Bravo Eisgenossen! Wie vor drei Jahren in der Slowakei und vor neun Jahren in Schweden startet die Schweiz mit vier Siegen in die WM. So richtig überzeugend fällt das 5:3 über die Slowakei nicht aus.
Wohlverstanden: Das Team von Patrick Fischer gewann auch die vierte Partie in Helsinki nicht unverdient. Die Schweizer erarbeiteten sich ein deutliches Chancenplus (30:16 Schüsse). Sie gerieten nie in Rückstand. Dennoch liess sich die Leistung nicht mehr vergleichen mit den spektakulären Auftaktsiegen über Italien und Dänemark.
Die Schweizer bestritten am Mittwochabend die vierte Partie in fünf Tagen. Die Müdigkeit nahm Überhand. Plötzlich fehlte ein Schritt – oder es mangelte an geistiger Frische. Die Konzentration ging verloren. Alle diese Mängel machten sich – bei allem Guten, was die Schweizer auch im vierten Spiel wieder zeigten – eben auch bemerkbar.
Der Schweizer Sieg kam auf glückhafte Art und Weise zu Stande, weil aus den Unzulänglichkeiten nicht Gegentore, sondern sogar Plustore resultierten. Das erste Beispiel hiefür schon in der 1. Minute. Christoph Bertschy kassierte schon nach 20 Sekunden eine (unnötige) Zweiminutenstrafe. Völlig übermotiviert räumte er Tomas Tatar ab. Bei der Aktion fehlte nicht viel zu einem Knie-Check (und zu einer Fünfminutenstrafe). Bestraft wurde das Foul indessen nicht: Nach bloss 52 Sekunden führte die Schweiz durch das vierte WM-Tor von Denis Malgin mit 1:0.
Später führte wieder eine ärgerliche Schweizer Strafe zu einem Schweizer Treffer. Timo Meier kassierte eine von fünf Zweiminutenstrafen alleine im zweiten Abschnitt (!). Den Slowaken gelang an diesem Abend im Powerplay aber nichts (kein Tor in neun Chancen). Als Timo Meier aufs Eis zurückkehrte, konnte er gleich solo aufs slowakische Tor losziehen und das wichtige 3:2 zu erzielen.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Goal Timo Meier hilft, endlich besser ins Turnier zu finden. Der 25-Jährige, der für die San Jose Sharks diese Saison 35 Tore erzielte, bemühte sich in den ersten vier WM-Partien enorm, schoss öfter aufs Tor als alle anderen Schweizer, indes die Effizienz fehlte. Es wird der neu formierten NHL-Sturmlinie mit Meier, Nico Hischier und Philipp Kurashev auch helfen, dass Hischier in der 46. Minute, kurz nach einem slowakischen Lattenschuss, mit dem 4:2 die erste Zweitoreführung heraus schoss. Die Schweiz braucht von dieser Paradeformation offensive Glanzlichter, wenn die WM in Tampere und Helsinki zum Erfolg geraten soll.
Den Sieg rettete schliesslich das Schweizer Unterzahlspiel über die Zeit. Im Finish spielten die Slowaken beim Stand von 3:4 während fünf Minuten in Überzahl – wegen eines zurecht geahndeten Knie-Checks von Michael Fora. Zwei dieser fünf Minuten mussten die Schweizer sogar nur zu dritt verteidigen, weil Jonas Siegenthaler sich ebenfalls für eine Schwinger-Einlage noch eine Strafe einhandelte. Neun kleine und eine grosse Strafe – mit so vielen Undiszipliniertheiten gewinnt man in der Regel international keine knappen Spiele.
