«Late Update» «Late Update»: Warum die neue Satiresendung von SRF Spass macht

Gion Mathias Cavelty

21.1.2019

TV-Experte Gion Mathias Cavelty wurde bislang mit den Comedy-Programmen des Schweizer Fernsehens nicht richtig warm. «Late Update» kann er dagegen etwas abgewinnen.

Wann haben Sie zum letzten Mal bei einer Sendung des Schweizer Fernsehens gelacht? Ich für meinen Teil muss sagen: Obwohl ich nun schon seit mehr als zehn Minuten über diese Frage nachdenke, kommt mir einfach nichts in den Sinn. Ganz ehrlich. Wahrscheinlich war es in den 80er-Jahren, bei einem Sketch des Cabarets Rotstift im «Samschtig-Jass». Die waren wirklich lustig, der Werni, der Heinz und der Jürg.

Seither? Musste ich höchstens bei unfreiwillig komischen Szenen lachen. Etwa bei den Auftritten von SRF-Direktor Ruedi Matter in «Hallo SRF!». «Dialog mit dem Publikum» und so, Sie wissen schon.

Wird's diesmal was?

Wo ich aber ganz sicher nie lachen musste: bei SRF-Satire-Sendungen. Änderte sich das am Sonntagabend mit der ersten Folge des neuen «Nachrichtensatireformats» «Late Update»?

Sekunden vor Beginn der Ausstrahlung bin ich noch skeptisch. Michael Elsener, der Moderator von «Late Update», fiel mir bisher stets als eher blässlich und blutarm auf, also NICHT auf. Woraus man aber durchaus eine Stärke machen könnte, wenn man es richtig dreht ...

Los geht’s! Elsener startet mit viel Namedropping, von Pierre Maudet (dessen «Methoden» werden zu «met Hoden – dä Maa hät Eier!») über Jacqueline Badran (sie soll doch in der Kinderkrippe eine rauchen gehen), Petra Gössi («Petra – wenn du willst, dass Maudet verreist, musst du ihm diese Reise bezahlen») bis hin zu Christa Markwalder («hatte mal eine Beziehung mit Kasachstan»).

TV-Experte Gion Mathias Cavelty hat sich die erste Ausgabe von «Late Update» angesehen.
TV-Experte Gion Mathias Cavelty hat sich die erste Ausgabe von «Late Update» angesehen.
Paolo Dutto

Das F-Wort und der «Barbapapa»-Einspieler

Alles harmlos, obwohl sich Kabarettisten-Musterschüler Elsener ganz viel Mühe gibt, möglichst viele Pfui-Wörter zu verwenden («Don't fuck with Pierre Maudet», «Die wahre Bedeutung von FDP: Fuck de Planet», Sebastian Kurz, der «Toyboy» von Jean-Claude Juncker, etc.). Aber, aber, Michi!

Dann kommt ein erster Höhepunkt: Ein surrealer Trickfilm-Einspieler à la «Barbapapa», in dem das personifizierte Europa (auf einem Stier hereinreitend, viva klassische Bildung!) nacheinander alle europäischen Länder frisst, immer fetter wird, schliesslich Grossbritannien auskotzt und dann mit der Schweiz anbändeln will. Schlicht grandios!

Auf sprachlich hohem Niveau rückt Elsener hernach dem Hauptthema der Sendung zu Leibe: Guacamole («der geilste Shit!»), respektive den damit verbundenen Umweltbelastungen (Einblender: «1 Kilo Avocados braucht 1000 Liter Wasser»). Jubelnd kommt er zum Schluss: «Wenn wir so weitermachen, schaffen wir den Weltuntergang bis 2030 und erlegen den letzten Pandabären mit einem Speer aus Elfenbein» (den Satz «Fuck you, Klima!» kann er sich nicht verkneifen). Naja, ein bisschen penetrant, diese Öko-Moralisiererei. Helvetisches Old-School-Kabarett halt. Da muss man drüber hinwegsehen.

Musikclip als Highlight

Dann folgt ein Musikclip, in dem Elsener davon singt, dass er aus Umweltschutzgründen dazu bereit ist, auf alles zu verzichten (zum Beispiel auf Kinder) – nur auf etwas nicht: auf Guacamole («Guacamole isch es Mänscherächt!»). Sehr aufwendig gemacht, und Elsener hat eine wirklich schöne Stimme. Ein echtes Highlight.

Ein dadaeskes Studio-Gespräch mit dem Gesundheitspolitik-Experten Markus Schafroth (köstlich gespielt von Satiriker Matto Kämpf) folgt, zu dessen Höhepunkt sich der Experte auf das Moderationspult legt, um friedlich zu sterben. Monty Python lebt!

Schwerer Stand für Patti Basler

Nicht so gelungen ist dann leider ein Einspieler mit der Kabarettistin Patti Basler, die als Reporterin mit ihrem iPhone an der diesjährigen Albisgüetli-Tagung der SVP unterwegs war. Alle von ihr interviewten Partei-Exponenten sind lustiger als sie. Aber das war schon immer so: Gegen die schlagfertigen SVPler kommen die hiesigen Comedians einfach nicht an (siehe «Giacobbo/Müller» etc.). Beispielhaft mag folgender Dialog mit Roger Köppel stehen:

Patti Basler: «Wie findest du es, dass jetzt eine Konkurrenz-Sendung zu deiner ‹Weltwoche›-Wochenschau ins Fernsehen kommt?»

Roger Köppel: «Meine Sendung hat viel mehr Humor, viel mehr Esprit, viel mehr Selbstironie – aber ich kann einfach schönheitsmässig nicht mithalten.»

Zum Schluss auch noch einmal SVP: Elsener interviewt im Studio Fraktionschef Thomas Aeschi zum Thema «gedämpfte Rüebli», Aeschis Lieblingsspeise. Letzterer kann sich dabei mit 76 bereisten Ländern im wahrsten Sinn des Wortes als Mann von Welt präsentieren, der da draussen «spannende Erfahrungen gemacht hat, wie in anderen Kulturen gelebt wird – das ist kein Widersprach dazu, in der SVP zu sein.» Und auch beim abschliessenden Rüebli-Spiel gibt sich Aeschi keine Blösse.

Weiter so!

Nach 45 Minuten fällt der Vorhang, und man muss sagen: Das hat richtig Spass gemacht! Souverän und flott war's, und irgendwie hat man sich – und das ist positiv gemeint – schon an die Sendung gewöhnt. Ja, man würde sie bereits vermissen, wenn es sie nicht mehr gäbe. Im Vorfeld hat sich Michael Elsener in einem Interview dahingehend geäussert, dass «ein richtig guter Witz böse und wahr ist»; er manchmal «weh tun», «verkrustete Denkstrukturen» aufbrechen und die Leute «ab und zu vor den Kopf stossen» müsse – und das wurde zumindest einzulösen versucht.

«Late Update» mit Michael Elsner lief am Sonntag, 20. Januar, um 21.40 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Michael Elsener
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