Kolumne am Mittag «Ted Cruz, f*** dich», sagt John Boehner ganz gelöst

Von Tobias Bühlmann

9.4.2021

Der US-Republikaner John Boehner mag aus seiner Abneigung gegen die Betonköpfe in seiner Partei kein Geheimnis mehr machen.
Der US-Republikaner John Boehner mag aus seiner Abneigung gegen die Betonköpfe in seiner Partei kein Geheimnis mehr machen.
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo

Einst diente John Boehner als Vorzeigebeispiel, was in der US-Politik schief läuft. Bis ihn die Fundamentalisten der US-Republikaner rechts überholt haben. Nun nimmt Boehner selbst späte verbale Rache.

Von Tobias Bühlmann

9.4.2021

Ein US-Republikaner mit bronzefarbener Haut, der für seinen weinerlichen Ton bekannt war und der Linken als rotes Tuch galt? Nein, ich meine nicht Donald Trump. Denn vor ihm gab es schon mal einen, auf den diese Beschreibung zutraf. Der Mann heisst John Boehner (ausgesprochen «Beiner») und war bis 2015 Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus.

Der Politiker war ein perfektes Ziel für Komiker. Denn nicht nur hatte er einen ordentlich verunglückten orange-braunen Teint aus der Sprühdose, auch war er nahe am Wasser gebaut. Und in seiner Funktion als Mehrheitsführer war er während vier Jahren der Haupt-Verhinderer der Politik des damaligen Präsidenten Barack Obama.

Doch dann stürzte er – und zwar nicht etwa, weil seine Partei die Mehrheit verlor. Er wurde von den Hardlinern seiner eigenen Partei aus dem Amt gedrängt, die sich eine noch viel härtere Verhinderungspolitik gewünscht hätten.

Um Boehner wurde es nach seinem Abgang vom Speaker-Pult ruhig. Bis er dieser Tage wieder von sich reden machte, weil er seinen Gedanken beim Einlesen eines Hörbuchs freien Lauf liess: «Lass dir das gesagt sein: Du weisst nie, wo du mal landen wirst. Das ist Freiheit. Darauf würde ich jederzeit anstossen. – PS: Ted Cruz, f*** dich».

So stand das nicht im Manuskript, doch offenbar fand Boehner, dass das jetzt auch einfach mal gesagt sein müsse. Eine späte verbale Rache quasi. Denn Ted Cruz, der Texas im US-Senat vertritt, ragt selbst unter den Betonköpfen der US-Republikaner noch heraus mit seiner Haltung.

Die Episode hat eine bittere Moral: Noch vor wenigen Jahren galt Boehner dem linken Amerika als Verhinderer und Witzfigur schlechthin – nur um kurz darauf von Trump und seinen Anhängern in den Schatten gestellt zu werden. Man sollte also nie davon ausgehen, dass es schlimmer nicht geht. Und will sich darum gar nicht vorstellen, wer als nächstes in den Ring der US-Politik steigt.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.