Die Schweiz brachte den knappen Vorsprung aber über die Zeit. Fabrice Herzog stellte 24 Sekunden vor Schluss mit dem 5:3 ins leere Tor den Sieg endgültig sicher. Für das Schweizer Team endete mit der Partie gegen die Slowakei der erste Teil der Weltmeisterschaft. Es folgen am Donnerstag und Freitag Ruhetage, ehe das Turnier übers Wochenende mit Partien gegen Kanada (am Samstag) und Frankreich (am Sonntag) weiter geht. Die Ruhetage werden den Schweizern helfen, die Batterien neu zu laden. Um dann gegen Kanada wieder derart entschlossen, motiviert, gradlinig anzugreifen wie in den ersten Partien.
Klar ist jetzt auch, dass die Schweiz die Planung bis und mit Viertelfinals in Angriff nehmen kann. Seit die A-WM mit 16 Teams und zwei Achtergruppen gespielt wird, reichten zwölf Punkte in der Vorrunde immer für das Erreichen der Viertelfinals aus. Zehnmal reichten auch weniger Punkte: 6x kam ein Teams mit elf Zählern weiter, 4x genügten sogar nur zehn Punkte. Aber ohnehin liebäugelten die Schweizer in dieser Gruppe seit dem Rauswurf Russlands nicht mit Platz 4, sondern mit dem Gruppensieg oder zumindest mit einem Spitzenplatz – um in den Viertelfinals nicht auf eines der Topteams der Gruppe B zu treffen. Im nächsten Spiel, jenem am Samstag gegen Kanada, werden im Kampf um den Gruppensieg Weichen gestellt.
Schweiz – Slowakei 5:3 (1:1, 2:1, 2:1)
Helsinki. – 2504 Zuschauer. – SR Ansons/Rekucki (LAT/USA), Davis/Sormunen (USA/FIN). – Tore: 1. (0:52) Malgin (Suter/Ausschluss Bertschy!) 1:0. 11. Roman (Lantosi, Liska) 1:1. 24. Egli (Scherwey, Bertschy) 2:1. 26. Slafkovsky (Kristof, Tatar) 2:2. 33. Meier (Suter/Ausschlüsse Moser; Lantosi) 3:2. 46. Hischier (Marti) 4:2. 50. Takac (Sykora, Grman) 4:3 (Eigentor Geisser). 60. (59:36) Herzog (Malgin, Suter/Ausschluss Sykora) 5:3 (ins leere Tor). – Strafen: 9mal 2 plus 5 Minuten (Fora) plus Spieldauer (Fora) gegen die Schweiz, 5mal 2 Minuten gegen die Slowakei.
Schweiz: Genoni; Egli, Marti; Kukan, Siegenthaler; Fora, Janis Moser; Glauser, Geisser; Thürkauf, Bertschy, Scherwey; Kuraschew, Hischier, Meier; Simion, Malgin, Suter; Ambühl, Corvi, Herzog.
Slowakei: Huska; Ceresnak, Fehervary; Nemec, Ivan; Rosandic, Grman; Janosik; Tatar, Kristof, Pospisil; Regenda, Minarik, Slafkovsky; Lantosi, Roman, Liska; Sykora, Tamasi, Takac; Lunter.
Bemerkungen: Schweiz ohne Riat, Miranda, Aeschlimann (alle überzählig) und Berra (Ersatzgoalie). – Schüsse: Schweiz 30 (17-7-6); Slowakei 16 (6-2-8). – Slowakei von 57:15 bis 58:29 und von 59:20 bis 59:36 ohne Goalie. – Powerplay-Ausbeute: Schweiz 1/4; Slowakei 0/9.
Resultate:
Frankreich – Italien 2:1 (0:1, 0:0, 1:0, 1:0) n.V. Schweiz – Slowakei 5:3 (1:1, 2:1, 2:1). – Rangliste: 1. Schweiz 4/12 (19:7). 2. Kanada 3/9 (16:5). 3. Dänemark 3/6 (11:8). 4. Deutschland 3/6 (8:8). 5. Frankreich 4/5 (8:9). 6. Slowakei 4/3 (9:14). 7. Italien 4/1 (5:15). 8. Kasachstan 3/0 (4:14).