«Top Gun»-Macher Jerry Bruckheimer: «Ein Virus wird uns nicht stoppen»

Von Marlène von Arx, Los Angeles

15.5.2020

Hollywood ist nicht unterzukriegen. Das glaubt jedenfalls Star-Produzent und NHL-Team-Besitzer Jerry Bruckheimer, dessen jüngste TV-Serie «Hightown» diesen Sonntag online geht.

«Pirates of the Caribbean», «Bad Boys», «Top Gun» – Jerry Bruckheimer, 76, ist seit Jahrzehnten einer der erfolgreichsten Produzenten in Hollywood. Auch was Fernsehserien betrifft, mischt er mit den «CSI»-Krimis und der Reality-Show «Amazing Race» in der oberen Klasse mit. Ein guter Produzent verliert auch in einer Krise nicht den Kopf – und hat zur Sicherheit mehrere Pfeile im Köcher: Seine neueste Krimi-Serie «Hightown» mit Monica Raymund («Chicago Fire») in der Hauptrolle streamt ab Sonntag. Für den Kino-Launch von «Top Gun: Maverick» müssen er und Star Tom Cruise sich indes noch bis Ende Jahr gedulden.

Herr Bruckheimer, mit wem machen Sie derzeit Homeoffice?

Mit meiner Frau und meiner Tochter. Ich habe regelmässig Video-Meetings zu «Beverly Hills Cop» oder zu «Bad Boys 4», die in der Story-Entwicklung, beziehungsweise Drehbuchphase sind. Da ich vor dem Lockdown viel unterwegs war, hole ich ansonsten nach, was ich in Sachen Film und Fernsehen verpasst habe.



Und wer kocht?

Meine Tochter. Sie ist eine Super-Köchin!

Kommen wir gleich zur Frage, die ganz Hollywood beschäftigt: Wird die Filmindustrie das Coronavirus überleben?

Ja, wir werden einen Weg finden. Die Filmindustrie gibt es schon lange. Ein Virus wird uns nicht stoppen. Wir werden sicher weitermachen. Die Studios und die Motion Picture Association of America sind dabei, neue Arbeitsrichtlinien auszuarbeiten.

Wie wird sich in Ihren Augen das Filmemachen verändern?

Ich denke, ein Schlüssel-Element wird das Testen sein, ebenso Social Distancing. Das Art Department, also die Bauten und Requisiten, werden wohl nicht mehr auf dem Set, sondern woanders hergestellt werden. Meetings werden mit Zoom und Tele-Konferenzen abgehalten. Es wird also mehr und grössere Büros geben, damit man die Distanzen einhalten kann. Die Schnitt- und Ton-Leute können von Zuhause arbeiten. Das machen sie jetzt schon.

Und was das eigentliche Drehen betrifft?

Die Crews werden sich vor Arbeitsantritt in Quarantäne begeben und getestet werden müssen, um ein sicheres Arbeitsumfeld gewährleisten zu können. Und hoffentlich haben wir bald eine Impfung und Medikamente. Bis dahin werden visuelle Effekte noch mehr an Bedeutung gewinnen, als sie es bisher schon hatten.



Sie haben ja letztes Jahr für «Gemini Man» einen jungen Will Smith digital hergestellt. Die Schauspieler könnte man also ersetzen …

Über kurz oder lang wird das auch passieren, aber man braucht natürlich die Erlaubnis der Schauspieler oder wenn sie nicht mehr leben, ihrer Nachlass-Verwalter. Wo man da die Grenzen ziehen will, ist eine individuelle Einstellungssache. Aber wie gesagt: Ohne Erlaubnis läuft nichts.

Kann man Dreharbeiten gegen eine Pandemie versichern?

Da sind wir jetzt eben dran, beziehungsweise die Studios. Ich bin in keiner Taskforce, das überlasse ich schlaueren Leuten. Jedes Studio versucht mit seiner individuellen Versicherung, eine Lösung zu finden, wie ein sicheres Arbeitsumfeld geschaffen werden kann. Das ist die grosse Herausforderung.

