Traurig und antriebslos Nur Winterblues oder eine richtige Depression?

Sabine Meuter, dpa

4.2.2020

Schlecht gelaunt oder depressiv? Dauern die Symptome länger an, sollte man sich Hilfe suchen.
Schlecht gelaunt oder depressiv? Dauern die Symptome länger an, sollte man sich Hilfe suchen.
Bild: iStock

Noch ist es kalt und die Tage kurz – nicht jeder kommt damit gut zurecht. Sorgt ein Mangel an Licht für die Verstimmung oder steckt etwas Ernsteres hinter der Antriebslosigkeit? 

Der Wecker klingelt, aufstehen! Doch gerade im Winter fehlt manchmal der Antrieb, das kuschelig-warme Bett zu verlassen. Draussen ist es noch dunkel, der Wind pfeift ums Haus, der Regen prasselt gegen die Scheiben.

Und selbst wer sich mühsam aus dem Bett quält, findet vielleicht trotzdem nie ganz heraus aus der Antriebslosigkeit. Ist das harmlos oder gefährlich?

«Das kommt darauf an», sagt Iris Hauth, Chefärztin im Alexianer Krankenhaus Berlin-Weissensee und Fachärztin für Psychiatrie. Ein vorübergehender Winterblues, der kurzzeitig auftritt und im Alltag kaum stört, kann noch völlig harmlos sein.

Dunkelheit macht müde

Ursache für die eher schlechte Laune im Winter ist oft ein Mangel an Tageslicht, der den Hormonhaushalt durcheinanderbringt. «Weniger Tageslicht führt zu einer höheren Ausschüttung des Hormons Melatonin, das müde macht», erläutert Hauth.



So ein Tief hat fast jeder schon einmal erlebt. Wenn es in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils in der kalten Jahreszeit auftritt und danach vorbei ist, sprechen Experten von SAD. Die Abkürzung steht für «Seasonal Affective Disorder», übersetzt also eine saisonale Störung der Stimmungslage – die Winterdepression.

Spaziergänge gegen die Symptome

Betroffene sind in der akuten Phase nicht nur antriebslos, sie können zum Beispiel auch ständig gereizt sein. «Neben einem höheren Schlafbedürfnis kommt es oft zu Heisshungerattacken», sagt Psychiater Ulrich Hegerl, Professor an der Universität Frankfurt.

Egal, ob Winterblues oder Winterdepression: Helfen kann es, wenn Betroffene tagsüber eine halbe Stunde spazieren gehen. «Während der hellen Stunden bildet der Körper das Glückshormon Serotonin, das den Körper aktiviert und die Stimmung hebt», erläutert Iris Hauth.

Schwer Betroffene brauchen Hilfe

Wenn all das nichts hilft und das Tief länger als zwei Wochen anhält, sollten sich Betroffene professionelle Hilfe suchen. Womöglich sind die Beschwerden Indizien für eine behandlungsbedürftige Depression. Über die Soforthilfe der Schweizerischen Gesellschaft für Angst und Depression erhalten Betroffene sofort Unterstützung, insbesondere dann, wenn sie während einer Krisensituation das Gespräch suchen.

Antidepressiva und Verhaltenstherapie

«Für das Vorliegen einer Depression spricht, wenn der Patient beispielsweise von Schuldgefühlen und Hoffnungs- wie Freudlosigkeit geplagt ist und/oder unter tiefer Erschöpfung und Gewichtsverlust leidet», erklärt Hegerl.



Helfen kann in solchen Fällen die Einnahme von Antidepressiva. «Diese Medikamente machen im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht süchtig», stellt Hegerl klar. Bei Menschen mit Depressionen sind viele Hirnfunktionen verändert – ohne dass bisher klar ist, was die genaue Ursache ist. Auch der exakte Wirkmechanismus der Antidepressiva ist noch nicht geklärt.

Generell ist ihre Wirksamkeit aber gut belegt. Allerdings ist manchmal mehr als ein Versuch nötig, bis eine Medikation gefunden ist, die der Einzelne gut verträgt und die gut wirkt. In vielen Fällen verordnet der Arzt neben Antidepressiva eine Psychotherapie.

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