Im Januar wurde Sadio Mané im ägyptischen Hurghada zu Afrikas Fussballer des Jahres gewählt. Es ist der bisherige Höhepunkt einer beeindruckenden Karriere, die einst mit kaputten Schuhen auf den Strassen Senegals begann.
Sadio Mané ist 15 Jahre alt, als er mit seinem Onkel die fast 400 Kilometer lange Reise nach Dakar auf sich nimmt. Er will dort an einem Probetraining der Fussballakademie Generation Foot teilnehmen. Mané kommt ursprünglich aus Sédhiou, einer Provinzstadt im Süden Senegals, die etwa so gross ist wie Wetzikon.
Seine Familie hat nicht viel mit Fussball am Hut, trotzdem kann er sie davon überzeugen, am Probetraining teilzunehmen. «Sie sind sehr religiös und wollten damals andere Dinge für mich», erzählt der Angreifer in einem ausführlichen Interview mit «Goal» im Jahr 2016. «Seit ich mich erinnern kann, hatte ich immer einen Ball am Fuss. Ich habe überall gespielt, auf der Strasse, oder wo auch immer ein Match stattgefunden hat. Als meine Familie merkte, dass sich in meinem Kopf und meinem Herzen alles um Fussball dreht, liessen sie mich gehen.»
«Dich nehme ich sofort!»
Zu Beginn wird er in Dakar nur belächelt. «Ich werde das nie vergessen. Als ich damals am Probetraining teilnehmen wollte, schaute mich ein älterer Mann an und fragte mich: ‹Bist du hier für den Test?› Ich sagte: ‹Ja.› Er fragte mich: ‹Mit diesen Schuhen? Schau sie dir doch mal an, wie kannst du überhaupt damit spielen? Und diese Hosen. Hast du keine richtigen Fussballhosen?›» Seine Ausrüstung sei richtig schlecht gewesen, seine Schuhe alt und kaputt. «Ich habe ihm gesagt, dass ich meine besten Sachen mitgebracht hätte und ich einfach spielen wolle», so Mané weiter. «Als ich dann auf dem Platz stand, war er sehr überrascht. Er kam danach zu mir und sagte: ‹Dich nehme ich sofort! Du spielst in meiner Mannschaft.› So bin ich in die Akademie gekommen.»
In Dakar lebt Mané bei einer fremden Familie und setzt nur noch auf die Karte Fussball. Ein grosses Risiko für einen Jugendlichen aus einer solchen Region. Aber auf dem Platz weiss er stets zu überzeugen und es geht nicht lange, bis der Anruf aus Europa kommt. Mané wechselt im Juli 2011, im Alter von 19 Jahren, zum FC Metz nach Frankreich. «Ich war so jung und ich musste alles, das ich kannte, zurücklassen. Es war sehr schwierig und ich habe meine Familie sehr vermisst», gesteht der heute 27-Jährige.
Klopp klopft zweimal an
In Metz bleibt sein Talent nicht unerkannt – bereits ein Jahr nach seiner Ankunft überweist Red Bull Salzburg vier Millionen Euro für die Dienste des blitzschnellen Angreifers. In Österreich verweilt der Senegalese zwei Jahre lang, dann will sich Dortmund-Trainer Jürgen Klopp mit ihm treffen. «Ich war total begeistert. Ich konnte es nicht fassen, dass er glaubte, dass ich seiner Mannschaft helfen konnte. Sie waren so gut – ich habe mir alle ihre Spiele angeschaut», schwärmt Mané. Aber der Transfer sollte nicht klappen. Salzburg wird sich stattdessen mit dem FC Southampton einig und nach Frankreich und Österreich zieht es den Afrikaner schliesslich nach England.
Wieder weiss der Wirbelwind zu überzeugen und 2016 ist es erneut Klopp, der zum Hörer greift – dieses Mal als Trainer des FC Liverpool. Die «Reds» bezahlen 41 Millionen Euro an die «Saints» und Mané ist an der Spitze des Weltfussballs angekommen. «Ich bin sehr glücklich, dass ich nun mit einem der besten Trainer der Welt zusammenarbeite. Es sollte so sein», sagt der Neuzugang nach dem Wechsel. Bei seinem Debüt gegen Arsenal erzielt Mané nach einem herrlichen Alleingang sein erstes Tor für Liverpool und zeigt sofort mit ausgestreckten Armen auf den Mann an der Seitenlinie. Er stürmt zu Klopp und springt dem deutschen Trainer auf den Rücken.
Die Zusammenarbeit fruchtet – drei Jahre später ist Sadio Mané Champions-League-Sieger, Klub-Weltmeister und seit Dienstag Afrikas Spieler des Jahres. Aber der 27-Jährige weiss, wie viel Glück er auf seinem Weg gehabt hat und bleibt weiterhin auf dem Boden: «So unglaublich viele talentierte Spieler, mit denen ich aufgewachsen bin, haben nie so eine Möglichkeit erhalten wie ich. Ich lebe meinen Traum.»