«Promis unter Palmen» «Sehr laut, sehr wild, sehr asozial»

Von Lukas Rüttimann

19.4.2021

Er kam, machte die Klappe auf - und war wieder weg: Prinz Marcus von Anhalt.
Er kam, machte die Klappe auf - und war wieder weg: Prinz Marcus von Anhalt.
Sat.1

Beim Trash-TV-Format «Promis unter Palmen» gehören Skandale zum Programm. Neu versucht der Sender, die Aufregung via Cancel Culture zu besänftigen. Vergeblich.

Von Lukas Rüttimann

Wenn heute Abend die zweite Folge der neuen Staffel von «Promis unter Palmen» (20.15 Uhr, Sat.1) anläuft, wartet die TV-Welt gespannt auf den nächsten grossen Knall. Denn das Trash-Format, in der eine Handvoll «Stars» in einem thailändischen Ferienresort um ein Preisgeld kämpft – die bezeichnend ehrliche Tagline lautet: «Für Geld mach ich alles» – ist für seine grenzüberschreitenden Skandale berüchtigt.

Die diesjährigen Teilnehmer jedenfalls hatten schon im Vorfeld angekündigt, dass diese zweite Staffel «extremer als alles» werden würde. Oder wie es TV-Sternchen Kate Merlan in einem Interview beschrieb – «sehr laut, sehr wild, sehr asozial». Dass das keine leere Drohung ist, hat die Startfolge vergangene Woche bereits gezeigt. Nach 16-tägiger Hotelquarantäne liessen es die Promis – unter ihnen Schauspieler Willy Herren, Model Giulia Siegel oder Politikerenkel Henrik Stoltenberg – mächtig tätschen.

Es wurde gesoffen, gepöbelt, beleidigt und gekotzt, und nach ein paar Gläsern zu viel liess sich «Prinz» Marcus von Anhalt zu einer homophoben Tirade gegenüber Drag-Künstler Katy Bähm hinreissen, die selbst für Reality-geübte Zuschauer Grenzen überschritt. Dass er sich am nächsten Tag mehr schlecht als recht entschuldigte und am Ende rausgewählt wurde, konnte den Fehltritt nicht vergessen machen. Das Netz jedenfalls tobte – und der Shitstorm zum Auftakt der neuen «Promis unter Palmen»-Staffel war perfekt.

Keinen Entschärfung in Sicht

Nun kann man sagen, dass Skandale bei Trash-TV-Formaten zum Programm gehören. Doch der Wirbel um den «Promis unter Palmen»-Auftakt kommt dennoch überraschend. Vergangenes Jahr war die Show wegen einer orchestrierten Mobbing-Aktion der Teilnehmer Bastian Yotta, Matthias Mangiapane und Carina Spack landesweit in die Kritik geraten. Sogar die Absetzung der Sendung wurde gefordert, und weil mit dem «Sommerhaus der Stars» auf RTL kurz darauf eine weitere Trash-Sendung in Sachen Mobbing sogar noch einen draufsetzte, wurde für das Jahr 2021 eigentlich mit einer Entschärfung solcher Formate gerechnet. Doch wenn die Kameras laufen – respektive vergessen wird, dass sie laufen –, haben sich gewisse «Stars» nicht mehr unter Kontrolle. Das hat «Promis unter Palmen» einmal mehr eindrücklich unter Beweis gestellt.

Immerhin: Die Sender reagieren inzwischen, anders und vor allem schneller. Die homophobe Attacke von Prinz Marcus wurde in der Aftershow vom – notabene offen homosexuellen – Moderator Jochen Bendel direkt angesprochen und verurteilt. Der eingeplante Talk mit dem ausgeschiedenen von Anhalt wurde nach wenigen Sekunden abgebrochen, weil dieser erneut betrunken schien. Und für die Wiedersehens-Show am Ende der Staffel wurde der homophobe Pöbel-Prinz auch gleich ausgeladen.

Das Dilemma der Macher

Canceln statt mobben, mit diesem Rezept wollen die Sender offensichtlich die Gemüter beruhigen. Bislang klappt das allerdings nur bedingt, denn viele Stimmen – darunter etwa das sonst durchaus Trash-TV-freundliche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» – fordern dazu auf, die Show zu boykottieren. In Konsequenz hat Sat.1 die Startfolge von «Promis unter Palmen» vom Netz genommen. Doch man darf auf die Diskussionen gespannt sein, wenn in den nächsten Folgen weitere Teilnehmer*innen die Grenzen von Würde und Respekt mit den Füssen treten. Und dass diese kommen werden, haben Teaser auf künftige Episoden bereits deutlich gemacht.

Letztlich zeigt «Promis unter Palmen» das Dilemma, in dem die Macher von Trash-Formaten derzeit stecken. Das Publikum verlangt nach Skandalen, weshalb tickende emotionale Zeitbomben wie Marcus von Anhalt oder auch der bislang ständig betrunkene Womanizer Calvin Kleinen und der Schweizer Reality-Export und Heisssporn Elena Miras nach Thailand eingeflogen werden. Auf der anderen Seite werden politisch inkorrekte Entgleisungen oder Mobbing in der heutigen Zeit zu gnadenlosen Boomerangs, die Karrieren nicht nur von Stars, sondern auch von Produzenten schnell beenden können. Es ist ein Tanz auf dem Vulkan, um der Quoten Willen. Die Macht jedoch liegt bei beim Zuschauer – und dem Knopf auf der Fernbedienung, mit dem man Formate wie «Promis unter Palmen» ein- und wieder ausschalten kann.

«Promis unter Palmen» läuft jeweils montags um 20.15 Uhr, auf Sat. 1.