Ski alpin «Wichtig ist, dass man immer an sich glaubt»

voe, sda

18.2.2021 - 20:15

Lara Gut-Behrami zeigt an der Siegerehrung nach dem WM-Riesenslalom ihre zweite goldene Medaille
Lara Gut-Behrami zeigt an der Siegerehrung nach dem WM-Riesenslalom ihre zweite goldene Medaille
Keystone

Kein Zehntel trennt die Top 3 im Riesenslalom von Cortina. Die Siegerin heisst Lara Gut-Behrami. Sie kürt sich zur Doppelweltmeisterin, was zuletzt 1987 Erika Hess und Maria Walliser gelang.

Was konnte man in den letzten Wintern nicht alles über die Riesenslalom-Fähigkeiten von Lara Gut-Behrami hören und lesen. «Technisch unsauber» sei ihre Fahrt gewesen, hiess es oft. Auch «fehlerhaft» war ein häufig gebrauchter Begriff. Oder dann war von – teils auch selbsternannten – Experten zu vernehmen, dass die Gesamtweltcupsiegerin 2016 mit einem solchen «Andriften der Tore, sobald das Gelände etwas steiler wird», kaum mehr je etwas erreichen werde in dieser alpinen Basisdisziplin.

Mit gerade mal einem 8. Platz als bestem Resultat im Riesenslalom in der Zeitspanne von Oktober 2017 bis Februar 2020 hatte Gut-Behrami tatsächlich keine guten Argumente gegen diese Stimmen, die nicht zuletzt wegen der manchmal kontroversen Art der Tessinerin immer auch wieder in noch hämischere Kommentare übergingen. Wie man sich im Leben halt so täuschen kann.

Schreibe einen Champion nie ab

Durch diese Wortmeldungen liess sich zumindest eine Person nicht beirren. Diese, nämlich Lara Gut-Behrami selbst, hört vor allem auf eine Stimme: auf ihre eigene. In ihrem Innersten wusste die mittlerweile 29-Jährige, die sich im Februar 2017 bei der Heim-WM in St. Moritz einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, dass sie auch im Riesenslalom wieder in den Kreis der Allerbesten zurückkehren kann.

Wer mehr als 25 Weltcuprennen gewonnen habe, den dürfe man im Kampf um Siege nie abschreiben, umso mehr, wenn er (oder eben sie) die harte Arbeit nicht scheue, so sagte Gut-Behrami in diesem Winter einmal sinngemäss. Und bereit, hart zu arbeiten, das war die Tessinerin: «Ich habe immer noch Lust zu kämpfen. Jeden Morgen aufzustehen und Ski fahren zu gehen, um mich zu verbessern.» Oder wie es ihr Vater Pauli Gut formulierte: «Jeder Athlet hat Hochs und Tiefs. Wichtig ist, dass man immer an sich glaubt.»

Nicht Top-, nur Mitfavoritin

Doch trotz Dauer-Hoch in den vergangenen Wochen, in welchen sie gerade im Super-G von Sieg zu Sieg eilte, zudem in Abfahrt und Riesenslalom ebenfalls Top-3-Platzierungen erreichte und dadurch im Gesamtweltcup ganz nah zur führenden Slowakin Petra Vlhova aufschliessen konnte: Lara Gut-Behrami war für den WM-Riesenslalom nicht als ganz grosse Favoritin zu bezeichnen.

Dieses Prädikat traf für Cortina vielmehr auf Marta Bassino, Tessa Worley und auf Mikaela Shiffrin zu. Doch weder Erstere, die vierfache Saisonsiegerin aus Italien, noch die Französin, die in Kronplatz den letzten Riesenslalom vor der WM vor Gut-Behrami und Bassino gewonnen hatte, erreichten an diesem Tag ihr normales Rendement.

Hingegen Shiffrin zeigte sich einmal mehr auf den Punkt bereit. Die 25-jährige Amerikanerin, an den Tagen zuvor schon mit Gold in der Kombination und Bronze im Super-G, komplettierte ihren Medaillensatz in Cortina. Die nur zwei Hundertstel Rückstand auf Gut-Behrami waren für die Führende bei Halbzeit allerdings schwer zu verdauen. Auch die drittklassierte Österreicherin Katharina Liensberger lag nur 0,09 Sekunden hinter der Siegerin.

Wie zuletzt 2001 Sonja Nef

Einer Medaille im Riesenslalom mass Gut-Behrami schon seit jeher einen besonders hohen Wert zu. Nun wurde es für die Tessinerin gleich die Goldene in der Basisdisziplin. An Weltmeisterschaften gelang dies zuletzt 2001 in St. Anton einer Schweizerin (Sonja Nef).

An sechs Weltmeisterschaften und zwei Olympischen Spielen war es Gut-Behrami vor Cortina nie gelungen, ein Rennen zu gewinnen. Auf diese Lücke in ihrem Palmarès wurde sie immer wieder angesprochen. Nun zog sie als Doppelweltmeisterin an den gleichen Titelkämpfen mit Grössen wie Erika Hess und Maria Walliser gleich. Dieses Duo hatte 1987 in Crans-Montana letztmals für Swiss-Ski zweimal Einzelgold geholt. Walliser gewann damals gleich wie Gut-Behrami nun in Cortina als dritte Medaille auch noch Bronze.

Gut-Behrami mochte in den Interviews nach dem zweiten WM-Gold verständlicherweise nicht gross in die Zukunft blicken. Eine Aussage von ihr lässt jedoch für das letzte Drittel der Weltcup-Saison einiges erwarten. «In meiner Karriere war es immer so, dass wenn ich im Riesenslalom schnell war, ich es auch in den anderen Disziplinen war», so die 29-Jährige. Mit acht Medaillen ist sie bereits jetzt anzahlmässig zur erfolgreichsten Schweizer WM-Teilnehmerin avanciert. «Ich gehe jetzt zuerst einmal nach Hause und geniesse es», sagte sie abschliessend.

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