Scharfseher «SRF bi de Lüt» – Diesel-Drama in Amden

Lukas Rüttimann

3.3.2018

Normalerweise passiert in «SRF bi de Lüt – Unser Dorf» nicht allzu viel. Die neue Staffel aus Amden SG startete jedoch ungewöhnlich aufregend.

Das Dokformat «SRF bi de Lüt – Unser Dorf» bietet das, was man auch gern «Entschleunigungs-Fernsehen» nennt. In stimmungsvollen Bildern und untermalt von einlullender Hackbrett-Hintergrundmusik erzählt die Serie vom Leben auf dem Land. Gezeigt werden ganz normale Leute mit ganz normalen Berufen und ganz normalen Problemen.

Vor allem nimmt sich die Sendung etwas: Zeit. Die Sprecherin aus dem Off setzt mit Vorliebe eine Art Märchenstimme ein – und erzählt mit lehrerhaftem Timbre vom Treiben im Dorf.

Allzu viel, seien wir ehrlich, passiert dabei meist nicht. Denn «SRF bi de Lüt – Unser Dorf» setzt nicht auf Action, sondern auf originelle Menschen, schöne Landschaftsbilder und die Lust, in einer zunehmend schnelleren und oftmals verrückten Welt ein Stück Normalität geniessen zu können.

Baustellen und Dorforiginale

Die gestern gestartet siebte Staffel aus Amden SG wollte jedoch da nicht so ganz mitspielen. Zwar beginnt die Sendung, wie man es sich gewohnt ist: mit schönen Bildern und Dorforiginalen wie dem sympathischen «Wurzelmann» Beat Büsser, der hoch oberhalb des Dorfs Schindeln schnitzt – und sich in der Abgeschiedenheit pudelwohl fühlt.

Beim Kafi Luz in der Hütte fügt sein Schwiegersohn Sepp Jöhl an, man komme schon mit den anderen aus – auch wenn die «Ammler» ein etwas spezielles Volk seien. Bei (einer anderen) Familie Büsser stehen derweil Renovationen an, während die Mutter vor einem imposanten Curved-TV mit ihrer Klarinette für einen Auftritt übt.

So weit, so normal. Doch dann gibt’s Action in Amden: Busfahrerin Bea Good nervt sich über die Baustelle an der Dorfstrasse und macht aus ihrem Unmut auch gar keinen Hehl. Sie versteht, dass gebaut werden muss – aber die Millimeterarbeit mit dem Bus passt ihr gar nicht. Womit sie auch bei vielen von Baustellen geplagten Städtern auf Verständnis gestossen sein dürfte. Manchmal sind die Probleme von Stadt und Land eben doch nicht so verschieden.

Der Flüchtling und das Diesel-Drama

Gar politisch wird die Sendung bei Familie Müller. Sie hat den 17-jährigen Tanweer aus Afghanistan bei sich aufgenommen, der für seine neue Familie freudig strahlend ein Fondue kocht. Man sei viel in der Welt herumgereist, erklärt Vater Urs. Deshalb hat man sich relativ spontan entschlossen, sich dem Teenager als Ersatzfamilie anzubieten. Eine weltoffene Entscheidung, die wohl nicht jeder von Bewohnern eines 1800-Seelen-Dorfs erwartet hätte.

Fast schon dramatisch – zumindest im Kontext der Sendereihe – wird’s dann am Schluss. David, der Partner von Bea Good, ist wie die Busfahrerin ein Fan von schweren Maschinen und selber LKW-Fahrer. Bei der Fahrt an ein Oldtimertreffen tankt er seinen Vintage-Traktor jedoch aus Gewohnheit mit Diesel statt Benzin auf.

Fluchend muss er zurück in die Garage statt ans Treffen – ein emotionales Finale einer ersten Folge von «SRF bi de Lüt – unser Dorf». Denn selbst beim Entschleunigen ist man diesmal ziemlich ins Schwitzen gekommen.
Nicht nur deshalb darf man gespannt sein, was einem künftig aus Amden noch alles geboten wird.

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