Schonungslose DokuVal Kilmer hat sich die ganze Zeit gefilmt, samt Absturz und Krebs
Von Lukas Rüttimann
27.7.2021
«Val» ist ein faszinierender Dokumentarfilm, der die Höhen und Tiefen seiner Karriere zeigt – und in private Abgründe abtaucht: Sein tragischer Weg vom Kinohelden zum Krebspatienten.
Von Lukas Rüttimann
27.07.2021, 19:41
Lukas Rüttimann
Dokumentarfilme über Stars haben Hochkonjunktur. Oft werden darin Fehltritte verklärt, Skandale heruntergespielt oder die Schuld für Flops anderen in die Schuhe geschoben. Nicht so in «Val», einem neuen Film auf Amazon Prime, der kürzlich am Filmfestival in Cannes seine Weltpremiere gefeiert und viel Aufsehen erregt hat.
Denn Schauspieler Val Kilmer («Top Gun», «The Saint», «Batman Forever») lässt mit diesem Film sprichwörtlich die Hosen runter – und nimmt sein Publikum mit auf eine fesselnde, oft bittersüsse Reise durch ein Leben voller Tragödien und Triumphe, die weit über das Abfeiern eines alternden Hollywoodstars hinausgeht.
Das fängt damit an, dass Kilmer die wohl am besten dokumentierte Karriere überhaupt vorweisen kann. Verantwortlich dafür ist er selbst. Denn der Kalifornier filmte sich lange vor Smartphones, GoPros und Instagram selbst – und zwar fast sein ganzes Leben lang. So wird man Zeuge seines rasanten Aufstiegs, der ihn von der prestigeträchtigen Juilliard-Schauspielschule über den Broadway bis nach Hollywood geführt hat.
Intime Einblicke am Laufmeter
Spannend sind dabei gerade auch die Aufnahmen aus seinem Privatleben, die auch Tragödien wie den frühen Tod seines Bruders, der nach einem epileptischen Anfall in einem Pool ertrank, und die Scheidung von «Willow»-Co-Star Joanne Whalley nicht ausblenden.
Auch wenn Kilmer die Kamera bei seiner Arbeit laufen gelassen hat, bietet er intime Einblicke. Du siehst spätere Superstars wie Kevin Bacon oder Sean Penn beim Herumhängen in Drehpausen – oder wie Regisseur John Frankenheimer den Schauspieler am Set von «The Island of Dr. Moreau» wiederholt auffordert, er solle die Kamera ausschalten.
Dass Kilmer diesem Wunsch nicht nachkommt, liefert einen Hinweis darauf, weshalb der Schauspieler in Hollywood lange Zeit als «schwierig» verrufen war. Doch Kilmer, das macht «Val» klar, ist mehr als nur eine Diva mit grossen Allüren. Vielmehr ist es sein Drang nach Perfektion, mit dem er sich oft selbst im Weg steht.
So erklärt er, dass er sich als Batman nie wohlgefühlt habe, weil er sich im Superhelden-Kostüm kaum bewegen konnte und die Anweisungen des Regisseurs nicht verstand. Klar wird auch, dass er die Verkörperung von Jim Morrison für Oliver Stones’ «The Doors»-Film wohl etwas zu ernst nahm – und dass das auf sein Privatleben keinen allzu guten Einfluss hatte.
Kampf gegen den Krebs
Am eindrücklichsten indes ist Kilmers Kampf gegen den Krebs, den der 61-Jährige inzwischen gewonnen zu haben scheint. Lange konnte sich der an Kehlkopfkrebs erkrankte Star nur mit einem speziellen Sprachgerät am Hals verständigen, weshalb die Tonspur in «Val» von Kilmers Sohn Jack (mithilfe von Auszügen aus Kilmers Autobiografie «I am Your Huckleberry») gesprochen wird. Das verleiht dem Film einen sentimentalen Charakter, der durch die oft schonungslose Selbstreflexion des Stars noch verstärkt wird.
«Val» ist aber auch eine Ode ans Leben. Denn trotz Krebserkrankung hat sich Kilmer nie unterkriegen lassen. So sieht man ihn dabei, wie er für seine Fans bis zur Erschöpfung Memorabilien signiert, und auch im bald erscheinenden «Top Gun»-Sequel «Maverick» wird man den legendären «Iceman» wieder auf der grossen Leinwand bewundern können. Wer «Val» kennt, wird diesen Auftritt mit anderen Augen sehen.
«Val» ist ab dem 6. August auf Amazon Prime erhältlich.