70ig Mit fleissiger Faulheit zum Bestseller: Jussi Adler-Olsen

dpa, Steffen Trumpf

2.8.2020

Jussi Adler-Olsen bei einer Buchlesung in München 2015. 
Jussi Adler-Olsen bei einer Buchlesung in München 2015. 
Joerg Koch/Getty Images

Nur wenige Autoren liefern so regelmässig packende Krimimomente wie Jussi Adler-Olsen. Vor seinem 70. Geburtstag verrät der dänische Bestsellerautor, wie er die Coronazeit erlebte – und warum er manchmal viel lieber andere Dinge tut, als zu schreiben.

Als Jussi Adler-Olsen ans Telefon geht, ist der dänische Bestsellerautor dabei, ein grosses Sommerhaus für seine Familie zu renovieren. «Ich bin gerade Heimwerker. Das bringt gute Muskeln und meinem Gehirn eine Menge Sauerstoff, das kann mir nur guttun», sagt der Schriftsteller vor seinem 70. Geburtstag an diesem Sonntag.

Und der nächste Roman? «Nun ja, die meiste Zeit bin ich nicht am Schreiben. Dann geniesse ich das Leben. Das ist es, was eine faule Person tun kann.»

Für eine «faule Person» ist der Däne in den vergangenen Jahren überaus fleissig gewesen – zum Beweis dafür reicht ein Blick auf die Bestsellerlisten oder in den Buchladen: Regelmässig findet sich dort ein neuer Adler-Olsen in prominenter Auslage, vor allem seine Krimis über den grummeligen Ermittler Carl Mørck haben Millionen Fans in Dutzenden Ländern gefunden. Insgesamt hat Adler-Olsen weltweit etwa 24 Millionen Exemplare seiner Bücher verkauft, davon allein 9,5 Millionen in Deutschland.

Und seine Fans können beruhigt sein: Wenn Jussi Adler-Olsen 70 Jahre alt wird, dann bedeutet das für ihn weder den Rückzug ins Private noch ein Ende seiner Erfolgsreihe über Kommissar Mørck, seinen mysteriösen Assistenten Assad und das restliche Team vom Sonderdezernat Q. Mindestens zwei Mørck-Krimis soll es in der dann zehnteiligen Serie noch geben, Veröffentlichungstermine stehen noch nicht fest.

An «Nummer neun» – so bezeichnet Adler-Olsen den anstehenden neuen Fall für Mørck – hat der Autor fleissig in seiner Ferienwohnung in Spanien gearbeitet. Doch dann warf Corona alles durcheinander. «Ich war bis zum 29. Februar in Barcelona. Drei Tage nach unserer Rückkehr nach Hause habe ich mich schrecklich krank gefühlt», berichtet er. Auch seine Frau Hanne sei erkrankt. Zwei, drei Wochen sei das so gegangen, und er sei sich sicher, Corona gehabt zu haben – auch wenn ein Test jüngst negativ ausgefallen sei.

Danach wieder auf die Beine zu kommen, sei alles andere als einfach gewesen. Statt in Barcelona schreibt er nun in seinem Sommerhaus im Norden der dänischen Region Seeland – wenn er nicht gerade mit dem Renovieren oder anderen Dingen beschäftigt ist.

«Ich mache mir nicht so viel aus diesem Geburtstag. Ich mag es nicht, grosses Tamtam zu machen.»

Auch seinen Ehrentag wird Adler-Olsen dort verbringen, um die 40 Freunde und Familienangehörige werden ihn dann hochleben lassen. «Ich mache mir nicht so viel aus diesem Geburtstag. Wenn wir einen gemütlichen Nachmittag mit einem Buffet haben können mitten in der Coronazeit, dann bin ich glücklich. Ich mag es einfach nicht, grosses Tamtam um mich zu machen.»

Zum Alter hat der gebürtige Kopenhagener ein ebenso angespanntes Verhältnis wie zur Faulheit, die er sich selbst zuschreibt. «Es kommt für mich als Überraschung, 70 Jahre alt zu werden. Das ist wirklich alt!», sagt Adler-Olsen. Das Alter sei dabei nicht bloss eine Zahl, sondern bedeute auch, dass der Körper nicht mehr so gut funktioniere wie bisher. Dennoch mache er weiter wie zuvor. «Ich spiele Gitarre, höre vortreffliche Musik, ich gehe in absurde Theaterstücke, sehe gute Filme und habe gute Partys.» Letztlich setze er darauf, dass die Leute in seiner Familie für gewöhnlich sehr alt würden. «Ich bin immer noch da. Und ich hoffe, auch noch mit 80 oder 90 hier zu sein.»

Und das mit der Faulheit? «Ja, ich bin ganz einfach faul. Ich denke seit zehn Jahren über das Rentnerdasein nach, ich möchte alles andere tun, als ich tun muss», sagt Adler-Olsen. Dabei halte er es mit seinem Vater, den er eines Tages einmal gefragt habe, warum dieser andauernd arbeite. «Er sagte: ‹Weil ich so faul bin. Ich schäme mich dafür.› Und das ist bei mir genauso: Ich muss die ganze Zeit arbeiten, um nicht das Gefühl zu haben, faul zu sein.» Die adler-olsen'sche Faulheit ist also mit jeder Menge Fleiss verbunden.

«Ich bin ganz einfach faul. Ich
denke seit zehn Jahren über das Rentnerdasein nach.
»

Mit dem Schreiben, sagt Adler-Olsen, werde er auch in den nächsten Jahren nicht aufhören, trotz aller Rentnerträume. Besonders die Recherche, das Nachdenken über Handlungsstränge und Charaktere sowie das Betrachten des Endergebnisses begeistern ihn noch immer, selbst 23 Jahre, nachdem sein Debütwerk «Das Alphabethaus» im dänischen Original herausgekommen ist.

Und was danach kommt? «Die meiste Zeit meines Lebens habe ich nicht geschrieben. Ich werde also etwas finden», sagt Adler-Olsen. «Ich mag es, Unternehmer zu sein, Teams und Gebäude und Firmen aufzubauen. Es könnte witzig sein, zu dem zurückzukehren, was ich vor dem Schreiben gemacht habe.» Auch soziale Dinge kommen ihm in den Sinn, etwa seine Arbeit für die Kinderhilfsorganisation SOS-Kinderdorf. «Wenn ich ein Botschafter für gute Dinge, für gute Taten, sein kann, dann tue ich das. Vielleicht schreibe ich aber auch einfach weiter, vielleicht komponiere ich etwas.» Die Möglichkeiten, so scheint es, sind für Adler-Olsen unendlich.

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