Knallhart und gefährlich Knallhart und gefährlich: Nur noch 4500 Frauen machen diesen Job

tsch

30.4.2018

Einkaufen ist für andere: Die Haenyeo ertauchen sich ihr Essen im Meer - täglich, ohne Sauerstoff und bei jedem Wetter. Eine Filmemacherin hat die mutigen Südkoreanerinnen sieben Jahre lang begleitet.

Auf der südkoreanischen Vulkaninsel Jeju lässt sich kaum Landwirtschaft betreiben. Und wenn doch, dann wird das Meiste durch Taifune vernichtet. Den Bewohnern bleibt also gar nichts anderes übrig, als sich von dem zu ernähren, was das Meer ihnen offeriert. Die sogenannten Haenyeo, die Frauen des Meeres, stürzen sich tagein, tagaus in die Fluten des riesigen Ozeans, um tierische und pflanzliche Meeresbewohner zu «ernten». So können sie ihre Familien ernähren und durch den Export der Waren ihren Kindern die Möglichkeit auf ein besseres Leben geben - auf Schule, Ausbildung und Studium fernab der Heimat. Doch die Tradition der Tiefseetaucherinnen stirbt aus. Regisseurin Hee-Young Ko hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die furchtlosen Frauen sieben Jahre lang für ihren Dokumentarfilm «Haenyeo - Heldinnen der Tiefsee» zu begleiten. ARTE zeigt ihr grossartiges Werk am späten Nachmittag in Erstausstrahlung.

Haenyeo: Südkoreas Seefrauen

Der Atem bestimmt, wo man taucht

Die Ausrüstung der Haenyeo ist spärlich, zweckdienlich. Auf Hightech wird bewusst verzichtet. Neoprenanzug, Taucherbrille, Schwimmflossen, Bleigürtel, Harke oder Harpune, Netz und Boje. Kein Sauerstoffgerät. In drei Gruppen sind die Frauen unterteilt. Die sogenannten «Krabben» tauchen in Küstennähe in maximal drei Metern Tiefe, Gruppe B arbeitet weiter draussen in fünf bis zehn Metern Tiefe. Die Frauen der Gruppe A begeben sich weit ins offene Meer hinaus und jagen rund 700 Meter vor der Küste in 15 bis 20 Metern Tiefe. Maximal drei Minuten können die Besten von ihnen die Luft anhalten.

Die Atemkapazität bestimmt Rang und Einsatzgebiet, sie sei ihnen «vorgegeben von den Göttern und zugestanden vom Ozean». Alles ist vorbestimmt. Doch warum tun die Frauen sich das überhaupt an? Einige von ihnen sind bereits weit über 70 Jahre alt, die Älteste von ihnen schuftet noch mit 88 Jahren jeden Tag im Meer. Die Rollenverteilung erscheint konträr zu westlichen Traditionen: Die Inselfrauen kamen seit jeher besser mit der Kälte des Meeres zurecht als die Männer. Während die Frauen nach Algen, Fischen, Oktopoden, Meeresschnecken und dergleichen tauchen, sind die Männer auf Fischerbooten unterwegs oder kümmern sich zu Hause um die Kinder. «Keine von uns hatte eine andere Wahl», bemerkt eine der Haenyeo.

Die Gefahr taucht mit

Der Job ist sicherlich nicht wie jeder andere, viel zu gross sind die Gefahren. Pro Saison fordert das Meer vier bis fünf Opfer. «Jeder Haenyeo ist bewusst, dass ihr Arbeitsplatz jederzeit zu ihrem Grab werden kann», heisst es an einer Stelle. Die Praktiken der Haenyeo werden mit der Zeit verschwinden, über 85 Prozent der aktiven 4500 Frauen sind bereits über 50 Jahre alt. Seit 2016 gehört ihr Handwerk zum immateriellen Weltkulturerbe. Hee-Young Ko gibt mit ihrem Doku-Porträt faszinierende Einblicke in eine spannende und den meisten völlig unbekannte Welt. Die nahezu poetischen Unterwasseraufnahmen tun ihr Übriges.

«Haenyeo - Heldinnen der Tiefsee» läuft am Montag, 30. April, um 17.40 Uhr auf ARTE. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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