Sidney Poitier mit 94 Jahren gestorben Leinwand-Gigant und Wegbereiter für Schwarze in Hollywood

dja/fs/lan/tpfi

8.1.2022

Es war ein historischer Oscar-Moment. Als Sidney Poitier am 13. April 1964 die goldene Statuette in der Hand hielt, da bebte Hollywood. Er war der erste Schwarze, der mit dem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde.

dja/fs/lan/tpfi

Es sei «eine lange Reise bis zu diesem Moment» gewesen, sagte Poitier in seiner Dankesrede.

Poitier bekam den Oscar in einer Zeit, als Afroamerikanern in den USA noch viele elementare Rechte verwehrt wurden und vielerorts ein erdrückender Rassismus herrschte. Illustrativ ist der Wirbel um das Küsschen, das die weisse Schauspielerin Anne Bancroft ihrem schwarzen Kollegen bei der Oscar-Übergabe auf die Wange drückte. Manche weisse Konservative empfanden dies als anstössig.

Hollywood-Legende Sidney Poitier im Alter von 94 Jahren gestorben

Hollywood-Legende Sidney Poitier im Alter von 94 Jahren gestorben

Sidney Poitier Der legendäre Hollywood-Schauspieler Sidney Poitier, der als erster Schwarzer einen Oscar als bester Hauptdarsteller gewann, ist tot. Der aus Filmen wie «Flucht in Ketten» (1958), «Lilien auf dem Felde» (1963) und «In der Hitze der

07.01.2022

Gewaltig waren also die Barrieren, die der Sohn armer Tomatenpflanzer von den Bahamas überwinden musste, bevor er die goldene Trophäe in den Händen hielt. Als er Anfang der 50er Jahre nach Hollywood kam, waren dort Schwarze überwiegend noch auf kleine Nebenrollen mit Klischeecharakter beschränkt: der Butler, das Hausmädchen, der Possenreisser.

Amerikaner durch Zufall

Doch der hochtalentierte, gutaussehende und charismatische Poitier ergatterte von Anfang an Hauptrollen - und dies in Filmen, die mit den Stereotypen über Afroamerikaner brachen und sich oft direkt mit den Rassenspannungen auseinandersetzten.

Poitier setzte sich nicht zuletzt dank des Selbstbewusstseins durch, das ihm in seiner Kindheit eingeimpft worden war. Nur durch Zufall hatte er die US-Staatsbürgerschaft - seine Mutter hatte ihn bei einem Kurzaufenthalt in Florida vorzeitig zur Welt gebracht. Doch seine Kindheit verbrachte Poitier in der karibischen Heimat seiner Eltern, die mehrheitlich von Schwarzen bewohnt war.

Vom Toiletten-Putzer zum, Hollywood-Star

Dort habe er gelernt, «dass ich grundlegende Rechte als menschliches Wesen» habe, erzählte er viele Jahre später der Talkmasterin Oprah Winfrey. Für Poitier war es ein Schock, als er mit 15 Jahren zu einem älteren Bruder nach Florida zog und dort erstmals mit der Rassendiskriminierung konfrontiert wurde.

Später schlug er sich mit kleinen Jobs in New York durch, wo er in der Toilette eines Busbahnhofs schlief, bevor er gegen Ende des Zweiten Weltkrieges kurz in der Armee diente. Um danach den Einstieg in den Schauspielberuf zu schaffen, musste er sich zunächst seinen karibischen Akzent abtrainieren. Doch der Erfolg kam dann ziemlich schnell - zuerst am Broadway und dann in Hollywood.

 Erster afroamerikanischer Oscar-Gewinner

Schon Poitiers erster Film «Der Hass ist blind» (1950) handelt vom Rassenkonflikt. Poitier verkörpert einen Arzt, der einen aggressiven weissen Rassisten behandelt. In Teilen der USA war der Film verboten. Poitiers Karriere bremste dies nicht. Für «Flucht in Ketten» (1958) bekam er seine erste Oscar-Nominierung. In dem Klassiker spielt er einen Häftling, der zusammen mit einem Weissen flüchtet - beide sind durch eine Kette aneinandergefesselt.

Für «Lilien auf dem Felde» gewann Sidney Poitier im Jahr 1964 als erster schwarzer Schauspieler den Oscar als bester Hauptdarsteller.
Für «Lilien auf dem Felde» gewann Sidney Poitier im Jahr 1964 als erster schwarzer Schauspieler den Oscar als bester Hauptdarsteller.
Bild: Getty Images

Der Oscar-Triumph glückte Poitier dann schliesslich mit «Lilien auf dem Felde». Darin spielt er einen Handwerker, der für europäische Nonnen eine Kapelle in der Wüste baut.

Legendäre Kuss-Szene

In kurzer Folge feierte er einen grossen Leinwanderfolg nach dem anderen. Dazu gehörte der Krimi «In der Hitze der Nacht» (1967), in der er als Kommissar zusammen mit einem weissen Kollegen im von Rassismus geprägten Südstaat Mississippi ermittelt.

In «Rat mal, wer zum Essen kommt», einer Komödie aus demselben Jahr, geht es um die Liebe zwischen einem schwarzen Arzt zu einer weissen Frau. Der innige Kuss zwischen Poitier und seiner Filmpartnerin Katharine Houghton war eine Premiere in der US-Filmgeschichte: So viel explizite Leidenschaft zwischen einem Schwarzen und einer Weissen war bis dahin nicht auf der Leinwand zu sehen gewesen.

Lee Grant und Sidney Poitier in «In der Hitze der Nacht» (1967).
Lee Grant und Sidney Poitier in «In der Hitze der Nacht» (1967).
Bild: Getty Images

Poitier war ein eher sanfter Rebell - auf und ausserhalb der Leinwand. Beharrlich, aber nicht tobend kämpfte er gegen die Rassenbarrieren an. 2002 wurde er mit einem Ehren-Oscar ausgezeichnet, 2009 mit der Freiheitsmedaille des US-Präsidenten. Im Alter von 94 Jahren ist die Hollywood-Legende jetzt gestorben.