Zahnarzt-Interview«Wer oft Früchte isst, leidet eher unter schmerzempfindlichen Zähnen»
Von Runa Reinecke
15.10.2019
Ein herzhafter Biss, schon durchfährt er uns – ein blitzartiger, ziehender Schmerz. Wir haben bei einem Experten nicht nur nachgefragt, was man gegen besonders sensible Zähne tun kann.
Zum Dessert ein Cupcake oder ein Glace, zwischendurch ein saures Zältli und danach ein heisser Kaffee – eigentlich ein Genuss, doch nicht für Menschen mit schmerzsensiblen Zähnen: Für sie kann eine süsse Versuchung schnell zur bitteren Enttäuschung werden.
Doch warum reagieren manche unserer Kauwerkzeuge derart empfindlich? Der Zahnmediziner Hendrik Meyer-Lückel über die Tücken saurer Gummibärli, knirschende Zähne und unvorteilhafte Zahnpflegeangewohnheiten.
Herr Meyer-Lückel, können Sie sich noch an Ihre letzten Zahnschmerzen erinnern?
Ja, das ist noch gar nicht so lange her. Da hatte ich saure Gummibärli gegessen.
Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Viele Menschen klagen über Schmerzen, wenn ihre Zähne mit Süssem, Saurem, sehr Kaltem oder besonders Heissem in Berührung kommen …
Man sollte zunächst abgrenzen, ob beispielsweise Karies oder ein Zahnriss ursächlich sind und hierdurch der Zahnnerv gereizt oder geschädigt ist. Oftmals sind es aber einfach nur Missempfindungen, die dann und wann auftreten und von selbst wieder verschwinden.
Dann liegt meist das Dentin am Zahnhals oder aber auch an den Kauflächen frei. Letzteres tritt nach einigen Monaten bis Jahren vor allem bei regelmässigem und übermässigem Genuss von sauren Getränken – wie zum Beispiel von Softdrinks – auf.
Normalerweise ist der sensible Zahnbereich doch von Zahnschmelz umgeben, der uns vor schmerzhaften Attacken schützen sollte?
Das gilt für alle Bereiche der gesunden Zahnkrone, nicht aber für den Zahnhals. Dieser ist normalerweise von Zahnfleisch umgeben. Geht das Zahnfleisch zurück, zum Beispiel durch eine falsche Zahnputztechnik, liegt der Zahnhals und damit das sogenannte Zahnbein (Dentin) frei.
Dieser Zahnbestandteil ist von kleinen Kanälchen durchzogen, die bis zum Zahnnerv führen. Solange das Dentin mit einer mineralischen Schutzschicht bedeckt ist, tut das nicht weh. Beisst man aber in ein saures Nahrungsmittel, zum Beispiel in eine saure Frucht, wird diese Schutzschicht zerstört, und die Nervenkanälchen liegen frei; dann wird der Reiz bis zum Zahnnerv weitergeleitet.
Sind Früchte oder Fruchtsäfte, die viel Säure enthalten, ein häufiger Grund für diese Beschwerden?
Ja, eine Studie zeigt, dass Personen, die über einen längeren Zeitraum mindestens zehn Minuten pro Tag Früchte essen oder säurehaltige Getränke wie Fruchtsäfte oder Softdrinks konsumieren, eher unter einer Dentinhypersensibilität, wie es in der Fachsprache heisst, leiden.
Was kann man denn vorbeugend tun, wenn man gerne Früchte isst oder häufiger Softdrinks geniesst? Sofort danach die Zähne putzen oder viel Wasser trinken?
Das bringt leider nichts. Damit der Zahn wieder etwas geschützt ist und weniger empfindlich auf Reize reagiert, müssen sich erst wieder die Dentinkanälchen oberflächlich durch Remineralisationsvorgänge verschliessen. Solange sollte man säurehaltige Nahrungsmittel nach Möglichkeit meiden.
Was bedingt nützt, ist, den Speichelfluss durchs Kaugummikauen anzuregen. Hierdurch wird die Ausbildung einer schützenden Schicht aus mineralischen Speichelbestandteilen an den Zahnhälsen gefördert.
Wie putzt man sich die Zähne richtig? Gibt es eine Technik, durch die das Zahnfleisch am Zahnhals möglichst lange erhalten bleibt?
Indem man sich jeden Zahn einzeln vornimmt und dabei die Bürste – vom Zahnfleischsaum ausgehend – von rot nach weiss – führt, aber eben nicht über eine ganze Kieferhälfte schrubbt. Zu viel Druck sollte man beim Putzen auch nicht ausüben, damit das Zahnfleisch nicht verletzt wird.
