Marco Odermatt fährt die Konkurrenz zum Jahresabschluss noch einmal in Grund und Boden. Der Nidwaldner gewinnt den Weltcup-Super-G in Bormio mit fast einer Sekunde Vorsprung.
Die Suche nach Superlativen zu Marco Odermatt ist längst kein leichtes Unterfangen mehr. Zu zahlreich sind die Momente geworden, in denen er in neue, nicht für möglich gehaltene Sphären vorgedrungen ist, in denen er Aussergewöhnliches leistet, ihm ausserirdische Kräfte nachgesagt werden. Und doch gibt es auch beim besten Skirennfahrer der Gegenwart noch dieses Unerreichte, noch nie Geschaffte.
Diesmal waren es die 98 Hundertstel, die Odermatt schneller war als sein erster Verfolger in der Rangliste, Raphael Haaser. Der Österreicher sicherte sich seinen zweiten Podestplatz im Weltcup. Vor zwei Jahren hatte er ebenfalls in Bormio ebenfalls im Super-G ebenfalls Rang 2 erreicht. Derart deutlich hatte Odermatt keinen seiner vorangegangenen Weltcup-Siege im Super-G errungen.
Einmal, vor zwei Jahren in Beaver Creek in Colorado, distanzierte Odermatt den Zweitbesten, Haasers mittlerweile zurückgetretenen Landsmann Matthias Mayer, um 78 Hundertstel. In Bormio dominierte er den Super-G vor einem Jahr mit 64 Hundertsteln Marge auf Vincent Kriechmayr. Der Gewinner des Super-G vor zwei Wochen in Gröden belegte diesmal hinter dem Norweger Aleksander Kilde Platz 4. Den nominellen Nummern 3 und 2 im Super-G blieb am Freitag mit Rückständen von 1,45 beziehungsweise 1,31 Sekunden wie allen anderen Kontrahenten nur das Staunen über die Vorstellung der Nummer 1.
Ein Denkzettel
98 Hundertstel Vorsprung – Odermatt verabschiedete sich im grossen Stil in die kurze Pause. Er tat es gerade so, als wolle er seinen Konkurrenten einen Denkzettel fürs neue Jahr verpassen. Es war ein neuerlich deutlicher Fingerzeig, dass er nicht gewillt ist, nach seinen überragenden Leistungen in den letzten zwei Wintern auch nur einen Deut nachzulassen, dass es auch in dieser Saison Besonderes braucht, um ihm das Wasser reichen zu können.
Neben der Regentschaft im Riesenslalom hat Odermatts Dominanz auch im Super-G eine kaum für möglich gehaltene Dimension erreicht. Die letzten elf Super-G im Weltcup hat er ausnahmslos unter den ersten drei beendet, sieben davon hat er gewonnen. Nicht weniger eindrücklich sind die Zahlen zur laufenden Saison. Acht Rennen hat Odermatt bisher bestritten, vier hat er gewonnen, daneben einmal Platz 2 und zweimal Rang 3 belegt. Verfehlt hat er das Podium einzig in der zweiten Abfahrt in Gröden. Da hat es ihm zu Platz 7 gereicht.
Konsequenz dieser grandiosen Zwischenbilanz ist die klare Führung in der Weltcup-Gesamtrangliste. Odermatts Vorsprung auf seinen nunmehr grössten Widersacher Kilde beträgt 396 Punkte, was knapp dem Gegenwert von vier Siegen entspricht. Der Norweger liegt hinter dem für den Rest der Saison ausfallenden Österreicher Marco Schwarz auf Platz 3.
Heimrennen in Rot
Odermatt ist aber auch in den Klassementen «seiner» Disziplinen Spitze. Im Riesenslalom steht er nach drei Rennen mit dem Maximum zu Buche, im Super-G hat er sich die Leader-Position am Freitag zurückgeholt, und seit Donnerstag nimmt er zum ersten Mal auch in der Abfahrts-Wertung die Spitzenposition ein.
«Besser hätte ich das Jahr nicht beenden können», sagt Odermatt. Und besser könnte das neue Jahr für ihn auf heimischem Terrain auch nicht beginnen. Er wird sowohl im Riesenslalom in Adelboden als auch (zumindest) in der ersten Abfahrt und im Super-G in Wengen mit der roten «Startnummer» antreten.
Odermatt dreimal in Rot – ein weiterer Superlativ.