Zum Swiss Overshoot Day«Die Schweiz ist kein Reparatur-Land»
Marjorie Kublun
7.5.2025
«Wir haben in unserem Alltag die Tradition und das Bewusstsein der Reparatur weitgehend verloren», betont Anna Vetsch, Teamlead Nachhaltigkeit bei Transa.
Transa Bushcraft 2023
Anlässlich des «Swiss Overshoot Day» am 7. Mai hat sich blue News in einer Zürcher Reparaturwerkstatt für Outdoor-Kleidung umgesehen.
Der «Swiss Overshoot Day» 2025 fällt ganze zwanzig Tage früher als noch 2024. Er markiert den Tag, an dem die Schweiz – rein rechnerisch – sämtliche natürlichen Ressourcen verbraucht hat, die ihr die Erde für ein ganzes Jahr zur Verfügung stellen kann. Ab diesem Moment lebt das Land ökologisch «auf Pump». Ein Alarmsignal – auch für die Modebranche und Konsument*innen.
«Die Schweiz ist sehr stark im Konsumieren», sagt Anna Vetsch, Nachhaltigkeitsverantwortliche bei Transa. Durchschnittlich verbraucht jede Person in der Schweiz über 14 Kilo Textilien pro Jahr – deutlich mehr als der globale Durchschnitt. Viele dieser Kleidungsstücke werden nur wenige Male, manchmal gar nicht getragen, bevor sie im Abfall landen.
Reparieren statt wegwerfen
«Wir haben im Alltag weitgehend die Tradition und das Bewusstsein für Reparaturen verloren», betont Vetsch. Um dem entgegenzuwirken, hat Transa mitten in Zürich eine 600 Quadratmeter grosse Reparaturwerkstatt eingerichtet – ein konkretes Engagement für mehr Nachhaltigkeit.
Um zu versuchen, diesen Trend umzukehren, hat Transa eine 600 Quadratmeter grosse Reparaturwerkstatt im Herzen von Zürich eingerichtet.
Transa Bushcraft 2023
«Das fällt besonders auf im Vergleich zu Ländern des Südens, wo Reparieren ganz selbstverständlich zum Alltag gehört. In Marokko etwa sind Reparaturwerkstätten – vom Schuster bis zum Elektronikreparateur – fester Bestandteil des Stadtbilds», erklärt sie. Auch wenn Reparieren in Wohlstandsgesellschaften noch eine Nebenrolle spielt, könnte sich das ändern: «Nachhaltigkeit setzt sich langsam im Bewusstsein durch, und die Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung. Wir sehen es täglich: Die Nachfrage nach Reparaturen wächst stetig.» Die Zahlen sprechen für sich: 2021 verzeichnete Transa 15’511 Reparaturen – 2024 waren es bereits 23’890.
Abgerissene Knöpfe, aufgerissene Nähte, abgetragene Hosen: Was früher selbstverständlich geflickt wurde, landet heute oft im Abfall. Dabei ist Reparieren eines der effektivsten Mittel, um die ökologische Modebilanz zu verbessern. Jedes Kleidungsstück, das gerettet wird, bedeutet: weniger Ressourcenverbrauch, weniger CO2-Ausstoss, weniger Abfall.
Weniger, aber dafür besser kaufen, Kleidung pflegen und reparieren, auf Secondhand setzen oder nachhaltige Labels unterstützen – all das sind konkrete Schritte, um den eigenen Impact zu reduzieren. Und vielleicht, eines Tages, den «Swiss Overshoot Day» ein wenig nach hinten zu verschieben.
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