TV-Tipp «Sterbebegleitung» für unsere Gletscher

tsch

14.1.2019

Das Ende der Gletscher in den Alpen ist unabwendbar. Mit gefährlichen Folgen für Mensch und Umwelt, wie eine neue Doku zeigt.

Längst ist es zu spät, noch etwas gegen das Ende der Gletscher der Alpen zu unternehmen. Dieser Tenor der ARD-Dokumentation «Alpendämmerung» klingt ebenso düster wie ihr Untertitel «Europa ohne Gletscher». Doch leider ist es nichts als die traurige Realität, der sich der Film von Thomas Aders und Wolfgang Wanner annimmt.

Ein halbes Jahr lang begaben sich die beiden Autoren in den Alpen auf eine – wie sie es nennen – «Abschiedsreise» zu den Gletschern. Von Slowenien bis in die Schweiz illustrieren eindrückliche Bilder und informative Hintergrundgespräche, welche Auswirkungen das zunehmende Abschmelzen der Gletscher auf Umwelt und Landschaft, auf Wirtschaft und Gesellschaft hat. Kann das, was der Schweizer Glaziologe Matthias Huss eine «Sterbebegleitung» für die Gletscher nennt, die Gefahren dämmen?

70 Quadratkilometer sind noch übrig

Matthias Huss ist Leiter des wissenschaftlichen Gletschermessnetzes. Auf seinen Klettertouren durch die Alpen vermisst er mit seinem Team jenes seit Jahrtausenden gewachsene Eis, das in naher Zukunft nicht mehr existieren wird. 70 Quadratkilometer Gletscher gibt es noch in den Alpen, zwei davon verschwinden jährlich durch den Klimawandel. Die Einheimischen am Aletschgletscher betrauern sein nahes Ende «wie das Dahinscheiden eines guten alten Freundes». Neben dem Verlust einzigartiger Landschaften und Lebensräume birgt das Schmelzen der Gletscher auch zahlreiche Gefahren.

Der Bergsturz von Bondo in Graubünden im Jahr 2017 etwa darf als Folge davon gelten. Sobald der Permafrost schmilzt, werden zuvor vom Eis zusammengehaltene Hänge zu losen Gebilden, deren Geröll jederzeit abrutschen kann. Extreme Wetterlagen infolge des Klimawandels tun ihr Übriges. Was die Zukunft bringt, ist in den Alpen daher ungewiss. So manche Siedlungen in der Schweiz müssen bereits zurückgebaut werden, Menschen werden umgesiedelt.

Den Bergbauern fehlt Wasser

Auch die wirtschaftlichen Folgen beleuchtet der Film: Da die Gletscher als Wasserspeicher ausfallen, mangelt es etwa den Bauern im Engadin, die seit Jahrhunderten mit Schmelzwasser arbeiteten, schon heute an Wasser. In Graubünden mussten die Kühe im letzten Sommer mit Wasser vom Helikopter aus versorgt werden. Auch in den Skigebieten muss man in der Zukunft mit Wassermangel rechnen, sagt eine Expertin in der Dokumentation.

Überhaupt, der Tourismus. Die ökonomische Basis vieler Alpenregionen geht mit der grossen Schmelze ebenso dahin. Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird es nur noch über 2000 Meter Schnee zum Skifahren geben. 70 Prozent der Touristenorte in den Ostalpen stünden damit vor dem Ende. Doch anstatt in Alternativen zu investieren, so kritisieren die Autoren des Films, wolle man den Status Quo mit Skikanonen und Bebauung in immer höheren Regionen beibehalten.

«Alpendämmerung – Europa ohne Gletscher» läuft am Montag, 14. Januar, um 22.45 Uhr auf ARD. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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