Hommage an einen Anti-Popstar Sexist, Provokateur, Genie – neuer Film zeigt Zappa intim wie nie

Von Lukas Rüttimann

7.12.2020

Mit «Zappa» ist die definitive Hommage gelungen.
Mit «Zappa» ist die definitive Hommage gelungen.
Magnolia Pictures.

«Zappa» ist der definitive Film über Musikgenie Frank Zappa. Faszinierend und sperrig wie sein Protagonist – und gespickt mit nie gezeigten Aufnahmen aus dem Privatarchiv.

Dokumentationen über Frank Zappa gibt es einige. Immerhin hat der eloquente Star die Macht der Medien früh für sich als Plattform entdeckt; vor allem das Fernsehen nutzte Zappa wie kaum ein anderer Musiker seiner Zeit für seine Zwecke. Deshalb sind Aufnahmen mit und über den Gitarristen, Komponisten und Sänger alles andere als rar.

Einen Film wie «Zappa» hat man dennoch noch nie gesehen. Denn Regisseur Alex Winter gelang es, die sonst sehr zurückhaltend agierende Familie – allen voran Zappas mittlerweile verstorbene Frau Gail – von seinen Vorstellungen zu überzeugen. Winter wollte einen möglichst authentischen Film über Frank Zappa produzieren. Die Idee gefiel der Zappa-Witwe, und so erhielt er unbeschränkten Zugang zum gewaltigen Bild- und Ton-Archiv, das das arbeitssüchtige Multitalent nach seinem Krebstod im Jahr 1993 hinterlassen hat. Nicht zu vergessen – «Final Cut», also das Recht, den Film so zu schneiden, wie er wollte.

Ein Fundus für Fans

Freude haben werden Familie und Fans auf jeden Fall. Denn Winter und seinem Team ist mit «Zappa» (jetzt streambar u.a. im iTunes Store, auf Google Play, Amazon Video) die definitive Zappa-Hommage gelungen. Ein zweistündiges Werk, das Leben und Karriere des Ausnahmemusikers von Kindstagen bis zum Tod akribisch nachzeichnet, und dabei vor allem den Künstler selbst, ehemalige Mitmusiker und seine Familie zu Wort kommen lässt.

Emotionalen Kitsch – wie bei anderen Musikerfilmen – sucht man in «Zappa» vergebens. Der Film ist so faszinierend und sperrig wie sein Protagonist. Sogar sein früher Tod wird geradezu nüchtern abgehandelt; gerade so, wie Zappa selbst mit dem Thema umgegangen ist.

Dafür taucht Winters Film tief in das widersprüchliche Wirken des Musikgenies ein. Seine Abneigung gegen den Kommerz und den Drang, sich öffentlich zu präsentieren, etwa. Seine Liebe zur Familie und seine Radikalität, mit der er der Musik die oberste Priorität in seinem Leben einräumte. Oder seine intellektuelle Klasse versus den Sexismus, den er zelebrierte. «I like to get laid», sagte er etwa lapidar über Groupies. Und seiner Frau Gail liess er nach dem ersten Treffen ausrichten: «Wenn sie ficken will, sag ihr, sie soll rüberkommen».

Als Bandleader unbarmherzig

Seinem Ziel, so richtig hinter die Fassade von Frank Zappa zu blicken, kommt der Film in solchen Momenten nahe. Ganz jedoch gelingt es ihm nicht, denn seinen Zynismus legte Zappa auch in privaten Momenten nicht ab. Dafür sorgen Musiker-Interviews – unter anderem mit Zappas musikalischen Ziehsöhnen Alice Cooper oder Steve Vai – für erhellende Momente. Etwa, als Cooper sagt, Zappa habe aktiv daran gearbeitet, «keinen Hit zu haben». Oder wenn Vai erzählt, wie unbarmherzig das Musikgenie als Bandleader sein konnte.

Tatsächlich ist es grossartig zu sehen, wie Zappa die wandelnde Musikwelt kommentierte. Noch bevor MTV aufkam, erkannte er, dass bald nur noch Musik von gutaussehenden Marionetten gespielt werden würde und die Qualität in den Hintergrund rückt. Und seine bissigen Kommentare zur Politik scheinen heute aktueller denn je. Nicht nur deshalb wünscht man sich, Zappa würde noch leben und könnte seine charmanten Spitzen gegen Dummheit, Kommerz und Gleichgültigkeit austeilen. Als Gegenprogramm zur aktuellen Zeit funktioniert aber auch «Zappa» ganz hervorragend.

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