«Tatort»-Check Sind smarte Puppen auch in der Schweiz verboten?

tsha

2.12.2018

Senta, die Mörderpuppe? Der Münchner «Tatort» warf Fragen auf.

Jubiläumsfall für Batic und Leitmayr: Seit 1991 ermittelt das Kommissarsduo an der Isar. In ihrem 80. Fall bekamen es die in Würde ergrauten Polizisten mit einem etwas seltsam anmutenden Verbrechen zu tun: Mithilfe einer Puppe spionierte ein als Nikolaus verkleideter Mann mutmassliche Sexualstraftäter aus – um sie anschliessend brutal hinzurichten.

Worum ging's?

Da begann doch tatsächlich eine Puppe zu sprechen, verklickerte einem kleinen Mädchen, der Weihnachtsmann brauchte ihre Hilfe – und wenig später standen die Münchner Ermittler Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) vor einem veritablen Blutbad. Tot waren die Eltern der kleine Lena, die die Gewaltorgie überlebte, ohne überhaupt etwas davon mitbekommen zu haben.

Warum es zu dem Gemetzel kam, war den Kommissaren schnell klar – der Täter machte es ihnen aber auch einfach: «Wir kriegen euch alle», hatte er mit Blut an die Wand geschmiert, dem männlichen Opfer hatte er die Genitalien entfernt – und noch einen Hinweis hinterlassen auf einen Strafrechtsparagrafen, der die Bestrafung von sexuellem Missbrauch regelt. Da brauchte es wahrlich keine allzu feine Spürnase, um zu erkennen, dass hier jemand Rache genommen hat an einem Sexualstraftäter.

Worum ging's wirklich?

«Ein ‹Tatort› soll ein Projekt der Aufklärung sein, im doppelten Sinne», erklärt Udo Wachtveitl im Interview. Im aktuellen Fall wollten uns die «Tatort»-Macher wohl vor der Gefahr durch smartes Spielzeug warnen: Wer nicht aufpasst, mit was seine Kinder spielen, dem geht's an den Kragen. Wobei es hier freilich ausnahmsweise einmal die richtigen erwischt hat.



Sind smarte Puppen in Deutschland tatsächlich verboten?

In Österreich, witzelte Leitmayr, sei «generell nichts verboten» – in Deutschland hingegen schon. Wie die smarten Puppen, die im Film den Namen Senta tragen. Tatsächlich beziehen sich die Drehbuchautoren Michael Comtesse und Michael Proehl wohl auf «My Friend Cayla», eine smarte Puppe, die im vergangenen Jahr in Deutschland verboten wurde.

Cayla wird per Bluetooth mit einem Smartphone verbunden und kann über Mikrofone und Lautsprecher mit dem Besitzer kommunizieren. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) stufte das kulleräugige Spielzeug als «getarnte, sendefähige Anlage» ein. Das sind laut Paragraf 90 des Telekommunikationsgesetzes unter anderem Geräte, die als «Gegenstände des täglichen Gebrauchs verkleidet sind». Verboten ist nicht nur der Verkauf der Puppe, sondern auch ihr Besitz – wer noch eine Cayla im Kinderzimmer hat, sollte sie «selbst vernichten», so die BNetzA.

Und wie ist die Lage in der Schweiz?

Bei uns hingegen ist der Besitz und Verkauf der Spionage-Puppe legal. Wie der «Tagesanzeiger» im vergangenen Jahr – als in Deutschland über Cayla diskutiert wurde – berichtete, verkaufte die Migros 400 Exemplare der Puppe, bis sie Weihnachten 2014 wieder aus dem Sortiment genommen wurde. Auch die Post hatte Cayla im Angebot.

Allerdings: «Laut Einschätzung des Büros des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten machen sich Besitzer der Puppe unter Umständen strafbar, weil vernetztes Spielzeug zur Audioüberwachung eingesetzt werden kann», so der «Tages-Anzeiger». Alex von Hettlingen, Sprecher der Stiftung für Konsumentenschutz, warnt ausserdem: «Der Durchschnittskonsument kann nicht beurteilen und kontrollieren, ob ein Gerät gehackt ist und welche Information an wen geht.»

Welcher Schauspieler steckte unter dem Nikolaus-Kostüm?

Leonard Carow heisst der junge Mann, der als Nikolaus verkleidet auf die Jagd nach Sexualstraftätern ging. Auch wenn der 24-Jährige einem breiten Publikum noch kaum bekannt ist, wurde vor ein paar Jahren kein Geringer als Steven Spielberg auf den Berliner aufmerksam: In Spielbergs Oscar-nominiertem Kriegsdrama «Gefährten» spielte Carow einen deutschen Soldaten.

Wer war der hinterlistige Freund des Mörders?

Mit dem Dreitagebart und der Nerdbrille hätte man ihn fast nicht erkannt: Jannik Schümann, bekannt aus «Die Mitte der Welt» und «High Society», verfolgte als verwöhnter Schnösel aus gutem Hause seine ganz eigenen, perfiden Mordpläne. Fleissige Sonntagskrimigucker dürften den 25-Jährigen auch aus dem Berliner «Tatort: Gegen den Kopf» kennen: Als eiskalter U-Bahn-Schläger schockierte er 2013 Fernsehdeutschland und bekam von den Medien den zweifelhaften Titel als «schönster Gewalttäter im TV» verpasst.

Wie lange wollen Batic und Leitmayr noch ermitteln?

«Wir kriegen euch alle» – es war der 80. Film der Münchner Kommissare, das ist einsamer «Tatort»-Rekord. Ulrike Folkerts als Lena Odenthal ermittelt zwar schon länger im Sonntagskrimi, wirkte allerdings bislang in «nur» 67 Filmen mit. Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl haben derweil den 81. Münchner «Tatort» abgedreht und denken nicht ans Aufhören: Das jetzige kleine Jubiläum sei für ihn kein besonderer Anlass, sagt Nemec im Interview: «Ein 100. müsste dann aber schon richtig gefeiert werden.»

Der «Tatort: Wir kriegen euch alle» lief am Sonntagabend, 2. Dezember, um 20.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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