Regula Grauwiller Regula Grauwiller: «Ach, ich küsse fast in jedem Film»

Von Bruno Bötschi

20.1.2021

«Ich hatte immer sehr viel Glück während meiner Karriere und durfte viele tolle Dinge erleben. Ja, ich bin ein Glückskind.»: Regula Grauwiller.
«Ich hatte immer sehr viel Glück während meiner Karriere und durfte viele tolle Dinge erleben. Ja, ich bin ein Glückskind.»: Regula Grauwiller.
Bild: Elena Zaucke

Sie ist eine der erfolgreichsten Schweizer Schauspielerinnen. Regula Grauwiller spricht über ihre Filmküsse, gibt Einblick in ihr Familienleben und sagt, warum sie gern in den Filmen ihres Mannes mitspielt.

Frau Grauwiller, mögen Sie Inseln?

Sehr sogar.

Haben Sie eine Lieblingsinsel?

Zusammen mit meinem Mann und unseren drei Kindern sind wir in den letzten Jahren regelmässig nach Lanzarote gereist. Wir mieten auf der Insel immer dasselbe Haus. Es gehört einem Künstler.

Waren Sie im Sommer 2020 auch auf Lanzarote?

Nein, wegen der Corona-Pandemie klappte das leider nicht.

Ohne Inselerlebnis mussten Sie trotzdem nicht auskommen.

Das stimmt.

Der Name Ihres neuen Filmes verrät, auf welcher Insel er gedreht wurde: ‹Ein Sommer auf Elba›. Wie stark wurde die Produktion von der Corona-Pandemie beeinflusst?

Geplant war, dass wir den Film im März/April 2020 drehen. Doch die Pandemie machte uns einen Strich durch die Rechnung – aber wir hatten Glück im Unglück.

Warum?

Einige Wochen später konnten wir den Film doch noch abdrehen. Möglich war das, weil es auf Elba damals nur wenige Corona-Fälle gab. Unsere Filmcrew lebte während der Dreharbeiten sozusagen in Quarantäne, hatte also kaum Kontakt mit Aussenstehenden. Zudem wurden wir regelmässig auf Corona getestet und trugen alle immer Masken – ausser während der eigentlichen Dreharbeiten. Gott sei Dank ist alles gut gegangen.

Wie lange dauerten die Dreharbeiten?

Wir weilten während viereinhalb Wochen auf Elba.

Verursachte das Virus noch andere Schwierigkeiten während der Produktion des Filmes?

Corona nicht, aber die Jahreszeit. Im Film sind Vögel ein Thema. Im Frühling und Herbst ist die Mittelmeerinsel ein beliebter Rastplatz für Zugvögel. Im Juli hingegen, also im Hochsommer, sind jedoch fast keine zu sehen.

Selbst in den Ferien auf Elba macht in Majas Familie jeder, was er will: Maja (Regula Grauwiller) zieht ihre Konsequenzen. Von links: Anton (Henry Horn), Erik (Levis Kachel) und Thorsten (Janek Rieke).
Selbst in den Ferien auf Elba macht in Majas Familie jeder, was er will: Maja (Regula Grauwiller) zieht ihre Konsequenzen. Von links: Anton (Henry Horn), Erik (Levis Kachel) und Thorsten (Janek Rieke).
Bild: ZDF und Christiane Pausch

Verbrachten Sie schon einmal privat Ferien auf Elba?

Ja, vor zehn Jahren.

Hat es Ihnen gefallen?

Sehr. Und wissen Sie was? Das Haus, welches im Film ‹Ein Sommer auf Elba› zu sehen ist, ist lustigerweise genau das Haus, in dem unsere Familie Ferien gemacht hat.

Zufall oder wie kam dies zustande?

Als mein Mann Jophi Ries, er ist der Regisseur des Filmes, mit seiner Crew auf Elba auf Location-Suche war, fand sich lange Zeit kein geeignetes Haus. Bis er sich irgendwann daran erinnerte, wo wir einst Ferien gemacht hatten. Nachdem die anderen Crewmitglieder die Location ebenfalls besichtigt hatten, fanden alle: Komm, wir drehen den Film in diesem Haus.