Ist die Härte der Borsten einer Zahnbürste entscheidend?
In diesem Punkt sind sich die Zahnmediziner nicht ganz einig, denn wirklich gute klinische Studien gibt es dazu leider nicht. Ich empfehle den Mittelweg, also eine mittlere Borstenhärte. Von einer Bürste mit weichen Borsten rate ich eher ab, denn damit lässt sich die Plaque aus meiner Sicht schwieriger entfernen, auch wenn diese Borsten eher das Zahnfleisch schonen.
Raten Sie eher zu einer elektrischen oder zu einer Handzahnbürste?
Im Prinzip kann man mit einer Handzahnbürste sehr effektiv und kostengünstig die zugänglichen Stellen reinigen. Jemandem, der nicht gut mit einer Handzahnbürste zurechtkommt, würde ich eher eine elektrische Zahnbürste empfehlen.
Sorgen Abriebpartikel in manchen Zahncremes nicht zusätzlich für schwindendes Zahnfleisch?
Es gibt Zahnpasten mit sehr hohem Abrasionswert. Nach denen muss man allerdings suchen. Die meisten Zahncremes, die man bei uns in den Läden findet, verfügen über keinen allzu grossen «Schmirgeleffekt». Menschen mit freiliegenden Zahnhälsen würde ich aber dazu raten, ein speziell für sensible Zähne konzipiertes Produkt zu wählen.
Darin sind Stoffe enthalten, die die Nervenkanälchen verschliessen und verhindern, dass die Reize bis zum Inneren des Zahns weitergeleitet werden. Ganz wichtig ist es, generell darauf zu achten, dass die Zahncreme Fluorid enthält, um dem wesentlich grösseren Problem, der Karies, vorzubeugen.
Kann auch das nächtliche Zähneknirschen oder das Zusammenpressen der Zähne solche Probleme bereiten?
Auch das ist möglich, denn beim Zähneknirschen wird Druck auf die Zähne ausgeübt und der Zahnhals um einige hundertstel Millimeter gebogen. Hierdurch wird der Zahnschmelz in diesem Bereich – sozusagen – gelockert. Eine schrubbende Putztechnik begünstigt, dass der gelockerte Schmelz dann eher entfernt wird.
Wer mit den Zähnen knirscht, tut das unbewusst im Schlaf. Meistens nimmt nur der Partner das dadurch entstehende Geräusch wahr. Dem Zahnmediziner fällt intensives Knirschen häufig erst dann auf, wenn der Zahnschmelz an den Kauflächen abgenutzt ist. Das geschieht aber nicht von heute auf morgen.
Wie findet man heraus, ob man im Schlaf die Zähne zusammenpresst?
Bei den Betroffenen zeigt sich das durch eine sehr ausgeprägte Muskulatur im Ober- und Unterkieferbereich, und das kann dann – genau wie das Knirschen – zu Nackenverspannungen und Kopfschmerzen führen.
Eine individuell von der Zahnärztin oder dem Zahnarzt angepasste Aufbissschiene, die nachts getragen wird, mildert die Abnutzungsfolgen durch das Knirschen oder Pressen. Darüber hinaus sollte man den eigenen Lebensstil hinterfragen, denn diesen Verhaltensweisen liegt meistens Stress zugrunde. Da kann die Zahnmedizin leider nicht weiterhelfen.
Wie können Zahnärztinnen und Zahnärzte Patientinnen und Patienten mit freiliegenden Zahnhälsen helfen?
Die Kanälchen am Zahnhals können mit einem flüssigen Kunststoff versiegelt werden. Das hilft, doch der Effekt ist nicht von Dauer: Nach ein paar Monaten ist die künstliche Schutzschicht durchs Zähneputzen wieder abgetragen. Dann muss man die Behandlung oftmals wiederholen.
Mit einem chirurgischen Eingriff kann das Zahnfleisch wieder in die ursprüngliche Position zurückversetzt werden. Ist eine solche Behandlung sinnvoll?
Möglich ist das nur, wenn das Zahnfleisch in geringem Masse zurückgegangen ist. Solche Operationen sind sehr aufwendig, und man führt sie normalerweise eher aus ästhetischen Gründen durch.
Zur Person: Prof. Dr. Hendrik Meyer-Lückel ist Direktor der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin der Universität Bern.
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