TV-Tipp Keine Partnerin: Frauenhandel in Asien als boomendes Geschäft

tsch

19.6.2018

Der chronische Frauenmangel in Asien birgt verheerende Folgen für die Gesellschaft – und zwar weltweit. Eine Arte-Doku setzt sich mit den Gründen auseinander und wagt einen Blick in die Zukunft.

In Asien hat sich das Gleichgewicht der Geschlechter über die vergangenen Jahrzehnte so sehr in Richtung Männer verschoben, dass der Kontinent unter einem erheblichen Frauen-Defizit leidet. Wenn man sagt, dass Frauen in China, Indien und Südkorea «Mangelware» sind, dann klingt das menschenverachtend - und trifft den Nagel auf den Kopf. Denn der Frauenhandel hat sich in den vergangenen Jahren als boomendes Geschäft etabliert, weil viele asiatische Männer keine Partnerin finden. Alleine in China sind die nackten Zahlen schwindelerregend: Die Volksrepublik zählt 30 Millionen mehr Männer als Frauen. Die aufschlussreiche Arte-Doku «Bloss keine Tochter!» deckt nun die Hintergründe auf und enthüllt, dass zu den hausgemachten Problemen noch zahlreiche wirtschaftliche und politische Faktoren hinzukommen.

Frauen gelten vielerorts immer noch als minderwertig

Sicherlich: In vielen Ländern weltweit existiert immer noch die sexistische Grundannahme, dass eine Familie einen Stammhalter braucht. Traditionell gelten auch im modernen 21. Jahrhundert vielerorts Mädchen und Frauen oft noch als minderwertig. Durch systematische Abtreibungen blieb der weibliche Nachwuchs mancherorts weit hinter dem männlichen zurück. Auch in Asien ist dieses Phänomen weiterhin zu beobachten. Dennoch wäre es zu kurz gegriffen, das verschobene Gleichgewicht der Geschlechter alleine hierauf zurückzuführen.

Die Geschlechter-Präferenz und -Selektion ist eng mit der Bevölkerungspolitik der Industrienationen verknüpft, die nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten, eine Bevölkerungsexplosion im asiatischen Raum von vornherein zu verhindern. Viele Gelder sind zu diesem Zweck geflossen, die Verbesserung von Medizintechnik wurde vorangetrieben. Doch auch nationale Ziele standen im Fokus: Südkoreanischen Müttern war es zum Beispiel vor 60, 70 Jahren geradezu untersagt, Mädchen zu gebären. Nur mit männlicher Arbeitskraft könne man wirtschaftliche Stabilität garantieren - so die Annahme.

Eine moderne Form der Sklaverei

Gerade junge asiatische Männer stehen nun vor den Trümmern dieser politischen Vorgaben: Verzweiflung macht sich unter ihnen breit, wenn sie nicht in der Lage sind, eine potenzielle Ehepartnerin zu finden. Viele Familien sehen sich mit dem drohenden Ende ihres Stammbaums konfrontiert. Auf ganz Asien gerechnet, besteht ein Mangel von rund 200 Millionen Frauen. Dieser Umstand ebnet den Weg für kriminelle Machenschaften: Junge Mädchen und Frauen werden entführt oder von ihren Familien an reiche Männer verkauft - eine moderne Form der Sklaverei. Heutzutage rufen gekaufte Bräute und missbrauchte Kinder Menschenrechtsorganisationen auf den Plan.

Fatale Folgen für die ganze Welt

Mit ihrem gleichsam ambitionierten wie investigativen Dokumentarfilm sensibilisieren die Regisseurinnen Antje Christ und Dorothe Dörholt den Zuschauer für ein aktuelles gesellschaftliches Problem, das auf die unterschiedlichsten Faktoren zurückzuführen ist und innerhalb kürzester Zeit zum weltweiten Problem mutierte. Aktuelle persönliche Schicksale und bisher unter Verschluss gehaltenes Archivmaterial liefern die Grundlage für eine facettenreiche Aufklärung, die als Warnsignal fungiert: Denn das asiatische Problem kann bald zum globalen avancieren und die gesellschaftliche Stabilität bedrohen - fatale Folgen für uns alle stehen bevor ...

Die Doku «Bloss keine Tochter!» läuft am Dienstag, 19. Juni, um 20.15 Uhr auf Arte. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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