Rekordsumme Banksys Schredder-Werk bringt mehr als 20 Millionen Franken

SDA

14.10.2021 - 20:21

Gut drei Jahre nach seiner teilweisen Zerstörung ist das halb geschredderte Banksy-Werk «Love is in the Bin» für rund 20 Millionen Franken plus Gebühren versteigert worden.
Gut drei Jahre nach seiner teilweisen Zerstörung ist das halb geschredderte Banksy-Werk «Love is in the Bin» für rund 20 Millionen Franken plus Gebühren versteigert worden.
Getty Images for Sotheby's

Es war die wohl spektakulärste Aktion von Banksy: Soeben für etwa 1,3 Millionen Franken versteigert, zerstörte sich sein Werk «Girl with Balloon» auf Knopfdruck fast vollständig selbst. Der sagenumrankte Künstler hatte unbemerkt einen Schredder in den Rahmen eingebaut. 

Die Aktion, die Banksy offenbar von langer Hand geplant hatte, schlug vor drei Jahren ein wie eine Bombe. Nun wird das Werk erneut versteigert – in geschredderter Form, wohlgemerkt. Der Unterschied: Der Wert hat sich vervielfacht. Letztlich fällt der Hammer bei 16 Millionen Pfund (20,22 Mio Franken), dazu kommen noch Gebühren in Millionenhöhe. Das ist deutlich mehr als die vom Londoner Auktionshaus Sotheby's geschätzten sieben Millionen.

Doch wie ist das zu erklären? Schliesslich verfestigt sich der Gedanke, der Kunstmarkt eskaliere immer weiter – damit hätte der Brite Banksy, dessen wahre Identität noch immer unbekannt ist, das Gegenteil von dem ausgelöst, was er anscheinend bezweckt hatte.

Der Schredder war nämlich als Kritik am Kunstmarkt gedacht, wie der laut Sotheby's 1974 geborene Street-Art-Künstler kurz nach der Aktion auf seinem Instagram-Account darstellte. Doch stattdessen trug er zum Hype bei, benannte das Werk sogar um. «Love is in the Bin», heisst das teilweise zerstörte Bild nun offiziell. Die Liebe ist im Eimer.

Beliebtestes Kunstwerk in Grossbritannien

Das Motiv ist weltweit bekannt: Ein Mädchen greift nach einem entschwebenden herzförmigen Ballon – oder hat ihn soeben losgelassen, die Deutungen gehen auseinander. Erstmals tauchte das Motiv 2002 an einer Mauer in London auf, seitdem ist es in mehreren Versionen an Wänden weltweit erschienen und wurde als Druck zigfach reproduziert.

2017 wurde «Girl with Balloon» zum beliebtesten Kunstwerk in Grossbritannien gewählt – im Oktober 2018 dann die Schredder-Aktion. Vom Mädchen ist nur noch ein Teil des Kopfes zu sehen, der Ballon schwebt vor weissem Hintergrund. Der Rest des Werks schaut unten in feine Streifen geteilt aus dem Rahmen heraus. Bei Ausstellungen wollten Zehntausende das Bild sehen.

Auch die Kunstwelt war entzückt. Sotheby's feierte «Love is in the Bin» als «erstes Kunstwerk der Geschichte, das während einer Auktion live entstand», die Zeitung «Guardian» attestierte Banksy, es handle sich um sein «grösstes Werk». «Was könnte mehr wert sein als ein Banksy? Ein geschredderter Banksy!», jubelte der «Daily Telegraph». Die nicht namentlich bekannte europäische Sammlerin, die das ursprüngliche Bild für 1,04 Millionen Pfund ersteigert hatte, behielt es. Und macht nun richtig Kasse.

Anonymität trägt Banksy zum Hype bei

«Es muss nur Banksy draufstehen, und die Preise schiessen in die Höhe», sagt ein Kenner des Kunstmarkts in London, der nicht namentlich genannt werden will. Bisheriger Höhepunkt: Im März erlöste Banksys ein Quadratmeter grosses Bild «Game Changer», das den Einsatz von Ärzten und Pflegekräften in der Pandemie würdigt, 16,8 Millionen Pfund für die Universitätsklinik im südenglischen Southampton und andere Organisationen des englischen Gesundheitsdienstes NHS.



Selbst kleinere Drucke sind nicht unter einigen Zehntausend Pfund zu haben, beim Londoner Auktionshaus Bonhams ging kürzlich ein farbiger Siebdruck von «Girl with Balloon» für rund 150’000 Pfund weg. Mit seiner Anonymität trägt Banksy zum Hype bei, wie der Kunstmarkt-Kenner sagt. Tauchen neue Werke auf, wie zuletzt Mitte August an der englischen Nordseeküste, ist die Berichterstattung enorm.

Banksy nutzt seinen Ruhm: Zumeist sind es sozialkritische Themen, die er mit seinen Werken anspricht. Der Kunstmarkt aber scheint auch von dem unkonventionellen Künstler nicht einzufangen zu sein.