Protokolle der Nacht (2/3) «Schwere Schlägerei im Club. Der Anlass ist mir unbekannt ...»

Von Bruno Bötschi

1.10.2019

Nicht nur der Lebensstil von Hotelkönig Hatt war illuster, auch die Gäste im Hotel Nova-Park in Zürich.
Nicht nur der Lebensstil von Hotelkönig Hatt war illuster, auch die Gäste im Hotel Nova-Park in Zürich.
Bild: Keystone

Berühmte Musiker wie Alice und Chris de Burgh verstanden es, die Mitarbeitenden des Zürcher Luxushotels Nova Park in den 1980ern auf Trab zu halten. Und dann kamen auch noch israelische Agenten zu Besuch.

«Der Hatt, der hat.» So titelte die «Schweizer Illustrierte» am 3. März 1978. «Schon immer waren die Schweizer Hotelkönige. Einer ist jetzt daran, sich ein Weltreich zu schaffen.»

Die Homestory über den «gewieften Unternehmer» René E. Hatt war eine Lobhudelei über fünf Seiten. Hatt redete oft mit Journalisten. Er sprach über seine Hotelpläne genauso gern wie über seine 18-Stunden-Tage und den kreativitätsfördernden Bedarf an täglich ein bis zwei Flaschen Champagner seiner Lieblingsmarke Roederer-Crystal. Die Publicity vernebelte, dass Hatt nach seinem Zürcher Nova-Park-Erfolg nicht mehr so recht vorankam.

Nicht nur der Lebensstil von Hatt war illuster, auch die Gäste im Hotel Nova-Park in Zürich – Musikgrössen wie Chris de Burgh und Alice stiegen dort ab, genauso wie reiche Araber, israelische Geheimagenten und Prostituierte.

16. Oktober 1982

Herr Krämer (Chef de Bar, Anmerkung der Redaktion) hat mich davon in Kenntnis gesetzt, dass sich in Zimmer 2407 zwei Damen des horizontalen Gewerbes befinden. Herr Krämer hat bereits beiden «Damen» Barverbot erteilt. Auf dem Bulletin ist als Beruf «Hausfrau» angegeben, was wohl in diesem Fall eine Neuinterpretation dieses Berufes darstellt. (...)

21. November

(...) Gegen 1.45 Uhr kam ein Herr blutverschmiert an die Réception. Er sagte, er sei auf dem Parkplatz überfallen worden – von drei Asiaten. Ich verständigte die Ambulanz (die wegen Überlastung jedoch nicht kam) und die Kapo. (...) Ich führte Herrn Huber (den Beschädigten) ins Büro, um ihn und seine Frau zu beruhigen, bis die Kapo eintraf. (...)



27. November

Herr Twersky (2310) beschwert sich, er würde «verfolgt». Ich bin dem nachgegangen und befürchte, dass er recht hat. Er zieht heute um. Ich habe ihn gefragt, ob er wünsche, dass wir die Kapo einschalteten, was er verneinte. Herr Twersky ist Chef einer israelischen Sicherheitstruppe, die eine sehr wichtige Persönlichkeit schützen soll. (...)

28. November

Frau Maurer (3240) leidet offensichtlich an einer Nervenkrankheit. Immer wenn sie abends einschlafe, fange das Bett an zu hüpfen. Ausserdem werde sie mit Laserstrahlen beschossen, was der Grund für ihre geschwollenen Hände und Zunge sei. Schuldig beziehungsweise «die Täter» sollen die Mieter über ihr sein, deren Namen sie mir auch gab. Von diesen existiert nicht einer im Hotel. (...)

5. Dezember

Mussten die Wagen den Musikern von Alice eine Parkbusse ausstellen, da sie ihre PKW vor den Hoteleingang parkiert hatten und trotz mehrmaliger Aufforderung nicht bereit waren, sie umzuparkieren. Auch sonst verstand es die Gruppe, uns in «Atem» zu halten (...)

6. Dezember

(...) die Musiker von Alice waren nur schwer zu kontrollieren.

Das Fünfsternhaus Nova-Park war bei seiner Eröffnung mit mehr als 1'000 Betten das grösste Hotel von Zürich und das drittgrösste der Schweiz.
Das Fünfsternhaus Nova-Park war bei seiner Eröffnung mit mehr als 1'000 Betten das grösste Hotel von Zürich und das drittgrösste der Schweiz.
Bild: Keystone

23. Dezember

Herr Abul Said rief von ausserhalb an und verlangte eine Telefonnummer, unter der er eine «Dame» anfordern könne. Ich sagte ihm, wir würden und dürften solche Auskünfte nicht geben. Herr Said war empört, er wird sich beschweren. (...)

22. Februar 1983

Nachdem Herrn Kümin in der Bar eine Dame belästigt hatte und ihr gegenüber handgreiflich wurde, kam es zu einer «leichten» Schlägerei zwischen Herrn Kümin und einem Herrn, der die Dame in Schutz nehmen beziehungsweise vor weiteren Traktierungen bewahren wollte. Wir nahmen seine Personalien auf und erteilten ihm Hausverbot. Der Sachverhalt war eindeutig. (...)

23. Februar

Sehr viele Probleme mit der Band von Chris de Burgh. Mehrere Gäste reklamieren, sie würden sich belästigt fühlen. Ich war natürlich darum bemüht, die Lärmquelle ausfindig zu machen. Auf der Etage war es jedoch jedes Mal ruhig, als ich hinaufkam. Herr Kopitovolos (2104) zog schliesslich um circa 5.30 Uhr um. Er wechselte somit zweimal an einem Tag das Zimmer. Er sagte, die Musiker würden grölend von einem Zimmer ins andere laufen. Sie würden die Radios auf volle Lautstärke stellen und dann wieder zurückdrehen. Zuvor musste ich eine Zimmertür (1507) freiräumen. (...)



11. März

Mr. Newark, 1224, hat einen Streit mit seiner Frau gehabt. Nachdem er sie geschlagen hatte (sie blutet aus der Nase und hat ein blaues Auge), verliess Mrs. Newark das Zimmer. Ich gab ihr Zimmer 2400. Sie wollte nicht, dass ihr Mann davon etwas erfährt. Dr. Kraska vom Notfalldienst hat sie behandelt. (...)

8. April

Mr. McPhaden aus den USA muss unbedingt seine Rechnung begleichen, oder zumindest muss festgestellt werden, ob er zahlungsfähig ist. Er ist jede Nacht betrunken und telefoniert für viel Geld. Letzte Nacht für über 1000 Franken. (...)

8. Mai

Schwere Schlägerei im Club. Der Anlass ist mir unbekannt. Herr Stebler, ein Gast, wurde übel zugerichtet. Ich musste den Notarzt rufen, da der Herr stark aus dem Ohr blutete. Herr Kuoni kam und schickte Herrn Stebler sofort mit dem Taxi ins Limmatspital. (...)

Protokolle der Nacht (Teil 2)

Was in einem Hotel nach dem Eindunkeln so passiert: «Bluewin» hat exklusiv Einblick in die Protokolle der Nightmanager des Nova-Parks erhalten. Sie erzählen Geschichten, die sich von 1981 bis 1985 in Zürichs grösstem Hotel abgespielt haben. Die Hefte hätten vor Jahren geschreddert werden sollen – stattdessen bewahrte sie ein Ex-Mitarbeiter bei sich zu Hause auf. Den ersten Teil der Serie finden Sie unter folgendem Link.

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