Verschiedene Organisationen forderten die Absage der am heutigen Samstag und am Sonntag in Bern stattfindenden Konzerte der deutschen Band Rammstein nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Leadsänger Till Lindemann. (Archivbild)
Rammstein-Frontsänger Till Lindemann auf der Bühne während eines Konzertes in Deutschland. (Archivbild)
Rammstein spielt Konzerte in Bern trotz Vorwürfen gegen Lindemann - Gallery
Verschiedene Organisationen forderten die Absage der am heutigen Samstag und am Sonntag in Bern stattfindenden Konzerte der deutschen Band Rammstein nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Leadsänger Till Lindemann. (Archivbild)
Rammstein-Frontsänger Till Lindemann auf der Bühne während eines Konzertes in Deutschland. (Archivbild)
Trotz der Missbrauchsvorwürfe gegen Leadsänger Till Lindemann (60) spielt die deutsche Metalband Rammstein anlässlich ihrer Europatournee am Samstag- und Sonntagabend ihre beiden fast ausverkauften Konzerte im Berner Wankdorfstadion.
Mehrere Frauen erhoben in den vergangenen Wochen – teilweise anonym – Vorwürfe gegen Lindemann. Sie seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershow-Party kommen wollen. Dort soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Die Frauen schilderten Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten.
Die Frauen seien zuvor aus einem Bereich ganz vorn im Zuschauerraum ausgewählt worden – der sogenannten «Row Zero» (Reihe Null). Der Sänger von Rammstein wird beschuldigt, im Zentrum eines regelrechten Systems gestanden zu haben, das darauf abzielte, Groupies nach Konzerten sexuell zu belästigen. Auch wurde der Vorwurf laut, die Frauen seien bei den Konzerten mithilfe von K.o.-Tropfen und Alkohol gefügig gemacht worden sein.
Konzertabsage und Strafuntersuchung in der Schweiz gefordert
Die Juso Schweiz forderte den Veranstalter der Rammstein-Konzerte in der Schweiz, Gadget abc, in einem offenen Brief zu einer Positionierung in der Affäre Lindemann auf. «Solche Vorwürfe von sexualisierter Gewalt müssen ernst genommen werden! Die Veranstalter müssen das einzig Richtige machen und die Konzerte absagen», liess sich Juso-Präsident Nicola Siegrist darin zitieren.
Der Veranstalter verwies in der Antwort auf den offen Brief darauf, dass bisher weder der Band noch einem Bandmitglied strafbare Handlungen nachgewiesen wurden. Vor diesem Hintergrund gebe es juristisch gegenüber Vertragspartnern keine Basis für eine Konzertabsage.
Die Juso wollte sich mit diesen Antworten nicht zufrieden geben, und startete eine Petition, die eine Absage der Konzerte im Berner Stade de Suisse am 17. und 18. Juni fordert. Hinter der Petition, die von rund 7500 Personen unterschrieben wurde, stehen auch die SP Frauen, die feministische Friedensorganisation cfd und die Nichtregierungsorganisation gegen Gewalt an Frauen Brava.
Die Junge EVP forderte die Staatsanwaltschaften der Kantone Zürich und Bern am vergangenen Montag in einer Mitteilung zudem dazu auf, Strafverfahren gegen Lindemann und weitere Personen im Umfeld des Sängers zu eröffnen. Es solle abgeklärt werden, ob im Rahmen von Konzerten der Band in der Schweiz strafrechtlich relevante Taten begangen worden seien, wie die EVP mitteilte. Zuletzt spielte Rammstein Ende Mai 2022 im Zürcher Letzigrundstadion zwei Konzerte.
Störaktionen sind möglich
Auch das feministische Streikkollektiv Bern forderte zuletzt, der Konzert-Veranstalter müsse darauf verzichten, Rammstein eine weitere Plattform zu bieten. Über eine allfällige Aktion des Streikkollektivs vor dem Wankdorfstadion in Bern war vorerst nichts bekannt. Auch die Juso hat bis zum Freitag keine Protestaktion angekündigt.
An den beiden Konzerten werden insgesamt rund 80'000 Fans erwartet. Am Freitagabend gab die Stadtberner Sicherheitsdirektion gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bekannt, dass ein Gesuch für eine Aktion am Samstag «im Raum Wankdorf» gestellt wurde. Dieses sei bewilligt worden, hiess es weiter. Für den Sonntag sei der Sicherheitsdirektion nichts bekannt. Man halte es aber für möglich, dass es weitere, unangemeldete Störaktionen rund um die Rammstein-Konzerte geben könnte.
Die Lagebeurteilung und die Planung eines entsprechenden Polizeiaufgebots erfolgen durch die Kantonspolizei Bern. Konzertveranstalter Gadget abc gab zudem im Vorfeld bekannt, dass ein Care-Team vor Ort sein werde, um für mehr Sicherheit zu sorgen – und gegebenenfalls Hilfe anzubieten. In der «Row Zero» werden sich in Bern gemäss dem Veranstalter zudem keine Konzertbesucherinnen und -besucher aufhalten.
Vorwürfe zurückgewiesen
Der angeschuldigte Rammstein-Frontsänger Lindemann hatte die Vorwürfe gegen ihn zuletzt zurückgewiesen. Diese seien ausnahmslos unwahr. Die Anwälte des Sängers hätten wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art rechtliche Schritte gegen einzelne Personen eingeleitet.
Die Staatsanwaltschaft Berlin eröffnete derweil ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann. Dies sei aufgrund mehrerer Strafanzeigen und von Amts wegen erfolgt, teilte eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch mit. Es handele sich um Anzeigen Dritter, nicht am etwaigen Tatgeschehen beteiligter Personen, hiess es von der Staatsanwaltschaft. Das Label Universal Music gab am Donnerstag bekannt, dass es die Marketing- und Werbeaktivitäten von Rammstein wegen der Vorwürfe gegen Lindemann ausgesetzt hat.