Zwangspause«Tatort»-Fans steht die bisher längste Sommerpause bevor
Gregor Tholl, dpa
11.5.2020
Drei Monate ohne neuen Stoff: Fans des «Tatorts» steht ausgerechnet im Jahr des 50. Jubiläums der Krimireihe eine sehr lange Sommerpause bevor. Die ARD will aber auf besondere Weise Abhilfe schaffen.
Fans des «Tatorts» steht im Jahr des 50. Jubiläums der ARD-Reihe eine der längsten Sommerpausen bevor. Die Zeit ohne neue Krimis dauert voraussichtlich 13 Wochen – vom 8. Juni bis 6. September. Das geht aus dem angekündigten Programmablauf des Ersten hervor.
So steht am 7. Juni die vorerst letzte Erstausstrahlung an, der Münchner Krimi «Lass den Mond am Himmel stehn». Am 14. Juni ist noch ein neuer Fall aus der Krimireihe «Polizeiruf 110» zu sehen, die Rostocker Episode «Der Tag wird kommen».
An den elf Sonntagen 21. Juni bis 30. August sind «Tatort»-Wiederholungen geplant, die die Zuschauer im jetzigen Jubiläumsjahr mitbestimmen sollen. Der erste «Tatort: Taxi nach Leipzig» wurde am 29. November 1970 ausgestrahlt.
Die ARD hat sich diesmal statt der üblichen Sommerwiederholungen am Sonntagabend ein «Voting-Event» als Konzept überlegt. Zum 50. Geburtstag der Reihe veröffentlicht sie am 14. Juni unter «DasErste.de/tatort-voting» eine Liste der «50 beim Publikum besonders erfolgreichen ‹Tatort›-Krimis der letzten 25 Jahre».
Daraus sollen die Zuschauerinnen und Zuschauer dann wöchentlich ihre Lieblingsfolge wählen. Das Ergebnis wird jeweils am Freitag vor dem Ausstrahlungstermin bekanntgegeben, erstmals also am 19. Juni.
Im Durchschnitt waren die Wiederholungen an Sommersonntagen in den vergangenen Jahren nur um die zwei Jahre alt, wie die Experten-Website «Tatort-Fundus» ausgerechnet hat; 2020 sollen sie nun also aus dem letzten Vierteljahrhundert stammen können.
Parallel zum Wunsch-«Tatort» am Sonntag zeigt das Erste auf dem Freitagssendeplatz ab 26. Juni (22:15 Uhr) «Tatort»-Klassiker.
Mit der Sommerpause beim beliebtesten TV-Format der Deutschen ist es übrigens komplizierter als man denkt. Wie der «Tatort-Fundus» berichtet, hat sich die Sommerpause, während der statt frischer Krimis am Sonntag um 20:15 Uhr im Ersten vor allem «Tatort»-Wiederholungen laufen, erst nach und nach etabliert. Wiederholungen im Sommer gibt es demnach regelmässig seit 1996. Seit 2003 nehme die Zahl der Wiederholungen im Sommer zu, sei aber oft durch Erstsendungen (auch vom «Polizeiruf 110») unterbrochen worden.
Längste Sommerpausen
Die erste zusammenhängende «Tatort»-Sommerpause im Ersten gab es erst 2007 und dann ab 2010 wieder. Seitdem gab es laut «Tatort-Fundus» die längste Zeit im Sommer ohne einen neuen «Tatort» im Jahr 2012: Damals mussten Fans 13 Wochen – vom 28. Mai bis 26. August – ohne einen neuen «Tatort» auskommen. Es folgen die Jahre 2014 (12 Wochen), 2016 (11 Wochen), 2017 (10 Wochen) und 2019 (9 Wochen).
Auch 2018 war je nach Zählweise neun Wochen Sommerpause – vom 4. Juni bis 5. August. Genau genommen aber waren es nur vier Wochen, denn am 8. Juli 2018 sendete die ARD mitten im Sommer den Kino-«Tatort» mit dem Titel «Tschiller – Off Duty» mit Til Schweiger. Er bekam damit die «Tatort»-Laufnummer 1’062, auch wenn er 2016 im Kino gelaufen war.
In den nächsten Wochen vor der Sommerpause kommen als neue «Tatorte» noch der Kölner Fall «Gefangen» (17. Mai), der Stuttgarter Krimi «Du allein» (24. Mai), der Weimar-Film «Der letzte Schrey» (1. Juni, Pfingstmontag) und der Münchner Krimi «Lass den Mond am Himmel stehn» (7. Juni).
