«Tatort»-Check Wie war der erste Fall der neuen «Tatort»-Kommissarin?

tsch

3.2.2019

Zum ersten Mal ermittelte Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler), letzte einsame Wölfin im «Tatort»-Universum, mit ihrer neuen Partnerin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba).

Braucht «Tatort»-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) nach 17 Jahren Alleingang tatsächlich eine Partnerin? Am Sonntag ermittelte erstmals Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) an ihrer Seite. Die Antworten auf alle Fragen zum «Tatort: Das verschwundene Kind».

Worum ging es?

Die 15-jährige Julija Petkow (Lilly Barshy) litt unter starken Bauchschmerzen. In Panik floh der Teenager von zu Hause. Kurze Zeit später fand man in der abbruchreifen Umkleidekabine eines Schulsportplatzes Spuren einer Geburt. Mutter und Kind waren jedoch verschwunden. Lebten die beiden überhaupt noch? Nach einem schweren Fehler bei ihrem letzten Einsatz fand sich die Hannoveraner Ermittlerin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) strafversetzt in Göttingen wieder. Hier traf sie auf ihre neue Kollegin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba), die als ebenso wenig teamfähig gilt wie Lindholm.

Welche Idee steckt hinter dem neuen Team?

Schwer zu sagen. Charlotte Lindholm ist mit 17 Jahren Ermittlertätigkeit eine der ältesten noch aktiven «Tatort»-Figuren im ARD-Portfolio. Und man kann nicht behaupten, dass ihre Einsätze zuletzt kreativ enttäuschten. Gerade ihr letztjähriger, ebenso düsterer wie brillanter «Tatort: Der Fall Holdt» war einer der besten Furtwängler-Krimis überhaupt. Danach hätten wohl die wenigsten gefordert, dass die Figur Charlotte Lindholm einen Relaunch erfahren müsse. NDR-Fernsehspielchef Christian Granderath verfolgte jedoch wohl schon länger die Idee, Florence Kasumba – die als Afro-Deutsche bereits in vielen «Tatort»-Folgen mit Migrationshintergrund zum Einsatz kam – als erste schwarze Kommissarin des Premiumkrimis zu installieren.



Wer ist Florence Kasumba?

Die im Ruhrgebiet aufgewachsene Florence Kasumba, eine Deutsche mit ugandischen Wurzeln, arbeitete lange Jahre erfolgreich in der Musical-Branche, für die sie auch ausgebildet wurde. Aufgrund ihres markanten Äusseren und einer besonderen Ausstrahlung schaffte es die heute 42-Jährige sogar schon nach Hollywood. Durch Filme des Marvel-Universums wie «Black Panther» und «Avengers: Infinity War» erhielt Kasumba Einblick in die grosse, weite Welt des Blockbuster-Kinos. Ihre Muttersprache Deutsch durfte sie zuletzt in der überzeugenden Serien-Fortsetzung «Deutschland 86» bei Amazon sprechen.

«Ich bin dankbar für die Rolle, aber ich möchte meine Hautfarbe in diesem Zusammenhang nicht so hoch hängen», sagt sie, wenn man sie darauf anspricht, dass sie die erste farbige Ermittlerin im Sonntagskrimi ist.

Warum liess einen dieser Fall seltsam kalt?

Normalerweise sind tote Kinder ein Garant für starke Emotionen beim Zuschauer. In «Das verschwundene Kind» liess einen das Täterrätsel jedoch seltsam kalt. Warum? Mit gleich drei Drehbuchautoren und einer Krimi-Debütantin auf dem Regiestuhl versuchte der NDR seinem Lindholm-Relaunch. Vielleicht fanden die drei Autoren zu keiner gemeinsamen Vision, zu keinem Flow in ihrer Arbeit. «Das verschwundene Kind» wirkte jedenfalls wie ein Krimi-Bausatz aus den 90ern.

Warum werden Schwangerschaften oft nicht bemerkt?

Regisseurin und Mitautorin Franziska Buch beantwortet diese Frage so: «Unsere Recherchen haben gezeigt, dass Schwangerschaften abgespalten werden können, zum Beispiel, wenn das zu einem nicht zu bewältigenden Konflikt mit der Umwelt, etwa mit der Familie, führen würde. Die Folgen sind bisweilen fatal – bis hin zur Tötung des Neugeborenen in der Überforderung durch die überraschend einsetzende Geburt.»

Interessant ist, dass viele dieser Frauen sogar einen Partner haben, der – bis zur überraschenden Geburt – ebenfalls nichts von der Schwangerschaft mitbekommt, was für den Laien erstaunlich klingt. Die Bonner Psychiatrie-Professorin Anke Rohde, die den «Tatort» als Fachberaterin unterstützte, nennt dies «Scheuklappenphänomen».

Dennoch: Nicht wenige solcher Frauen nehmen ihre Kinder nach der überraschenden Geburt normal an, einige werden zur Adoption freigegeben. «Es gibt aber auch Frauen», so Rohde, «die setzen ihr Neugeborenes aus. Sie legen es irgendwo ab, damit es in gute Hände kommt. Dabei kann es jedoch zu Tode kommen, zum Beispiel durch Unterkühlung oder weil es nicht entdeckt wird.» Auch Kindstötungen kommen leider auch in der Realität vor. Mit Babyklappen, Aufklärung und Beratungsangeboten versuchen verschiedene Hilfsorganisationen ein Gegengewicht zu setzen.

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