Und von der Verbraucher-Seite betrachtet: Glauben Sie, dass das Drive-in-Kino ein grosses Comeback feiern wird?

Das weiss ich nicht. In Texas sind die Kinos ja offen und die Leute gehen hin, habe ich gelesen. Wir werden also sehen.

Sie sind nicht nur Film- und Serien-Produzent, sondern auch Mitbesitzer eines neuen NHL-Eishockey-Teams in Seattle. Können Sie sich Spiele ohne Zuschauer vorstellen?

Sehen Sie, ich liebe diesen Sport: als nach wie vor aktiver Freizeit-Spieler, und als Zuschauer live oder am Fernsehen. Ich glaube, die Leute zu Hause würden gerne Eishockey sehen. Wir hoffen aber wirklich auf eine Impfung, damit wir das Publikum wieder auf die Tribünen bringen können. Beim Spitzensport ist es letztlich gleich wie bei der Unterhaltung und vermutlich wird es auf das Gleiche herauslaufen, wie bei den Filmen: aufs Testen und auf Quarantäne. Das wird bestimmen, ob die Spieler wieder aufs Eis können. Der Eishockey Commissioner Gary Bettman und seine Mitarbeiter schauen sich da alle Optionen an.

Die Schweiz musste die Eishockey-WM absagen. Wären Sie bei den Spielen dabei gewesen?

Nein, ich wäre zwar sehr gerne in die Schweiz gekommen. Ich liebe die Schweiz. Aber ich habe beruflich so einiges am Laufen …

Zum Beispiel «Hightown». Die Krimi-Serie spielt an der Nord-Atlantikküste und dreht sich um eine Fischerei-Beamtin, die eine Leiche am Strand findet und sich in den Kopf setzt, das Verbrechen aus der Opiate-Drogenszene selber aufzuklären. Die Serienschöpferin ist weiblich, die Hauptdarstellerin Monica Raymund ist Latina und identifiziert sich als Queer – im Privatleben und in der Serie. Ist die Show Ihr Beitrag zur Diversitäten-Förderung?

Am Schluss ist nur das Talent ausschlaggebend. Die Serienschöpferin Rebecca Cutter hat brillante Figuren und eine Story kreiert, die sehr rau und real sind. Ich mag solche ehrlichen Geschichten. Wir haben gute Minoritäten-Talente gefunden und präsentieren sie nun dem Rest der Welt. Das ist doch grossartig!

«Hightown» ist bei Starz Play auf Prime Video zu sehen. Wie wählen Sie aus all den neuen Plattformen aus, wo eine Show landen soll?

Ich kann mich gar nicht mehr recht erinnern, ob wir ihnen ein Drehbuch geschickt haben, aber auf jeden Fall war Starz sehr begeistert vom Projekt und hat uns alle Unterstützung gegeben, die wir brauchten. Sie haben auch für ein gutes Marketing gesorgt. Ich bin also sehr happy mit ihnen als Partner. Für uns Geschichtenerzähler ist es toll, dass wir all diese Plattformen haben, um die Zuschauer zu erreichen.

Ebenfalls in Ihrer Pipeline: «Top Gun: Maverick» mit Tom Cruise. Der Sommer-Blockbuster wurde verschoben und soll nun an Weihnachten in die Kinos kommen. Oder könnten Sie sich vorstellen, das langerwartete Sequel online zu stellen – so wie Universal es mit «Trolls World Tour» tat und sich damit mit den Kinobesitzern überwarf?

Das ist letztlich der Entscheid von Paramount Pictures. Tom will mit dem Film ins Kino. Wir alle wollen das. Universal hat mit «Trolls» gemacht, was im Moment richtig war für sie. Ich hoffe, die beiden Parteien finden wieder zusammen.

Nach 34 Jahren eine Rückkehr zu «Top Gun». Was bedeutet Ihnen das persönlich?

Ich schätze mich sehr glücklich, wieder mit Tom Cruise zusammenarbeiten zu können. Es arbeitet keiner so hart wie er, und er ist ein besserer Produzent, als ich es je sein werde.

«Hightown» ist ab 17. Mai auf Starz Play/Prime Video abrufbar.

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