Kolumne am MittagSibel Kekilli musste mit ihrer Herkunft brechen, um frei zu sein
Von Fabian Tschamper
2.2.2021
Türkische Wurzeln, Bruch mit der Familie und ein gefundenes Boulevard-Fressen: Sibel Kekilli hatte vor «Game of Thrones» mit diversen Widrigkeiten zu kämpfen. Doch die warf sie – wie schon Tyrion – unter die Räder.
Die «Bild» titelte einst: «Eltern verstossen sündige Film-Diva», Sibel Kekilli lehnt seither jedes Interview mit dem Boulevard-Blatt ab. Nachdem das Blatt von ihrer Vergangenheit als Pornodarstellerin erfahren hatte, entfachte es nicht nur einen Skandal, den Kekilli nur wenig zu scheren schien – oder den sie wenigstens souverän handhabte –, er trieb auch einen Keil zwischen sie und ihre Familie.
«Es schmerzt immer noch, ich will nicht über meine Familie reden», sagte sie 2018 in einem Interview mit «Variety». «Was ich aber sagen kann: Wer eine freie Frau sein will, mit einem freien Willen, muss sich von ihrer Kultur trennen. In der muslimischen Kultur ist das nicht so einfach, diese Familie meint immer, du gehörst ihr. Nein!»
Ironie und der Ausbruch aus Rollenklischees
Doch warum machte man überhaupt so viel Wind um Sibel Kekilli?
Sie glänzte im deutsch-türkischen Film «Gegen die Wand» von Regisseur Fatih Akin. Darin spielte sie eine junge Türkin, die in Deutschland mit einem alkoholkranken und drogensüchtigen Landsmann eine Scheinehe eingeht. Die Ironie? Die Figur tat dies, um den Wertvorstellungen ihrer Eltern gerecht zu werden. Für Kekilli persönlich also ein wichtiger Film. Das war 2004.
Wie sie selber sagt, habe ihr dieses Drama grössere internationale Aufmerksamkeit beschert. Sie gewann sieben Auszeichnungen im selben Jahr für die beste Hauptdarstellerin. Da horchte die Filmindustrie auf.
Doch Kekilli wollte mehr.
Bisher wurde sie in die Schublade der Auslandsdeutschen gesteckt, bekam nur solche Rollen. Im Kieler «Tatort» angelte sich die gebürtige Türkin einen komplett neuen Part: Sarah Brandt. Adieu, dummes Rollenklischee.
Ein unschöner Tod nach Verrat
Weiter untermalt wurde Kekillis Talent – und vor allem ihr Hunger – auch durch die Rolle in der wohl erfolgreichsten Serie der letzten Jahre. Auch wenn ihr Auftritt wohl ein wenig Ironie in sich trägt, denn Sibel Kekilli spielte damals die Prostituierte Shae, eine von vielen Gespielinnen von Tyrion Lannister (Peter Dinklage).
Shae ist allerdings auch jene, die ihn in seinem Verfahren wegen des Mordes an Joffrey unter die Räder zu werfen versucht. Das kostet sie in der vierten Staffel das Leben – Tyrion stranguliert sie mit einer Goldkette zu Tode.
Kekillis Kommentare zu ihrem Charakter? «Sie kam von einer kaputten Vergangenheit und versucht nun immer das Beste für sich herauszuholen. Sie ist eine Kämpferin!»
Das erinnert stark an dich selbst, findest du nicht, Sibel?
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.