Nach einem Monat Pause meldet sich Belinda Bencic am Billie Jean King Cup in Prag zurück. Zum Abschluss eines sehr emotionalen Jahres will die Olympiasiegerin noch einmal einen Höhenflug erleben.
«Endlich ist es soweit», sagt Belinda Bencic. Mehr als eineinhalb Jahre später als geplant, geht das Finalturnier des Billie Jean King Cups nun doch noch über die Bühne. Dass die Schweizer Nummer 1 in Prag mit von der Partie sein kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Vor einem Monat hatte sie in Chicago in der Partie gegen Jelena Rybakina das rechte Knie überstreckt, wobei die TV-Bilder, das schmerzverzerrte Gesicht und die Tränen Schlimmes vermuten liessen. «Aber ich hatte Glück», sagt Bencic. Die Bänder wurden nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Bencic reiste weiter nach Indian Wells, wo sie aber schweren Herzens auf einen Einsatz verzichtete, weil sie sich noch nicht wieder 100 Prozent fit fühlte. Noch immer fällt es ihr sehr schwer, an einem Turnier nicht anzutreten, das Risiko, womöglich länger auszufallen, wollte sie aber nicht eingehen. Bencic hat aus der Vergangenheit gelernt, als sie als Vielspielerin galt und den Körper teilweise überstrapazierte, bis dieser rebellierte. Heute sagt sie: «Ein Turnier auszulassen, ist kein Weltuntergang.» Den Rückfall im Ranking nimmt sie in Kauf.
Der Traum vom Titel
Spätestens, als das Thema einer möglichen Qualifikation für die WTA Finals erledigt war, legte Bencic ihren Fokus auf den Billie Jean King Cup. Im Februar 2012, einen Monat vor ihrem 15. Geburtstag, hatte sie im Doppel an der Seite von Amra Sadikovic ihr Debüt im Teamwettbewerb gegeben. Insgesamt bestritt sie bislang elf Begegnungen. Das Heimatland zu repräsentieren, erfüllt sie mit Stolz, weswegen sie auch gerne den Hopman Cup oder die Olympischen Spiele bestritt. «Ich mag diese Wettbewerbe, sie bringen das Beste in mir zum Vorschein.»
Das Beste ist von Bencic auch in dieser Woche in Prag gefordert, wenn der lang gehegte Traum der Schweizerinnen in Erfüllung gehen soll. «Wir wollen das Ding einmal gewinnen», sagt Bencic. «Es ist aber bereits ein Riesen-Highlight, im Finalturnier dabei zu sein.» Mit Gastgeber Tschechien und Deutschland erwischten die Schweizerinnen eine schwierige Gruppe. «Es ist nicht das, was wir uns gewünscht haben – aber nichts ist unmöglich.»
Tschechien gilt trotz der Absenzen von Karolina Pliskova und Petra Kvitova als Favorit auf den Titel. «Es wäre ein Bonus, wenn wir die Gruppe überstehen würden», sagt Bencic (WTA 17), schöpft aber aus der Tatsache Mut, dass sie auf dem Weg zu ihrem Olympiasieg sowohl Barbora Krejcikova (WTA 3) als auch Marketa Vondrousova (WTA 35) geschlagen hat. Auch Viktorija Golubic (WTA 45) feierte gegen Vondrousova in Indian Wells einen Sieg. «Vielleicht haben sie deswegen auch etwas Angst vor uns.»
Freundinnen über den Platz hinaus
Bencic ist zwar die klare Teamleaderin, für sie ist aber die Ausgeglichenheit eine der grossen Stärken des Schweizer Teams. «Wir können mit Zuversicht in jede einzelne Partie steigen.» Sie hätten grossartige Einzelspielerinnen «und auch ein gutes Doppel, wie die Olympischen Spiele in Tokio gezeigt haben». Hinzu kommt das sehr gute Klima innerhalb des Teams – ein nicht zu unterschätzender Vorteil. «Uns alle verbindet auch über den Tennisplatz hinaus eine Freundschaft», so Bencic.
Die 24-jährige Ostschweizerin würde eine denkwürdige Saison mit den Spielen in Tokio als Höhepunkt gerne mit einem weiteren Erfolg beenden. Im Tour-Alltag habe sich zwar durch den Olympiasieg nichts verändert, er gebe ihr aber noch immer Selbstvertrauen und ein gutes Gefühl, wenn sie daran denke. «Er ist ein grossartiger Erfolg, und wenn ich die Medaillen anschaue, bekomme ich noch immer Gänsehaut.» Die Energie, die sie zusammen mit Golubic in Japan erlebt hat, will sie auch am Billie Jean King Cup in das Team hineinbringen, wobei dies allerdings gar nicht nötig sei. «Wir haben sowieso immer eine gute Energie.»