TV-Kritik «Temptation Island»: Die schwärzeste Untreue-Hölle

Von Gion Mathias Cavelty

4.3.2020

Der Geist ist schwach und der Körper auch – das ist TV-Experte Gion Mathias Cavelty wieder einmal bewusst geworden.

Es gibt einen Witz, dessen Pointe lautet: «Nei, ich gang uf di Kanarische Vögel go insle.» Ja – warum macht man nicht mal eine Reality-Show, in der jemand auf die Kanarischen Vögel Inseln geht? Warum ist es immer umgekehrt? Ist das nicht langweilig?

Antwort: NEIN! Den Beweis lieferte gestern Abend RTL mit der Ausstrahlung der ersten Folge der zweiten Staffel von «Temptation Island». Jede Sekunde war eine Offenbarung. Weil man wieder einmal auf schröcklich-schöne Weise vor Augen geführt bekam, was für ein unfassbar simples Geschöpf der Mensch doch ist (man selbst ist natürlich nicht betroffen).

Inhalt: Vier reale Hetero-Pärchen (plus ein Kamerateam) gehen auf eine exotische Insel. Darauf stehen zwei Villen. Die vier Männchen ziehen mit zwölf wildfremden «heissen Single-Ladys» (Zitat RTL) in Villa A, die vier Weibchen mit zwölf «sexy Single-Männern» (Zitat RTL) in Villa B. Die nächsten zwei Wochen dreht sich alles nur um die Frage: Wer wird schwach? Wer bleibt treu? Wer inselt fremd? Wer inselt nicht fremd? Wer reist am Schluss des «Liebestest»-Sexperiments auch tatsächlich wieder mit seinem ursprünglichen Partner ab?



«Ich bin so glücklich wie noch nie mit Till», beschreibt Kandidatin Hanna (21, Lehramtsstudentin) zu Beginn der Auftaktfolge ihre Beziehung mit besagtem Till (31, Bademeister). «Wenn man einen Menschen gefunden hat, bei dem man wirklich von Anfang an weiss, dass man sein Leben mit ihm verbringen möchte, dann glaube ich schon, dass man auch treu sein kann und wirklich auch jeder Versuchung widerstehen kann.»

Und Till ergänzt: «Hanna kann mir auf jeden Fall vertrauen, denn ich weiss, was ich für 'ne tolle Frau hab'.»

(Spoiler: Ha ha haaa!)

«Eine nette Lady, die ihr hot findet»

Das wohlinszenierte Schicksal nimmt seinen Lauf, als die zwölf weiblichen «Single-Beauties» (Zitat RTL) aufmarschieren. Jeder Mann muss sich einen «Favourite» aussuchen (Zitat der Moderatorin: «Eine nette Lady, die ihr richtig hot findet und mit der ihr euch vorstellen könnt, euer erstes Date zu verbringen»).

Till wählt Jacqueline (29, «selbständige Tänzerin»), weil «sie sieht nicht so aus, als ob sie jetzt grad 'nen Stock im Arsch hat, sondern mit der man Spass haben kann.»



Hanna gesteht: «Ich bin total nervös, habe ganz schwitzige Hände. Die sind halt schon superhübsch. Da hat man schon Angst um seinen Mann. Unsere Beziehung wird jetzt auf eine ganz harte Probe gestellt, aber ich bin mir sicher, dass wir hier auch wieder als glückliches Paar rausgehen.» Dazu heult sich ein erstes Mal.

(Spoiler: Es wird nicht das letzte Mal bleiben. Ho ho hoooooooooooo!)

Wie du mir, so ich dir

Danach dürfen sich die vier Frauen je einen Liebling aus den zwölf männlichen Verführern aussuchen – Hanna entscheidet sich für den 26-jährigen Maschinenbau-Studenten Bastian aus Bochum («Ich arbeite sehr hart an meinem Körper, und das wissen die Frauen zu schätzen und finden das in der Regel auch relativ gut»).

Nun sind die Weichen gestellt – die Weichen der Schienen, die direkt in die schwärzeste Untreue-Hölle führen. Schon erstaunlich, wie schnell alles den Bach runtergehen kann in einer angeblich glücklichen Beziehung.

Konkret: Schon in der ersten Nacht wird in Villa A gefeiert, dass die Wände wackeln; der Champagner fliesst in Strömen, Till liegt mit drei Frauen und einem weiteren Kandidaten im blubbernden Whirlpool und grölt gutgelaunt «Zeig mir deine Möpse!»; dazu nuckelt ihm Kim (22, «mag Füsse») am rechten grossen Zeh; Gegröle, Gequietsche, Gekreische; eins führt zum anderen, und am Schluss liegt Kim tatsächlich mit Till unter einer weichen Daunendecke in dessen Bett.

(Und Hanna wird später, als ihr die Bilder im Beisein von Till gezeigt werden, fragen: «Was hat sie bei dir im Bett gemacht?». Und Sätze werden fallen wie: «Ich weiss einfach nicht, ob das gerade für mich zu entschuldigen ist, weil's schon krass ist, den ersten Abend so durchzudrehen» oder «Ich bin sprachlos. Ich fühle im Moment nur noch Hass.»)

Allen Lesern noch einen mopsfidelen Tag!

«Temptation Island» lief am Dienstag, 3. März, um 23 Uhr auf RTL. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Und hier noch die Bilder des Tages
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