TV-Event Grossbritannien wartet gespannt auf «Megxit»-Interview

AP/dpa/toko

6.3.2021 - 10:56

Vor dem mit Spannung erwarteten Interview von Herzogin Meghan und Prinz Harry mit US-Moderatorin Oprah Winfrey ist die Atmosphäre zwischen dem Paar und dem britischen Königshaus vergiftet.

Prinz Harry und seine Frau Meghan ziehen vor der Ausstrahlung eines Fernsehinterviews Kritik auf sich. Das hat mit dem Timing der Ausstrahlung ihres zweistündigen Gesprächs mit der TV-Persönlichkeit Oprah Winfrey am bevorstehenden Sonntag zu tun. Dem Ehepaar wird aber auch vorgeworfen, es nutze seinen Prominentenstatus aus.

Die Sendung wird von Ereignissen in Harrys Heimatland Grossbritannien überschattet. Sein Grossvater Prinz Philip wird seit zweieinhalb Wochen im Krankenhaus behandelt. Der 99-Jährige erholt sich von einem Eingriff am Herzen.

«Harry und Meghan sind sehr beliebt», sagte die Professorin für Marketing und Autorin eines Buchs über das britische Königshaus, Pauline Maclaran, der Nachrichtenagentur AP. «Aber ich denke, dass einige Leute, die sie sonst vielleicht unterstützt hätten, es für einfach ein wenig geschmacklos halten werden, dass sie all diese Aufmerksamkeit auf sich selbst ziehen...gerade zu dieser Zeit, wo Prinz Philip ziemlich ernsthaft krank zu sein scheint.»

Szene aus der Interview-Vorschau des TV-Senders CBS.
Szene aus der Interview-Vorschau des TV-Senders CBS.
SRF/TM & © 2021 ViacomCBS/Harpo Productions/Joe Pugliese

Für den Zeitpunkt der Sendung ist der Sender CBS zuständig. Das Interview ist vorab aufgezeichnet worden. Kritiker sehen darin trotzdem einen Versuch von Harry und Meghan, ihre Marke zu etablieren. Die beiden hatten Grossbritannien im vergangenen Jahr verlassen, auch mit dem Argument, dass sie ein normales Leben leben wollten. Ihnen wird aber vorgeworfen, sie verwendeten ihren Status als Royals noch immer, um sich Türen zu öffnen und Geld zu machen.



Das Interview von Winfrey ist für Harry und Meghan eine Gelegenheit, zu erläutern, warum sie ihr Leben als Königshausmitglieder mit royalen Pflichten aufgegeben haben. Sie haben auf nicht hinnehmbare Verstösse und rassistische Einstellungen der britischen Medien verwiesen. In einem Buch über ihren Weggang aus Grossbritannien, «Finding Freedom», steht, dass ranghohe Königshausmitglieder nur wenig Respekt vor Meghan gezeigt hätten. Zudem sei sie im Umfeld des Königshauses schlecht behandelt worden.

In vorab veröffentlichten Auszügen aus dem Interview ist schon zu erfahren, dass Harry darüber besorgt war, dass sich die Geschichte wiederholen würde. Seine Mutter, Prinzessin Diana, starb auf der Flucht vor Paparazzi bei einem Autounfall.

In einem weiteren Auszug wird Meghan von Winfrey gefragt, wie es ihr dabei gehe, dass der Palast sie heute ihre Sicht der Dinge schildern höre. «Ich weiss nicht, wie sie erwarten könnten, dass wir nach all dieser Zeit einfach weiterhin schweigen würden, wenn es eine aktive Rolle gegeben hat, die die Firma dabei spielt, Lügen über uns am Laufen zu halten», sagte Meghan.

Respektlos?

Mit der Firma ist die königliche Familie gemeint. Der Spitzname wird manchmal liebevoll angewandt, manchmal kritisch. Die Beziehungen zwischen Harry und Meghan und dem Königspalast gelten als zunehmend belastet. Königin Elizabeth II. hat dem Herzog und der Herzogin von Sussex deren royalen Schirmherrschaften entzogen. Daraufhin gab das Paar eine kurze Stellungnahme heraus, in der es versprach, ein Leben im Dienst zu leben.



Viele Briten sahen das als respektlos gegenüber der Queen, die normalerweise das letzte Wort bei einer solchen Angelegenheit hat. Der Buckingham-Palast teilte am Mittwoch mit, dass er eine Personaluntersuchung einleite. Die Zeitung «The Times» hatte berichtet, dass ein Angestellter Meghan Mobbing von Mitarbeitern vorgeworfen habe. Der Vorwurf soll sich auf 2018 beziehen. Ein Sprecher von Meghan teilte mit, sie sei «traurig über diesen jüngsten Angriff auf ihren Charakter». Meghan selbst sei «das Ziel von Mobbing gewesen».

Eigentlich hätte das Verhältnis zwischen dem Ehepaar und Grossbritannien viel besser laufen sollen. Als Harry seine Beziehung zu Meghan bekanntgab, schien die Öffentlichkeit vernarrt in die schöne Schauspielerin aus der US-Fernsehserie «Suits». Als die beiden 2018 heirateten, gab es in den Zeitungen optimistische Artikel darüber, wie die Eheleute der Monarchie in einem multikulturellen Grossbritannien Bedeutung geben würden.

Doch weniger als zwei Jahre nach der Hochzeit zogen Meghan und Harry nach Nordamerika. Zunächst hielten sie sich in Kanada auf. Dann liessen sie sich in Meghans Heimatstaat Kalifornien nieder. Sie haben ein Haus in Montecito gekauft, das mehr als 14 Millionen Dollar gekostet haben soll. Zu ihren Nachbarn gehört Oprah Winfrey. Harry und Meghan haben auch Deals mit den Streamingdiensten Netflix und Spotify geschlossen, die Millionen von Dollar wert sein sollen.

«Um ehrlich zu sein, ist es ganz falsch.»

«Das Wichtigste, das die königliche Familie so gut kann, ist, der Nation zu dienen, der Nation und dem Commonwealth zu dienen, im Grunde genommen uns zu dienen, statt sich selbst zu dienen», sagte der Historiker Hugo Vickers dem Sender ITV News. «Und es tut mir leid, wenn du in einem elf-Millionen-Dollar-Anwesen in Kalifornien sitzt und fantastische Deals schliesst, tauscht du dein royales Erbe ein. Und, um ehrlich zu sein, ist es ganz falsch.»

Es gibt Sorgen, dass in dem Interview schädigende Enthüllungen über das Königshaus enthalten sind. Interviews, die Prinz Charles und Prinzessin Diana in der Phase ihrer Scheidung gaben, hatten peinliche Offenbarungen über Untreue zur Folge. Noch schädlicher für den Palast war das Interview der BBC mit Prinz Andrew, einem Onkel von Harry. Andrew versuchte damals auf Gerüchte einzugehen, er habe Verbindungen zu dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein. Andrew zeigte keine Empathie für Opfer von Epstein. Anschliessend musste er seine königlichen Pflichten abgeben.

Ungeachtet dessen, was beim Interview tatsächlich gesagt werde, sei es eine Bedrohung für die Monarchie, weil es die Grenze zwischen Prominentendasein und Adel weiter verwische, sagte Maclaran.

AP/dpa/toko