Plagegeister Soll ich Wespen töten? – Das müssen Sie über die Hautflügler wissen 

Von Julia Käser

15.8.2020

Sie stören momentan jedes gemütliche Nachtessen auf dem Balkon: die Wespen. Was kann man gegen die gelb-schwarzen Plagegeister tun? Und darf man ihre Nester sorglos vernichten? Ein Experte klärt auf. 

Eigentlich kennen wir es alle: Kaum hat man sich an den Tisch im Freien gesetzt, werden die aufgeschnittene Melone und das Stück Fleisch von gierigen Wespen umzingelt. In diesem Jahr jedoch scheinen die gelb-schwarzen Hautflügler noch aggressiver und zahlreicher als gewohnt – so die subjektive Wahrnehmung vieler. 

Zumindest im Kanton Zürich verursachen die Wespen momentan tatsächlich mehr Probleme als in anderen Jahren. Hier war die Zahl der Rettungsdiensteinsätze infolge Wespenstichen im vergangenen Monat aussergewöhnlich hoch. 

Während im Juli 2018 insgesamt 83 und 2019 total 79 Einsätze mit dem Stichwort «allergische Reaktion» erfolgten, gingen in diesem Juli 139 entsprechende Meldungen auf der Notrufnummer ein. Die Ursache waren stets Stiche von Wespen oder Hornissen. 

Anders in der Region Bern. Auf Anfrage heisst es bei Schutz und Rettung Bern, für die Region Bern, Frauenkappelen und Bremgarten bewegten sich die Einsätze aufgrund von Wespenstichen im gewohnten Rahmen und in etwa auf demselben Niveau wie im Vorjahr. 

Diese Angaben decken sich mit der Einschätzung von Hannes Baur, Kurator für die Insektensammlung am Naturhistorischen Museum Bern. «Wespen gehören zum Sommer. In der Region Bern gibt es meiner Wahrnehmung nach dieses Jahr nicht viel mehr von ihnen als sonst – anders als offensichtlich in Zürich.» Solch regionale Unterschiede habe es bereits 2018 gegeben.

Das kann man gegen die lästigen Wespen am Tisch tun

Von einer generellen «Wespenplage» zu sprechen, ist laut dem Experten auch aus anderweitigen Gründen verfehlt. «Gelb-schwarze Wespen gibt es ungefähr 20 Arten. Auf unser Essen stürzen sich nur zwei von ihnen – die Deutsche und die Gemeine Wespe.» 

Wird man von diesen belästigt, sollte man keinesfalls wild mit den Armen in der Luft rumfuchteln. Will man den Wespen nicht ausweichen, empfiehlt Baur den Griff zum Fliegentätscher. Auch könnte man versuchen, sie mit Wasser aus dem Zerstäuber abzuspritzen – diese Methode sei auf jeden Fall harmlos. 

Keine gute Idee sei es hingegen, die Tiere mit süssen Säften anzulocken, damit sie darin ertrinken würden: «Dann stürzt sich die Hälfte der Wespen darauf und die andere aufs Essen.» Ein effizientes Mittel stelle Rauch dar – doch von diesem fühlen wir uns gleichermassen gestört wie die Wespen. 

Experte Hannes Baur empfiehlt den Griff zum Fliegentätscher, fühlt man sich von einer Wespe belästigt. Wenig hilfreich sind hingegen süsse Säfte. 
Experte Hannes Baur empfiehlt den Griff zum Fliegentätscher, fühlt man sich von einer Wespe belästigt. Wenig hilfreich sind hingegen süsse Säfte. 
Bild: Keystone

Dass es dieses Jahr regional viele Wespen gibt, lässt sich durch den relativ warmen Frühling erklären. Im April oder Mai – je nach Witterung – beginne die begattete Wespenkönigin ganz alleine mit der Gründung eines Staates, so Baur. «Sobald sie die ersten Zellen gebaut hat, schlüpfen die ersten Arbeiterinnen.» Diese würden der Königin anschliessend alle Arbeit abnehmen, damit sie sich vollständig aufs Eierlegen konzentrieren könne.

«Gibt es im Juni plötzlich einen Temperatursturz, der mehrere Tage anhält, gehen viele Nester ein oder das Wachstum der Kolonie wird gehemmt.» Das führe dann dazu, dass im Sommer weniger Wespen unterwegs seien als nach einem durchgehend milderen Frühling. 

Experte: Wespen sind ausserordentlich nützlich

Gemäss Baur bilden die Deutsche und die Gemeinde Wespe die mit Abstand grössten Nester, ihre Kolonien zählten ungefähr bis zu 10'000 Individuen. Ihre Nester befänden sich stets in Hohlräumen, beispielsweise im Storenkasten, in einem erweiterten Mauseloch oder in einer Holzkiste. 

Ebendiese Nester gilt es laut dem Experten denn auch zu vernichten, sollte es sich im eigenen Garten oder am Haus befinden. «Am besten ruft man dazu einen Schädlingsbekämpfer, der über die entsprechende Schutzkleidung verfügt und über die richtige Dosis Gift genauestens Bescheid weiss», so Baur. 

Zudem habe der Schädlingsbekämpfer ein Auge für Orte, an denen Wespennester potenziell entstehen könnten und könne präventiv eingreifen. Davon, das Nest selbstständig wegzumachen, rät er ab: «Die Gefahr, mehrfach gestochen zu werden, ist gross.» 

Sorgen um die Tiere, die durch die Zerstörung des Nestes sterben, müsse man sich nicht machen, so Baur. Bei der Deutschen und Gemeinen Wespe handle es sich um die häufigsten Arten. Das Vernichten einzelner Nester habe keinerlei Auswirkungen auf die Populationen insgesamt, sorgt jedoch für Erleichterung in unmittelbarer Nähe eines Nistplatzes.

Anders sieht es bei fussball- oder scheibenförmigen Nestern aus, die sich an exponierteren Stellen befinden. «Diese werden von Langkopf- oder Feldwespen gebaut, die friedlich sind, solange man ihr Nest in Ruhe lässt. Sie kommen von sich aus auch nicht an den Gartentisch und stören beim Essen oder greifen an», erklärt Baur. Im Gegenteil: Diese Wespen seien nützlich und interessant zu beobachten.

«Wespen verzehren pflanzenfressende Insekten, zum Beispiel viele gefrässige Schädlingsraupen. Sie haben also eine regulierende Funktion und sorgen dafür, dass die Schädlinge nicht alles kahl fressen.» Das Fazit des Experten: Obwohl sie uns lästig werden könnten, hätten Wespen ein viel zu schlechtes Image. 

Das gilt es bei einem Wespenstich zu beachten

Menschen, die unter einer Wespengiftallergie leiden, sollten sich sofort an den Notfall wenden, rät Experte Baur. Für alle anderen seien Wespenstiche nicht gefährlich, jedoch schmerzhaft. Hier könne man mit einer Salbe Abhilfe schaffen. 

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