Kolumne am Mittag Ellen DeGeneres wird als «#Metoo-Heuchlerin» beschimpft

Von Fabian Tschamper

26.8.2020

Ellen DeGeneres während ihrer Entschuldigung für die Vorfälle an ihrem Set.
Ellen DeGeneres während ihrer Entschuldigung für die Vorfälle an ihrem Set.
Getty Images

Die Ellen-Aktie ist im Keller. Nach wochenlangem Shitstorm rund um ihre Sendung und ihr angebliches Unwissen über die Belästigungen steckt die Sauberfrau bis zum Hals im Dreck. Du auch, Ellen?

Über die vergangenen Wochen wurde die Talkmasterin Ellen DeGeneres nonstopp kritisiert. Unzählige Angestellte haben sich zu den horrenden Bedingungen am Set der Show geäussert, alle vermeldeten dasselbe: Hier werden Leute sexuell belästigt.

Und so fingen die Attacken an. Aber geht es dabei um mehr als «nur» #metoo?

Die ausführenden Produzenten der «Ellen DeGeneres Show» sollen ihre Führungspositionen ausgenutzt und mehrere Mitarbeiter belästigt haben.

«Hey everybody – Ellen hier. An Tag eins unserer Show habe ich im ersten Meeting allen mitgeteilt, dass die ‹Ellen DeGeneres Show› ein Ort der Zufriedenheit sein soll – niemand soll seine Stimme erheben, alle werden mit Respekt behandelt. Offensichtlich hat sich etwas geändert und ich bin enttäuscht, dass all dies nicht eingehalten wurde», schrieb DeGeneres als erste Reaktion auf die Anschuldigungen. «Es tut mir leid. Alle, die mich kennen, wissen, dass dies das Gegenteil ist, was ich mir für unsere Show erhoffte.»

Die ihr so wohlgesinnten Stimmen wurden immer leiser und die Kritiker lauter.

«Ich kenne mehr als nur eine Person, die von Ellen schlecht behandelt wurde», schrieb der «Everybody loves Raymond»-Schauspieler Brad Garrett auf Twitter.

Damit nicht genug: Nun wird Ellen auch noch von den amerikanischen Medien bombardiert, die zusätzlich Salz in ihre frische Wunde streuen. Sie nennen sie eine «#Metoo-Heuchlerin».

Nicht nur Salz ist das – es ist ein Stich mitten ins Herz.

Ellen selbst musste Übergriffe ihres Stiefvaters erdulden, ihr Einsatz für die Opfer des #Metoo-Skandals sucht ihresgleichen.

Und doch schleicht sich ein Argument immer wieder in meinen Kopf, wenn ich an den gegenwärtigen Ellen-Skandal denke: Oftmals wurde während des #Metoo-Debakels suggeriert, der Chef sei verantwortlich für die Geschehnisse am Arbeitsplatz. In diesem Fall wäre dies Ellen – und das nach allem, was sie für die Belästigungsopfer getan hat.

Im Verlauf des Skandals verlangten viele Medien und Social-Media-User hingegen auch Vorsicht gegenüber der Beschuldigten – in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten). Müsste dies dann nicht auch für Ellen gelten?

Möglicherweise war sie ja tatsächlich unwissend, vielleicht kam sie dem Ganzen auch auf die Spur und hat nichts dagegen unternommen – aus sich momentan uns nicht erklärbaren Gründen. Unter Umständen hat die Sauberfrau Hollywoods entgegen allen Erwartungen doch Dreck am Stecken.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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