Nach der Sommerpause könnten Probleme entstehen. Das Coronavirus hält auch die TV-Branche in Atem. Seit Wochen wird wegen fehlender Genehmigungen nicht gedreht, das betrifft auch die «Tatort»-Filme.
Nichts für schwache Nerven: Die bizarrsten Leichenfunde beim «Tatort»
Der Leichenfund im Falke-«Tatort: Zorn Gottes» dürfte zu den bizarrsten in der Geschichte der Reihe zählen. Die Leiche des Flugreisenden Asis Berhan (Neil Malik Abdullah) ist aus grosser Höhe aus einem Flieger gefallen. Wir haben nachgeschaut und die denkwürdigsten «Fundstücke» in einer Galerie aufgebahrt.
Bild: Bild: NDR / Marion von der Mehden
Zum Beispiel dieses hier, vielleicht erinnern Sie sich: Der «Tatort: Du gehörst mir» lief vor einigen Wochen. Ein Bodybuilder wurde überfahren und verbrannt. Auto und Leiche scheinen zu einer Art Skulptur verschmolzen. Die Ludwigshafener Ermittler (von links: Andreas Hoppe, Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Peter Espelover) schauen sich am Tatort, einem Parkhaus, um.
Bild: Bild: SWR / Alexander Kluge
Da schau her! Schlüpfriger war wahrscheinlich kein Leichenfund der «Tatort»-Geschichte. Der Musikmanager Udo Hausberger (Peter Karolyi) wurde nackt und stranguliert in pikanter Pose gefunden. Die Wiener Ermittler Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) glauben zunächst an einen Sex-Unfall.
Bild: Bild: ARD Degeto / ORF / Petro Domenigg
Sie gehört zum «Tatort» wie Vorspann und Titelfanfare: die Stippvisite im Leichenschauhaus. Die niedersächsische LKA-Frau Lindholm (Maria Furtwängler) informiert sich hier bei Gerichtsmediziner Hans Jepsen (Niels Bormann) über das Mordopfer. Die zweite «Leiche» im Hintergrund ist allerdings fast noch interessanter, sie wird von Kai Diekmann gespielt, dem damaligen Chefredakteur der «Bild» und heutigen Herausgeber der Publikationen der «Bild»-Gruppe. Wie sich leider (oder zum Glück) nur im Film zeigt, hat der Maskenbildner gerade im Bauchbereich bei ihm Erstaunliches geleistet.
Bild: Bild: NDR / Frederic Batier
Nur gut, dass das Geruchsfernsehen noch nicht erfunden ist: Die Berliner Robert Karow (Mark Waschke, Mitte) und Nina Rubin (Meret Becker, rechts) wurden im «Tatort» mit dem passenden Titel «Ätzend» zu einem Säurefass gerufen, in der eine halb zersetzte Leiche schwimmt. Später fingert Karow auf dem Seziertisch einen Herzschrittmacher aus dem Glibberkorpus. Prost Mahlzeit!
Bild: Bild: RBB / Volker Roloff
Resozialisierung: fehlgeschlagen! Bezeichnenderweise in einem Stuttgarter Müllcontainer wird die Leiche des Vergewaltigers und Mörders Jörg Albrecht (David Bredin) gefunden. Der gerade aus der Haft entlassene Kriminelle hat seinen ersten Tag in Freiheit nicht überlebt.
Bild: Bild: SWR / Stephanie Schweigert
Abfallszenarien sind bei den «Tatort»-Machern durchaus beliebt. Einen starken Magen brauchte man für das Debüt der Berlin-Ermittler Robert Karow und Nina Rubin. Die Leichenteile einer zerstückelten und ausgeweideten Drogenkurierin werden in einer Mülldeponie sichergestellt. Viel Luft nach oben haben sich die Macher in Sachen Gewaltdarstellung da nicht gelassen.
Bild: Bild: RBB / Frédéric Batier
Wenn aus Bierleichen echte Leichen werden: An der U-Bahn-Station Marienplatz fällt dem Münchner Kommissar Leitmayr (Udo Wachtveitl, hinten), der auf dem Weg in die Ferien ist, ein italienischer Tourist auf. Dass der Wiesnbesucher nicht betrunken ist, sondern betäubt wurde und später verstirbt, kann der Kommissar da noch nicht ahnen.
Bild: Bild: BR / Wiedemann Berg Television / Bernd Schuller
«Borowski und der brennende Mann» ist dieser Kieler «Tatort» betitelt, was exakt die eine Szene beschreibt, die sich beim Zuschauer, nun ja, «einbrennt». Der Schulleiter Michael Eckart stürzt lichterloh entflammt aus den Unterrichtsräumen und bricht tot zusammen.