Im Film ‹Ein Sommer auf Elba› spielen Sie eine Mutter namens Maja, die Ferien mit ihrem Ex-Mann und ihren beiden Teenager-Söhnen macht. Der Gedanke ist gut, die Ausführung ziemlich schlecht.

Ich sage immer: Es ist ein Film, den sich unbedingt die Männer auch ansehen sollten. Vielleicht merkt der eine oder andere dann wieder einmal, dass er seiner Frau öfter Danke sagen sollte. Haushalt und Familienmanagement ist auch Arbeit, eine Menge sogar. Viele Männer vergessen das leider zu oft.

Thorsten, der Ehemann von Maja, will ohne Absprache gleich nach der Ankunft auf Elba wieder zurückreisen – aus beruflichen Gründen. Die Söhne hingegen interessieren sich nur für ihre Smartphones und ein funktionierendes WLAN. Trotzdem bleibt Maja anfänglich ruhig.

Mir gefällt die Rolle der Maja. Es ist ein sehr unkonventioneller Weg, den die Familie geht. Aber ich mag solche Experimente. Gleichzeitig bin ich persönlich der Meinung, dass es nichts bringt, in schwierigen Situationen hässig oder gar laut zu werden. Man kommt einfacher und schneller zum Ziel, wenn man ruhig bleibt und in normalem Ton erklärt, was einem nicht in den Kram passt. Ich finde cool, dass Maja nicht rumzickt, stattdessen irgendwann an sich denkt und ohne etwas zu sagen abhaut.



Sie sind selber Mutter von drei Kindern, haben also Erfahrung mit Familienferien. Wie handhaben Sie und Ihr Mann den Umgang mit Smartphones?

Nicht zu verleugnen ist, dass diese Geräte eine wahnsinnige Anziehungskraft haben – auf Kinder genauso wie auf Erwachsene. Es braucht ziemlich viel Kraft und Energie, sich dagegen zu wehren. Sagen wir es so: Solange es funktioniert, wenn ich zu unseren Kindern sage, ob sie mit mir Pingpong spielen kommen, ist noch alles gut. Sehr oft realisieren die Kinder dann auch, dass sportliche Aktivitäten viel mehr Spass machen, als ständig am Handy zu hocken.

Reden Sie da aus Erfahrung?

Ja. Meine älteste Tochter sagte kürzlich zu mir: ‹Weisst du Mami, eigentlich wäre ich lieber in der Zeit gross geworden, als du ein Teenager warst.› Ich denke, das sagt alles.

Vielleicht ist Ihre Tochter ein Einzelfall.

Das denke ich nicht. Am Gymnasium in Liestal, wo wir wohnen, gibt es einen dreitägigen Projektkurs mit dem Titel ‹Handyfreie Zeit›. Da gehen die Jugendlichen zusammen mit den Lehrer*innen ohne Handys auf einen Berg. Interessanterweise ist dieser Kurs immer am schnellsten ausgebucht. Unsere Tochter war total begeistert, als sie nach Hause gekommen ist.

Was gefiel ihr am besten?

Sie fand, sie habe während der handylosen Tage viel mehr im Moment gelebt und die Gespräche mit den anderen Schülerinnen und Schülern seien intensiver gewesen. Auch fand sie cool, einmal einen Sonnenuntergang zu erleben, ohne dass jemand ständig Bilder macht.

Zurück zum Film: Irgendwann hat Maja genug und haut ab – auf den Campingplatz jenes Mannes, den Sie bei der Ankunft auf der Insel zufälligerweise kennengelernt hat. Sind Sie auch schon einmal mit einem Menschen zufällig zusammengestossen und dann hat sich daraus eine längere Geschichte entwickelt?

Nein. Ist das Ihnen schon einmal passiert?

Nein, mir auch nicht. Darf ich fragen, wie Sie Ihren Mann kennengelernt haben?

