TV-Tipp Wenn die Heldenfassade bröckelt

tsch

12.3.2019

Als junger Mann war der Filmemacher Mohammed Naqvi begeistert von Pakistans Staatschef Muscharraf – Jahre später muss er jedoch feststellen, dass der Politiker tatsächlich ein Diktator war.

Im Jahr 1999 putschte sich der liberale General Pervez Muscharraf in Pakistan an die Macht. Unter seiner Führung blühte der Staat in Südasien auf: das Land stabilisierte sich politisch, die Wirtschaft erstarkte. Auch Mohammed Naqvi profitierte davon. Der Filmemacher war während Muscharrafs Machtantritt 19 Jahre alt und empfand den Regierungswechsel als Segen: Als Schiit sah sich Naqvi jahrelang von sunnitischem Terror bedroht – Muscharraf garantierte nun Freiheit und Sicherheit, auch für religiöse Minderheiten. Doch darf man bei allen positiven Veränderungen, die Muscharrafs Politik mit sich brachte, keinesfalls ausser Acht lassen, dass Pakistan unter dem Ex-Militär faktisch gesehen eine Diktatur war.

2008 wurde der Staatschef aus seinem Amt vertrieben und flüchtete ins Exil nach Dubai – von dort aus plante er seine Rückkehr an die Macht. Regisseur Naqvi begleitete sein Idol dabei und reiste in die Vereinigten Arabischen Emirate, um das einstige pakistanische Staatsoberhaupt zu porträtieren. Recht bald stellte er fest: Muscharraf ist doch nicht der strahlende Held, für den er ihn einst gehalten hatte. In seinem sehenswerten Dokumentarfilm «Der Diktator, die Taliban und ich» zeichnet er nun ein komplexes Bild seines Heimatlandes.

Der Blick hinter die fragwürdigen Kulissen

Naqvi gelingt es mit seinem Werk, die verworrene pakistanische Polit-Historie der vergangenen Jahrzehnte in verständlicher Art und Weise aufzudröseln, um dem Zuschauer die schwierige Situation des Landes begreiflich zu machen. Mit Hilfe von Archivmaterial und Interviews mit Muscharraf schafft es der Regisseur, die höchst ambivalenten gesellschaftspolitischen Verhältnisse zu analysieren.

Damit einher geht auch eine ganz persönliche Entwicklung des Filmemachers: Nach und nach muss er erkennen, dass der vermeintliche Heilsbringer Muscharraf eben in Wahrheit ein Diktator war, der die politischen Geschicke Pakistans mit machtpolitischem Kalkül zu lenken verstand. Gut erkennbar an folgendem Widerspruch: Muscharraf unterstützte gleichzeitig die Taliban und auch die Vereinigten Staaten im «Krieg gegen den Terror». Langsam aber sicher entdeckt Naqvi immer mehr politische Zusammenhänge, die ihn in seinem Glauben an die Integrität Muscharrafs desillusionieren.

«Der Diktator, die Taliban und ich» läuft am Dienstag, 12. März, um 22.05 Uhr auf Arte. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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