Bild: Bild: NDR / Marion von der Mehden
In der bisweilen exzentrischen Bodensee-Folge «Chateau Mort» wird Kommissar Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) in ein finsteres Verlies eingesperrt, dort ist er nicht allein. Sein Leidensgenosse, ein Revolutionär aus den Zeiten des Vormärz, ist aber schon gut 150 Jahre tot. Am Ende klärt der Kommissar en passant auf, wer den Freischärler auf dem Gewissen hat - satte anderthalb Jahrhunderte nach der Tat. Wahrscheinlich «Tatort»-Rekord.
Bild: Bild: SWR / Martin Furch
Nicht nur menschliche Leichenfunde halten die «Tatort»-Kommissare auf Trab, manchmal ist es auch ein (fast) verendeter Vierbeiner. In Ludwigshafen ging dereinst ein sadistischer Pferderipper um, der sein Opfer schwer verletzt und leidend zurückgelassen hatte. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) setzt zum Gnadenschuss an.
Bild: Bild: SWR / Alexander Kluge
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts! Auch das gab's beim «Tatort»: einen Leichenfund ohne Leiche. Wie Kriminaltechniker Menzel (Maxim Mehmet, vorne) den Leipziger Hauptkommissaren Saalfeld (Simone Thomalla) und Keppler (Martin Wuttke) erklärt, ist ein Mann mit Phosphor in Berührung gekommen und dabei nahezu rückstandslos verbrannt.
Bild: Bild: MDR / Junghans
«Es ist böse» ist einer der abgründigsten und blutigsten «Tatorte» aller Zeiten: Ein perverser Frankfurter Serienkiller metzelt Prostituierte nieder. An den Tatorten sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld. Die Hauptkommissare Mey (Nina Kunzendorf) und Steier (Joachim Król, rechts) sind ziemlich fassungslos, und das ist man als Zuschauer auch. Umso mehr, wenn man weiss, dass die Folge auf einer authentischen Mordserie im Raum Bremen basiert.
Bild: Bild: HR / Johannes Krieg
Nicht immer gelingt es den «Tatort»-Ermittlern, ihre Leichen am Stück sicherzustellen. Oft kommen ihnen auch erst mal nur Leichenteile unter. So wie hier in Münster, als Professor Boerne (Jan Josef Liefers, rechts) eine mausgraue Mauke inspiziert. Zufälle gibt's: Den Rechtsmediziner erinnert der abgetrennte Fuss wegen einer seltenen Zehenfehlstellung an eine alte Klassenkameradin. Alberich (ChrisTine Urspruch) kann da nur staunen, Thiel (Axel Prahl) dreht sich der Magen um.
Bild: Bild: WDR / Thomas Kost
Skurril? Surreal? Oder geht das zu weit für einen «Tatort»? Der Kieler Kommissar (Axel Milberg) steht in der Folge «Borowski und der vierte Mann» vor einem besonders schaurigen Rätsel der Sorte: «Jetzt bloss nicht den Kopf verlieren!» Wer sich so etwas Makaberes ausdenkt? Natürlich ein Schwede! Die Drehbuchidee stammte seinerzeit vom inzwischen verstorbenen Krimiautor und «Wallander»-Erfinder Henning Mankell.
Bild: Bild: NDR / Marion von der Mehden
Und noch mal Stückwerk. Seien Sie froh, dass Sie nicht sehen müssen, was dem armen Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) am Ufer des Münsteraner Aasees so schwer auf den Magen schlägt: eine Leiche ohne Kopf. Den Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne kann so ein Anblick freilich nicht mehr schocken.
Bild: Bild: WDR / Michael Böhme
Tatwaffe: Silberbesteck. Die Münchner Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, rechts) staunen nicht schlecht über das, was sich ihnen in der Folge «Nicht jugendfrei» bietet: Der Apotheker Karl Kreuzer wurde mit einem Kaffeelöffel erstochen, den ihm der Täter ins Ohr gerammt hat.
Bild: Bild: BR / Bavaria Film / klick / Christian A. Rieger
Zum Abschluss der Galerie noch etwas ganz Besonderes, eine mörderische Performance: Die Kunststudentin Viktoria Schneider hängt im Engelsgewand von der Decke ihres Installationsraumes. Die Saarbrücker Ermittler Stefan Deininger (Gregor Weber, links), Franz Kappl (Maximilian Brückner) und Rhea Singh (Lale Yavas) begutachten das schaurig-schöne Kunstwerk.
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