Wir wurden uns auf der Berlinale in Berlin vorgestellt. Danach haben wir angefangen miteinander zu reden und einfach nicht mehr damit aufgehört.

Maja (Regula Grauwiller) hat von ihrer Familie die Schnauze voll und setzt sich in einen Glamping-Park, eine Art Luxus-Zeltplatz, ab. Dessen Betreiber Lorenzo (Robert Schupp) hütet offenbar ein Geheimnis.
Maja (Regula Grauwiller) hat von ihrer Familie die Schnauze voll und setzt sich in einen Glamping-Park, eine Art Luxus-Zeltplatz, ab. Dessen Betreiber Lorenzo (Robert Schupp) hütet offenbar ein Geheimnis.
Bild: ZDF und Christiane Pausch

Ihr Mann ist auch Schauspieler. So grundsätzlich: Macht das eine Beziehung einfacher, weil man mehr Verständnis für das Leben und die Arbeit des anderen aufbringt?

Verständnis für sein Gegenüber ist wichtig, egal, ob man denselben Beruf ausübt oder nicht. Aber natürlich hat es auch etwas Verbindendes, wenn zwei Menschen in derselben Branche tätig sind. Es war zudem ein Geschenk für mich, dass mein Mann bei ‹Ein Sommer auf Elba› Regie geführt hat. Denn wo kann ich mich mehr fallenlassen als bei meinem Mann?

Auch bei der Kussszene im Film?

Ach, ich küsse fast in jedem Film. Wahrscheinlich wird das mit zunehmendem Alter jetzt aber etwas abnehmen (lacht).

Die Rolle der Maja scheint gut zu Ihnen zu passen. 1997 sagten Sie in einem Interview: ‹Ich schaffe es immer noch nicht, vor der Kamera richtig auszurasten. Vielleicht liegt das an meinen Schweizer Wurzeln, da fehlt es mir einfach am Temperament.› Oder funktioniert das Ausrasten mittlerweile vor der Kamera?

Ja, das tut es. Ich bin heute ein selbstbewussterer Mensch als noch vor einigen Jahren. Ich bin mehr bei mir selber und traue mir deshalb auch mehr zu. Aber es stimmt, früher als junge Schauspielerin habe ich mich oft nicht richtig getraut aus mir herauszukommen, also auch einmal richtig hässig zu sein. Über die Jahre merkte ich jedoch, dass Rollen, die so gar nicht meinem wirklichen Charakter entsprechen, mir viel Spass machen. Auch deshalb, weil ich überzeugt bin, dass Herausforderungen einen weiterbringen im Leben.

Sie wurden im vergangenen Dezember 50 Jahre alt.

Ich geniesse es sehr, dass ich 50 werden durfte und mir heute beruflich Dinge erlaube, die ich früher nie gewagt hätte. Ich finde es ganz wichtig, dass man, egal wie alt man ist, sich hin und wieder einen Traum erfüllt.

Welchen Traum haben Sie sich zuletzt erfüllt?

Ich spiele bald Theater. Es tönt irgendwie unglaublich, aber seit der Schauspielschule sind fast 30 Jahre vergangen und nun endlich erfüllt sich mir dieser Traum. Geplant war die Premiere des Stückes ‹Die Deutschlehrerin› an den Hamburger Kammerspielen für November 2020. Doch dann hat uns die Corona-Pandemie drei Tage vor der Premiere einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun sollen die Aufführungen in diesem Jahr stattfinden.

Was steht bei Ihnen sonst noch an in den nächsten Monaten?

Mit meinem Kollegen Stefan Gubser habe ich die Firma Wortspektakel gegründet, mit der wir Lesungen und Theaterprojekte realisieren. Das hält uns gerade ziemlich auf Trab und macht viel Spass. Langweilig wird es mir nur selten.

Sie träumten schon als Kind davon, Schauspielerin zu werden. Wenn Sie auf Ihre bisherige Karriere zurückblicken, wie zufrieden sind Sie?

Ich hatte immer sehr viel Glück während meiner Karriere und durfte viele tolle Dinge erleben. Ja, ich bin ein Glückskind.


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