TV-Tipp Zwei Schweizer Reporter mitten im vergessenen Krieg

tsch

10.10.2018

Dass im Jemen ein brutaler Krieg stattfindet, ist im Westen kaum ein Thema. Zwei Schweizer Filmemacher sind nun in das arabische Land gereist, um den Menschen vor Ort eine Stimme zu geben.

Der Bürgerkrieg in Syrien ist weltweit in aller Munde. Er bestimmt die Aussenpolitik vieler Staaten und ist einer der Motoren der derzeitigen Flüchtlingskrise. Was dabei aber oft ausser Acht gelassen wird: Im Jemen tobt ein mindestens genauso verheerender, wenn nicht gar schlimmerer Konflikt, der schon zahllose Opfer gefordert hat. Die beiden Schweizer Filmemacher Pascal Weber und Marine Pradel hatten es sich daher zur Aufgabe gemacht, in das kriegsgebeutelte Land zu reisen, um vor Ort von der (laut offiziellen Angaben der UN) weltweit grössten humanitären Katastrophe zu berichten. Der Zugang wurde ihnen zwölf Monate lang verwehrt, doch ihre Hartnäckigkeit sollte sich auszahlen. Schlussendlich erhielten sie die Erlaubnis und begaben sich auf die riskante Reise in den Süden des Landes. SRF 1 zeigt ihr erschütterndes filmisches Dokument «Jemen - Der vergessene Krieg» zu später Stunde.

Tragödie mit gigantischem Ausmass

Beim Krieg im Jemen handelt es sich um einen Stellvertreterkrieg. Soll heissen: Zwei Nationen tragen ihren Konflikt auf einem anderen Staatsgebiet aus. Ähnlich wie einst die USA und die Sowjetunion in Vietnam, stehen sich nun im Jemen die Monarchie Saudi-Arabien und die Islamische Republik Iran gegenüber. Doch das ist natürlich in beiden Fällen zu kurz gegriffen. Im Jemen kämpfen aktuell derart viele Parteien gegeneinander, dass man schnell die Übersicht verliert. Feststeht, dass die Huthi-Rebellen vor drei Jahren den amtierenden jemenitischen Präsidenten aus dem Amt vertrieben hatten, weil dieser als Marionette Riads galt. Die Saudis eröffneten alsbald den militärischen Schlagabtausch, während die Rebellen vonseiten Irans mit Kriegsgerät unterstützt wurden.

Doch damit nicht genug, denn auch andere mischen mittlerweile in dem Konflikt mit: Neben den südjemenitischen Separatisten und den saudischen Truppen werden die Kampfhandlungen auch von Dschihadisten (Al-Qaida) und Warlords ausgetragen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die eigentlich mit Saudi-Arabien koalieren, kommen derweil ihrem Bündnispartner im Kampf um die Vorherrschaft in der provisorischen Hauptstadt Aden in die Quere. Profit bedeutet dieser Krieg vor allem für die Waffenindustrie. Leidtragende des Konflikts ist zweifellos die jemenitische Zivilbevölkerung.

Riesige ehemals bewohnte Gebiete wurden dem Erdboden gleichgemacht, das ganze Land versinkt in Feuer, Schutt und Asche. Von den 28 Millionen Einwohnern des Landes benötigen 22 Millionen humanitäre Hilfe. Über acht Millionen dieser Menschen schwebt das Damoklesschwert des Hungertods - bis es fällt, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Das Leben von 28'000 Menschen hat der Krieg im Jemen bereits gefordert, 10'000 von ihnen waren Zivilisten. Inmitten dieser Tragödie gigantischen Ausmasses haben Weber und Pradel Gespräche mit ganz unterschiedlichen Bewohnern des Landes geführt, um die Welt an ihren Schicksalen teilhaben zu lassen.

Gegen das Vergessen

Die Reportage «Jemen - Der vergessene Krieg» gibt diesen Leuten nun eine Stimme und sorgt dafür, dass sie nicht nur blosse Zahlen in einer Statistik sind. Unter anderem porträtiert der Regisseur und Reporter gemeinsam mit seiner Kamerafrau die Menschen in den Flüchtlingslagern, aber auch einige Stammeskämpfer auf dem Weg in den Kampf und sogar den gerade mal drei Monate alten Mohammed. Er leidet unter einer Fehlbildung, die mit einem kleinen operativen Eingriff behoben werden könnte. Doch im Spital in Aden ist diese lebensnotwendige OP derzeit nicht durchführbar...

Es ist ein Schlag in die Magengrube, wenn einer der jungen Jemeniten über seine Heimat sagt, sie sei «elend, verwüstet, und ein hoffnungsloser Fall.» Doch den beiden Filmemachern und Journalisten gelingt es auch, das kostbarste Gut aufrechtzuerhalten - die Hoffnung. So sagt das zwölfjährige Mädchen Noor: «Ich will Architektin werden und mein Land wiederaufbauen!» Eine Aussage, die zeigt: Der Jemen ist noch nicht verloren.

Die Schweizer Doku «Jemen - Der vergessene Krieg» läuft am Mittwoch, 10. Oktober, um 23 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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