Bestseller-Autorin Stefanie StahlSo findest du laut Star-Psychologin deine innere Ruhe – auch in Krisenzeiten
Carlotta Henggeler
18.10.2025
«Junge Menschen leben heute in einer viel komplexeren Welt als früher. Heute ist vieles offen, unplanbar», sagt Psychologin Stefanie Stahl über die psychologischen Probleme junger Leute. (Archivbild)
Harald Tittel/dpa
Star-Psychologin Stefanie Stahl erklärt im Interview, warum es kein Makel ist, normalgestört zu sein – sondern ein Zeichen für einen gesunden Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit.
Die deutsche Star-Psychologin Stefanie Stahl rät in Krisenzeiten zu reduziertem Medienkonsum, Selbstreflexion und Fokus auf das eigene Leben, um psychisch stabil zu bleiben.
Besonders junge Menschen leiden unter der Komplexität der heutigen Welt – kleine Schritte, stabile Routinen und gestärkter Selbstwert können helfen.
Mit ihrem Bestseller «Das Kind in dir muss Heimat finden» zeigt Stahl, wie alte emotionale Muster erkannt und überwunden werden können – bald auch in einem Filmprojekt.
Frau Stahl, wir leben in einer Zeit voller Krisen – Klimawandel, Kriege, gesellschaftliche Spaltung. Wie schafft man es, in solchen Phasen psychisch stabil und positiv zu bleiben?
Ich glaube, das Wichtigste ist, den eigenen Informationskonsum zu begrenzen. Viele Menschen – gerade junge – sind ständig online, permanent auf Instagram oder mit den News beschäftigt. Das überfordert. Niemand muss sich den ganzen Tag mit Krisen beschäftigen. Es reicht völlig, einmal am Tag die Nachrichten zu lesen. Entscheidend ist, den Fokus wieder auf das eigene Leben zu richten – auf Dinge, die innerhalb meiner Kontrolle liegen. Das bringt Stabilität.
Sie sagen, viele Probleme entstehen durch fehlende Selbstreflexion. Wie kann man verhindern, in Angst oder Ohnmacht zu verharren?
Indem man sich fragt: Kenne ich dieses Gefühl schon von früher? Viele von uns tragen unbewusst alte Muster aus der Kindheit mit sich herum – etwa Unsicherheit oder Ohnmacht, weil man damals wenig Einfluss hatte. Diese Gefühle projizieren wir dann auf die Gegenwart. Wenn man versteht, woher die Emotionen kommen, kann man sie besser einordnen – und erlebt die Welt nicht mehr als so bedrohlich.
In der Schweiz fällt auf, dass viele junge Menschen psychisch stark belastet sind. Was beobachten Sie?
Ich sehe das auch. Junge Menschen leben heute in einer viel komplexeren Welt: Klimakrise, Kriege, unsichere Zukunftsperspektiven. Früher war der Lebensweg klarer – heute ist vieles offen, unplanbar. Je weniger Halt wir in der äusseren Struktur haben, desto mehr inneren Halt brauchen wir. Das ist eine enorme Herausforderung.
Was raten Sie jungen Menschen, um mit dieser Unsicherheit umzugehen?
Zuerst einmal: sich selbst nicht zu überfordern. Viele denken, sie müssten alles sofort im Griff haben. Dabei geht es darum, kleine Schritte zu machen – etwa sich bewusst Zeit offline zu nehmen, Freundschaften zu pflegen, Routinen zu schaffen. All das gibt Sicherheit. Und natürlich: Selbstreflexion üben, sich besser verstehen lernen. Das stärkt das Selbstwertgefühl.
Ihr Bestseller «Das Kind in dir muss Heimat finden» hat Millionen Leserinnen und Leser erreicht. Warum trifft Ihre Methode so einen Nerv?
Weil sie Menschen zeigt: Niemand ist perfekt – und das ist völlig okay. Ich nenne uns «normalgestört» – wir alle haben kleine Macken, emotionale Schieflagen. Das entlastet ungemein. Viele denken: «Mit mir stimmt etwas nicht.» Wenn man begreift, dass das menschlich ist, fällt schon viel Druck ab.
Sie sprechen oft über Bindungsmuster. Welche Beziehungsfallen sind am häufigsten?
Viele geraten in Beziehungen, die sich vertraut anfühlen – aber nicht unbedingt guttun. Wer in der Kindheit wenig Sicherheit erlebt hat, sucht oft unbewusst genau dieses alte Muster. Es fühlt sich «richtig» an, weil es bekannt ist. Der Weg daraus beginnt mit Bewusstsein: Wenn ich erkenne, welches Bindungsmuster ich habe, kann ich es verändern. Auch als Erwachsener. Es ist Arbeit – aber möglich.
Ein zentrales Thema in Ihrer Arbeit ist der Selbstwert. Warum tun sich so viele Menschen schwer damit?
Weil wir oft gelernt haben, Liebe an Bedingungen zu knüpfen – Leistung, Anpassung, Anerkennung. Selbstwert heisst aber: Ich bin okay, einfach weil ich bin. Viele müssen das erst wieder lernen. Und ja, in einer schnellen, lauten Welt fällt es schwer, in sich hineinzuhören. Aber genau das ist die Voraussetzung für innere Ruhe.
Sie arbeiten derzeit an einer Filmadaption von «Das Kind in dir muss Heimat finden». Wie weit ist das Projekt?
Der Film ist in Arbeit, und ich freue mich sehr darüber. Mir war wichtig, dass die psychologische Tiefe der Figuren erhalten bleibt – dass es eben nicht nur ein schöner Unterhaltungsfilm wird, sondern einer, der berührt und zum Nachdenken anregt.
Sie haben angekündigt, sich nach Ihrem nächsten Buch zurückzuziehen. Warum dieser Schritt?
Ich spüre, dass ich nach all den Jahren mal einen Gang herunterfahren möchte. Natürlich kommen einem immer wieder neue Ideen – aber es ist auch wichtig, Pausen zuzulassen. Ich will die Zeit nutzen, um das, was ich aufgebaut habe, bewusst zu geniessen.
Sie treten bald in der Schweiz auf. Worauf dürfen sich Ihre Fans hier freuen?
Ich freue mich riesig auf die Schweiz – die Menschen hier sind sehr offen, reflektiert und herzlich. In meinem Workshop geht es um Selbstwert und innere Stärke – Themen, die gerade in dieser Zeit enorm wichtig sind. Ich möchte die Teilnehmenden ermutigen, sich selbst besser kennenzulernen, alte Muster zu verstehen und Vertrauen in ihre eigene Kraft zu entwickeln.
Zum Schluss: Haben Sie eine Botschaft für Ihre Schweizer Fans?
Ja: Seien Sie milde mit sich selbst. Wir alle machen Fehler, sind mal überfordert oder traurig – das ist menschlich. Entscheidend ist, dass wir lernen, uns selbst mit Mitgefühl zu begegnen. Das ist die Grundlage für seelische Gesundheit.
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