Exilähnlich So zurückgezogen lebt der Baukartell-Whistleblower heute

tsch/fts

4.12.2019

Konkurs, Verhaftung, Psychiatrie, Trennung: Adam Quadroni, der Whistleblower im Fall des Bündner Baukartells, hat schwere Zeiten hinter sich. Eine Doku zeigt, wie er heute lebt.

Er war der Mann, der das Bündner Baukartell auffliegen liess und sich dadurch viele Feinde machte. An den Folgen seiner Aussagen gegen die ehemaligen Kollegen von 2012 leidet der Ex-Bauunternehmer Adam Quadroni noch heute. Konkurs, Verhaftung, Psychiatrie, Trennung von seiner Frau und schliesslich sogar das Verbot, seine Kinder zu sehen: Der Whistleblower verlor fast alles. Nun zeigt eine DOK im SRF, wie gross das ihm widerfahrene Unrecht wirklich war – und wie Quadroni heute lebt.

In seinem Heimatdorf Ramosch im Unterengadin führt Adam Quadroni ein zurückgezogenes Leben fernab der Dorfgemeinschaft. Eine feste Arbeit hat er nicht, bisweilen hilft er einem Bauern morgens bei Ausmisten des Kuhstalls. Vor wenigen Jahren noch Bauunternehmer, widmet er sich heute vor allem der Vorbereitung der zahlreichen anstehenden Untersuchungen, etwa der ersten parlamentarischen Untersuchungskommission des Kantons Graubünden. «Es sind sehr viele Baustellen, und das macht einen schon halb kaputt», sagt Quadroni in der Dokumentation von Liz Horowitz.



Er sei einerseits «sehr froh, dass das jetzt gemacht wird», so Quadroni, schliesslich habe er dafür jahrelang gekämpft. Andererseits wolle er vor allem darum kämpfen, seine Kinder sehen zu können. Im Film wird dazu auch Quadronis Hausärztin Iris Zürcher befragt, die kein Verständnis dafür aufbringt, dass er die Kinder nur mit Einschränkung sehen kann. Nachdem sich Quadroni und seine Frau getrennt hatten, habe die Ärztin dem Regionalgericht mitgeteilt, dass die «enge Bindung zwischen dem Vater und seinen Kindern besonders geschützt werden müsse». Eine Reaktion sei nicht gekommen.

Der aufschlussreiche Film lässt zahlreiche Protagonisten der Affäre zu Wort kommen – etwa Adam Quadronis Anwalt Angelo Schwizer, der die Vermutung äussert, die Verfahrensleitung des Regionalgerichts sei auf Schikane und Zermürbung ausgelegt. Doch es gab auch viele Menschen, die halfen: So lancierte der Student Nathan Wildermuth eine Crowdfunding-Kampagne, um Quadronis Anwälte zu bezahlen. Eine Viertelmillion kam zusammen. Wildermuth sagt im Film: «Mir ist es wichtig, dass wir in der Schweiz Gerechtigkeit haben.»



Einen Verbündeten hat der Whistleblower auch in Giusep Nay, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesgerichts. Er weiss, dass die Glaubwürdigkeit eines Whistleblowers oft angezweifelt werde: «Statt die Tatsachen anzugehen, die er offenbart hat, wird er ins Visier genommen.» Über die Anfeindungen gegen Quadroni und dessen Aufdeckungen wird indes im Bündnerland geschwiegen, wie Unternehmens- und Kulturberaterin Urezza Famos weiss: «Ich finde, man sollte das Thema öffentlich im Tal diskutieren – auch die Rolle der Polizei, die Rolle des Richters – das würde Transparenz schaffen und vieles aufbrechen.» Denn: «Wenn wir alle schweigen, lernen wir nichts.»

«DOK – Der Preis der Aufrichtigkeit» läuft am Mittwoch, 4. Dezember, um 20:50 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Und hier noch die Bilder des Tages
Zurück zur Startseite