Kult oder Wahnsinn? Von Aug bis Fuss: Die 10 meist tätowierten Menschen der Welt

Kerstin Degen

8.5.2018

Tätowierungen, Brandzeichen, Implantate, alles Zeichen von Zugehörigkeit und Identifikation – allerdings für Haus- und Zuchttiere und vielleicht für Stammesangehörige. Doch die Kunst der «Body Modification» breitet sich auch in der westlichen Welt aus. Was steckt dahinter?

Tattoos oder Kunst am Körper gibt es seit Menschengedenken. Den Beweis dafür lieferte vor einigen Jahren die Gletschermumie Ötzi. Der über 5000 Jahre alte Mann aus dem Eis trug 61 Strichmuster, verteilt über den ganzen Körper.

Entstanden sollen die Markierungen sein, indem Kohlepulver in die Wunden gerieben wurde, bestimmt eine schmerzhafte Angelegenheit – damals wie heute. 

Matrose, Knasti oder Modeikone?

Bleibt die Frage: Weshalb erdulden heute immer viele Menschen diesen Schmerz? Warum setzen sie sich ihm wieder und wieder aus?

Und das obwohl einer Tätowierung, besonders dort, wo sie in gehäufter Form auftritt, noch immer ein gewisses Stigma anhaftet: Provokateur, Alkoholiker, Assi, Knasti ... Die Liste der Vorurteile, die sich Tätowierte anhören dürfen, ist schier endlos. 

Bereits jeder fünfte Deutsche soll heute ein Tattoo tragen, in der Schweiz soll es ähnlich sein. Das Phänomen, das auch andere Arten der «Body Modification» umfasst, zum Beispiel Piercing, Branding oder Implants, begann in den 1990er Jahren als Ausdruck einer Jugendkultur.

Individualismus ist gefragt wie nie zuvor. Und so findet man auf den internationalen Laufstegen nicht nur elfenhafte Models, sondern eben auch Tattoo-Models und Performancekünstler wie den 33-jährigen Rick Genest aka «Zombie Boy».
Individualismus ist gefragt wie nie zuvor. Und so findet man auf den internationalen Laufstegen nicht nur elfenhafte Models, sondern eben auch Tattoo-Models und Performancekünstler wie den 33-jährigen Rick Genest aka «Zombie Boy».
Getty Images

Heute ist die Körperkunst in allen Gesellschaftsschichten verbreitet. Selbst Kinder kleben sich nur zu gerne Abziehtattoos an die Arme und führen sich auf wie kleine Rebelle. Das Tattoo wurde längst zum Modeaccessoire.

Vielleicht ist genau diese Annäherung an den Mainstream der Grund, weshalb manche Menschen ihren gesamten Körper als Leinwand zur Verfügung stellen. Eine Tätowierung reicht schon lange nicht mehr aus, um ihren Träger als Individualisten zu inszenieren.

Denn die Körpermodifikation ist klar ein Ausdruck der Selbstdarstellung. Und doch sind es bei weitem nicht immer die Extrovertierten, die sich in ein lebendes Kunstwerk verwandeln lassen, im Gegenteil. 

Tätowierung als Therapie

Die US-Amerikanerin Julia Gnuse hat es als meisttätowierte Frau der Welt ins Guinness Buch der Rekorde 2017 geschafft. 95 Prozent ihres Körpers wurde mit Tinte verschönert. Doch der Anlass für die ersten Tattoos war nicht etwa der Drang zur Selbstdarstellung.

Gnuse leidet an «kutaner Porphyrie», einer schmerzhaften Lichtempfindlichkeit die zu Narben- und Bläschenbildung auf der Haut führt. Die Amerikanerin begann, die Stigmen ihrer Krankheit mit Tattoos zu überdecken, zuerst nur mit Hautfarbe, doch die Narben blieben sichtbar. Und so zierten nach und nach zahlreiche farbige Motive ihren Körper und brachten ihr den Übernahmen «Illustrated Lady».

Wundersame Verwandlung: Für eine Make-Up-Werbung wird «Zombie Boy» zum Mann von nebenan.

Youtube

Mit 16 Jahren liess sich der Kanadier Rick Genest sein erstes Tattoo stechen. Sein Entschluss, seinen gesamten Körper in das Motiv einer Leiche zu verwandeln, wurde beeinflusst durch die Diagnose Hirntumor, die er mit 15 Jahren erhalten hatte. Nach überstandener Operation begann er im Alter von 19 Jahren mit der Verwandlung.

Heute ist er bekannt als «Zombie Boy». Seine Geschichte gleicht einem Märchen, von Lady Gagas Stylist entdeckt spielte er in ihrem Video «Born This Way», landete zahlreiche Werbedeals und läuft heute über die internationalen Laufstege. 

Ausdruck von Persönlichkeit

Wissenschaftler gehen davon aus, dass auch Ötzis Tattoos nicht eine Form von Körperschmuck darstellten. Sie dienten wohl der Schmerztherapie, ähnlich einer Akkupunktur im heutigen Sinne.

Aber nicht hinter jeder Extremform der Körperkunst steckt eine schicksalsschwere Geschichte. Manchmal ist es eben tatsächlich Ausdruck von Persönlichkeit.

Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters. In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen Ganzkörpertätowierungen in ihrer schönsten, schrägsten und kuriosesten Form.

Zurück zur Startseite