Otto Rehhagel führt Griechenland an der EM 2004 auf den europäischen Thron und sich selbst in den Götterolymp. Ioannis Topalidis figuriert an der EM in Portugal für «Rehakles» als Sprachrohr.
Für gewöhnlich gehören die Sympathien im Fussball dem Aussenseiter. Nur war der EM-Final am 4. Juli 2004 im «Estadio da Luz» in Lissabon zwischen Favorit Portugal und Aussenseiter Griechenland keine gewöhnliche Partie. Da kämpfte auf der einen Seite die «goldene Generation» des portugiesischen Fussballs mit Luis Figo, Rui Costa oder Deco an der Seite eines aufstrebenden Cristiano Ronaldos in der Heimat um die späte Krönung ihrer Nationalmannschaftskarriere; gegen ein griechisches Team, das sich dem modernen Fussball verweigert und mit einem defensiven Spielstil das Final-Ticket gesichert hatte.
Wie wenig sich die Griechen vor 17 Jahren um die Befindlichkeiten des gemeinen Fussballfans scherten, belegte neben den humorlosen 1:0-Siegen in Viertel- und Halbfinal gegen Titelverteidiger Frankreich und Tschechien die Tatsache, dass sie die längst aus der Mode geratene Position des Liberos wieder entdeckten. «Modern ist, wenn man gewinnt», antwortete Trainer Otto Rehhagel denen, die seine Methoden als aus der Zeit gefallen betitelten.
Und Griechenland gewann oft an der EM 2004: erstmals überhaupt an einer Endrunde, erstmals in einem K.o.-Spiel an einer Endrunde, erstmals in einem Endrunden-Final. Das dritte 1:0 in Folge hievte die Griechen auf den europäischen Fussballthron und Rehhagel in den griechischen Götterolymp. Dabei konnten sich der Trainer und seine Spieler nicht einmal ordentlich verstehen. Rehhagels Assistenztrainer Ioannis Topalidis musste für den Trainerdoyen als Übersetzer walten – sowohl in Mannschaftskreisen als auch nach aussen.
Neben den schillernden Figuren des griechischen Europameisters wie Goalgetter Angelos Charisteas, Goalie Antonios Nikopolidis oder Rehhagel mochte Topalidis als austauschbar wirken. Es gab Stimmen die sagten, die einzige Qualifikation des in Stuttgart geborenen Griechen sei die Fähigkeit, Deutsch und Griechisch zu sprechen. Rehhagel aber betonte: «Meine Spieler sagen immer: Der Ioannis redet wie ich, nur auf Griechisch. Wir sprechen die gleiche Fussballersprache.»
Der damals 41-jährige Assistent und Dolmetscher erwies sich als umsichtiger Vermittler zwischen den Kulturen, der es verstand, Rehhagels Worte für das Team entsprechend umzuformen. Wenn der deutsche, teils autokratisch agierende Coach das Team mit «Meine Herren» ansprach, redete Topalidis zu den «Paidia» (Kindern). Fussballgott Rehhagel hinterliess den Griechen neben dem EM-Titel 2004 ein gutes Dutzend Bonmots. An beiden Errungenschaften dürfte Sprachrohr Topalidis nicht unwesentlich beteiligt gewesen sein.