Kolumne am Mittag Alle Augen richten sich auf den Weltklassehandballer Andy Schmid 

Von Markus Wanderl

14.1.2020

Sieht nach Selfie aus: Andy Schmid, inmitten von Fans. 
Sieht nach Selfie aus: Andy Schmid, inmitten von Fans. 
Bild: Keystone

Die Schweiz hat in Andy Schmid seit vielen Jahren einen Weltklasse-Handballer. Ab 18.15 Uhr bedarf es eines – mit Verlaub – EM-Wunders durch den Horgener und seiner Teamkollegen. 

Um es vorwegzunehmen: Die Chancen, dass das Schweizer Handball-Nationalteam heute gegen Slowenien das dritte und letzte Vorrundenspiel (18.15 Uhr) an der Dreiländer-Europameisterschaft mit mindestens acht Toren Differenz gewinnt, sind ungefähr so gross wie jene, dass in Zürich morgen Mittwoch zwei Meter Schnee liegt. Okay, ein Meter. Nein, als Optimist sage ich: 30 Zentimeter.

Jedenfalls erreichten die Schweizer – zwei Teams kommen in den Vierer-Vorrundengruppen jeweils weiter –, dann die Hauptrunde am Turnier in Schweden, Norwegen und Österreich, was fürwahr ein exquisiter Erfolg wäre, einer für die Annalen des Schweizerischen Handball-Verbands (SHV).

Und sind nicht bereits die Wunderhandballer, die freilich gealterten Franzosen bereits ausgeschieden, und bangt nicht sogar der Weltmeister Dänemark noch ums Weiterkommen? 

Man bedenke freilich noch einmal: Der Sieg gegen Polen im zweiten Vorrundenspiel (31:24) war überhaupt erst der zweite Sieg einer Handball-Schweizer Nationalmannschaft an einer EM (2004 war – in Slowenien – ein Erfolg gegen die Ukraine geglückt, 25:22).

Als Schmid die Polen schlug

Bloss war den Schweizern einschliesslich Andy Schmid im EM-Auftaktspiel gegen Schweden nicht viel gelungen beim 21:34, weshalb wiederum die Leistung Schmids gegen Polen wie für die Katz’ daherkommt – 15 Tore, sechs verwandelte Siebenmeter bei sechs Versuchen, Anspiele aus allen Lagen, personifizierte Weltklasse eben.

36 ist Schmid mittlerweile, und noch immer geht kaum jemand anderes mit einem (Hand-)Ball besser um als der Horgener, Kobe vielleicht, aber Schmids Labrador fängt die Bälle brillant mit der Schnauze, nicht mit den Pfoten, und sie entstammen dem Tennis.

Zum Handball kam Schmid, weil es bei seinem Fussballturnier, an dem er mit auflief, zu regnen begann, sechs oder sieben war er da ­– so hat es der «Blick» zum Turnierbeginn in Erfahrung gebracht. Schmid schläft darüber hinaus demnach gern, sieht sich aber nicht als Musterprofi, als Kind wollte er Feuermann werden, und Babyöl hat er deshalb im Haushalt, um den Harz von den Händen zu kriegen, den die Handballer verwenden, damit das Spielgerät griffiger ist. Und seinen bereits erwähnten Hund hat er deshalb Kobe genannt, weil er, also Andy, nicht Kobe, ein Fan des früheren NBA-«Supersuperstars» (Pep Guardiola) Kobe Bryant ist.

Es klingt schon ein wenig Wehmut mit, wenn Schmid heute in der «NZZ» sagt: «Schade, dass ich schon so alt bin.»

Andy Schmid, nicht aufzuhalten.
Andy Schmid, nicht aufzuhalten.
Bild: Keystone

Seinen lukrativen Vertrag beim deutschen Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen hat er in 2018 vorzeitig noch einmal bis 2022 verlängert. Gut gefällt's Schmid in der sogenannten Metropolregion Rhein-Neckar. Kein Wunder: Zwischen 2013 und 2018 ist er dort sage und schreibe fünfmal in Serie als wertvollster Bundesliga-Spieler ausgezeichnet worden, zweimal hat er mit dem «Löwen» die Meisterschaft gewonnen, einmal den EHF-Cup, nie die Champions League.

Trotzdem ein Welthandballer 

Vielleicht deshalb, weil ihm der ganz grosse internationale Erfolg im Palmarès fehlt, hiessen die Welthandballer seit Karrierebeginn 2003: Fritz, Sterbik, Balic, Karabatic, Omeyer, Szmal, Jicha, Hansen, Narcisse, Diuvnjak – und eben nicht Schmid.

Doch nicht auszudenken, schafften die Schweizer heute gegen Slowenien das schier Unmögliche. Und Schmid würfe diesmal – sagen wir – 16 Tore. Und gewönnen die Schweizer dann auch in der Hauptrunde Match um Match und erreichten dann die Halbfinals und … – Schmid würde im März doch noch zum Welthandballer gekürt.

Regelmässig gibt es werktags um 11.30 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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