältnis zu Jodie Foster und warum sie für ihre zweite Regiearbeit ins Wasser springt.
Tatort Filmpodium Zürich, Donnerstagmittag. Wer in der Limmatstadt aufgewachsen ist, denkt mit gemischten Gefühlen an diesen Ort. Hier wurden früher langatmige Schwarzweiss-Filmschinken mit Bildungsauftrag gezeigt. Ein paar Jahre später kommt das Zurich Film Festival (ZFF) auf die Idee, genau in dieser cineastischen Location im Herzen des (Finanz-)Zentrums wahre Hollywoodgrössen zu einem Gespräch mit Publikum einzuladen. Und nennt die Talkreihe «A Conversation with …» – einfach und genial.
Das Retro-Kino ist gut besetzt, viele vor allem weibliche Fans – darunter auch Schauspielschülerinnen – warten gebannt auf ihren Star: Kristen Stewart. Zwei Bodyguards in bester «Man in Black»-Manier flankieren die Kalifornierin beim Gang auf die Bühne. Jeder Schritt wird aufmerksam gefilmt, fotografiert, online gestellt.
Schliesslich ist Kristen Stewart da! Die Versuchung ist gross, von der zierlichen oder hübschen Schauspielerin zu schreiben. Alles Attribute, die zutreffen, aber ihr nur äusserlich gerecht werden. Dabei hat die 29-Jährige auch einiges zu erzählen: etwa, dass sie schon als Kind auf Filmsets herumschlich. Ihre Eltern waren in der Branche tätig.
Sie habe sich die Schauspielerei anfangs nicht zugetraut: «Ich war sehr, sehr scheu», erzählt Stewart und grinst frech. Ein Glück, ist es anders gekommen.
Von Charlies Engel zur Aktivistin
Schon eine der ersten Hauptrollen, die sie ergattern konnte, hatte es in sich: Kristen spielt in «Panic Room» Jodie Fosters Tochter, mit gerade mal zwölf Jahren. Foster mimt nicht nur ihre Film-Mutter, sie wird auch eine Art Mentorin. Stewart schwärmt noch heute von dieser Begegnung: «Jodie ist eine scary Lady. Ein fuckin' wundervolles Aushängeschild».
Fadengrad, witzig, charismatisch – diese Attribute werden Kristen Stewart schon eher gerecht. Am Set sei sie «ein Arschloch», sagt sie selbst über sich und lacht verschmitzt. Sie habe sich für jede Rolle am Anfang immer sehr unter Druck gesetzt, das sei körperlich nicht gesund. Angst, einen schlechten Film abzuliefern, habe sie aber nie gehabt.
Wenn Kristen Stewart spricht, ist es still im Raum. Alle hängen an ihren ungeschminkt wirkenden, blassen Lippen. Viel schwarz, ein bisschen Grufti, ein bisschen Punk ihr Look. Sie trägt teure Designerklamotten, wohl auch die zerrissenen Jeans.
Mehr als nur Bella
Für viele ist Kristen Stewart noch immer Bella aus der «Twilight»-Saga. Einer Figur, der sie längst entwachsen ist. Kontakt zu ihren damaligen Film-Gspänli hat sie aber immer noch. Man laufe sich öfters über den Weg, und: «Wir haben einen Gruppenchat. Ach ja, Robert wird Batman spielen, ich bin stolz auf ihn» sagt sie über ihren Ex-Freund Robert Pattinson.
Stewart schlüpft als nächstes in die Rolle der Sabina Wilson in «3 Engel für Charlie». Sie mag es auch komödiantisch und actionreich. Am Zurich Film Festival präsentierte sie aber ihr neustes Projekt «Seberg»: Im Biopic von Regisseur Benedict Andrews spielt Kristen Stewart die amerikanische Schauspielerin Jean Seberg, die Ende der 1960er-Jahre nach Jahren in Paris in die Vereinigten Staaten zurückkehrte. Dort suchte sie nach neuen filmischen Herausforderungen und engagierte sich gleichzeitig in der Black-Panther-Bewegung. Eine Affäre mit einem Aktivisten brachte sie ins Visier eines illegalen Überwachungsprogramms des FBI, mit dem die Bürgerrechtsbewegung bekämpft wurde. Und trieb sie buchstäblich in den Tod.
Unter die Regisseurinnen gegangen
Als Schauspielerin sei sie einfach eine Projektionsfläche der Filmemacher, sagt Stewart. Sie hat aber auch schon die Seite gewechselt: Beim Sundance Film Festival 2017 wurde ihr Kurzfilm «Come Swim» gezeigt, zu dem Kristen Stewart das Drehbuch schrieb und die Regie übernahm.
Auch für ihr neustes Filmprojekt wechselt sie wieder hinter die Kamera. Sie will das Buch «The Chronology of Water» von Lidia Yuknavitch verfilmen. Die Amerikanerin wollte als Profischwimmerin durchstarten, doch ihre schlimme Kindheit und die Drogen standen ihr im Weg. Heute ist die bisexuelle Amerikanerin erfolgreiche Autorin.
Stewart hat das Buch verschlungen, war von der Geschichte, der starken Sprache fasziniert. Die Zeit sei reif, sich solchen Themen zu widmen, findet Stewart.
Eine kurzweilige Fragerunde durch das sichtlich angetane Publikum und schwupps, die beiden «Man in Black»-Securitymänner führen Stewart professionell aus dem Filmpodium. Keine Chance für Selfies oder Autogramme. Der Flieger wartet schon. Gute Reise, Kristen!
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