Weihnachtsbeleuchtung ja oder nein? Dieser Advent wird so oder so düster

Von Caroline Fink

25.11.2022

Lucy leuchtet trotz Energiekrise: «Keine Beleuchtung fände ich doof» – «Man sollte sie abstellen»

Lucy leuchtet trotz Energiekrise: «Keine Beleuchtung fände ich doof» – «Man sollte sie abstellen»

Die Zürcher Weihnachtsbeleuchtung «Lucy» leuchtet wieder. Wegen der Stromknappheit bleibt sie jedoch weniger lang als üblich eingeschaltet. blue News wollte wissen, was die Menschen davon halten – und ob sie selber Strom sparen.

24.11.2022

Diesen Winter sparen wir alle Strom. Doch wie verhält es sich mit der Adventsbeleuchtung? Vertretbar oder Zeichen mangelnden Gemeinsinns? Die Kolumnistin sieht einen düsteren Advent auf uns zukommen.

Von Caroline Fink

25.11.2022

Seit Jahren fotografiere ich im Dezember Weihnachtsbeleuchtung. Sterne aus Lametta, leuchtende Hirsche in Gärten, Lichterketten an Baukranen.

Nicht, dass ich Weihnachten besonders schätze. Zumindest nicht in der Form, wie Kommerz und Werbung sie uns aufzwingen will.

Wenn, dann mag ich den Jahreswechsel als Zeit des Innehaltens. Um zurück und nach vorn zu blicken und auch: zu beobachten, was andere in ihren Gärten und Schaufenstern, an Fassaden und auf Balkonen zur Adventszeit alles zum Leuchten bringen.

Duschen statt baden

Doch heute bin ich mit dem Velo an zwei Plakaten vorbeigefahren, die mich jäh an mein weihnächtliches Bildprojekt erinnerten.

Denn auf den Plakaten mahnten Bund und Stadt uns alle, diesen Winter Strom zu sparen.

Zur Autorin: Caroline Fink
Bild: Gaudenz Danuser

Caroline Fink ist Fotografin, Autorin und Filmemacherin. Selbst Bergsteigerin, mit einem Flair für Reisen abseits üblicher Pfade, greift sie in ihren Arbeiten Themen auf, die ihr während Streifzügen in den Alpen, den Bergen der Welt und auf Reisen begegnen. Denn von einem ist sie überzeugt: Nur, was einen selbst bewegt, hat die Kraft, andere zu inspirieren.

Etwa indem wir duschen anstatt baden oder Wäsche an der Luft trocknen anstatt im Tumbler.

Wie aber – so fragte ich mich auf einmal – verhält es sich mit der Adventsbeleuchtung?

Die nächste Debatte, die unsere Gesellschaft entzweit?

Als ich am selben Abend nach Hause radelte, fiel mir auf, dass nirgends Weihnachtsdeko leuchtete. War der Advent einfach noch zu weit weg? Oder hatten manche sich bereits gegen die Lichterkette am Balkongeländer entschieden?

Unabhängig von der Antwort, sah ich sie mit einem Mal auf uns zukommen: Die nächste Debatte, die unsere Gesellschaft entzweien würde.

Die Adventsbeleuchtung des Ober-Gebäudes, das das Casino beherbergt, in Zürich.
Die Adventsbeleuchtung des Ober-Gebäudes, das das Casino beherbergt, in Zürich.
Bild: Caroline Fink

Artikel in Zeitungen und Gegenartikel, Kolumnen und Leserbriefe, bundesrätliche Anweisungen, Stammtischpalaver und mehr oder weniger gesittete Diskussionen im «Club» oder in der «Arena» – alle über ein und dasselbe Thema: Adventsbeleuchtung.

Je länger meine Velofahrt dauerte, desto mulmiger wurde mir. Ich erinnerte mich an die täglichen Diskussionen über Massnahmen, Zertifikate und Vakzine.

Eine Meinung, die im Dunkeln leuchtet

Und nun schien mir, dass es diesmal noch viel gnadenloser werden würde: Konnte man sich beim Thema der Impfung bis zu einem gewissen Grad bedeckt halten, so würde es bei der Weihnachtsbeleuchtung anders.

Pointiert gesagt: Entweder dein Balkongeländer aka dein Hirsch aka dein Shop leuchtet – oder eben nicht.

Ein nicht-elektrifizierter Eisbär im französischen Annecy
Ein nicht-elektrifizierter Eisbär im französischen Annecy
Bild: Caroline Fink

Wenn das keine Eskalation innerhalb unserer Diskussionskultur ist: eine Meinung, die im Dunkeln leuchtet. So werden die einen, allen Ermahnungen zum Trotz, die Lichtlein im Vorgarten anknipsen, derweil andere auf stille Nacht, dunkle Nacht setzen werden.

Und wieder andere werden grad extra dreifache Lichterketten um die Hecke wickeln, vielleicht gar verbunden mit einer elektrisch leuchtenden Treichel? Letztere wären dann kein leuchtendes Beispiel in Sachen Gemeinsinn anhand einer Beleuchtung – nun wird es schon fast dialektisch.

Ein dekorierter Baukran im Wallis.
Ein dekorierter Baukran im Wallis.
Caroline Fink

Ich bleibe jedenfalls gespannt und werde, wie jedes Jahr, eine Kerze in der Laterne vor dem Fenster anzünden. Noch bin ich jedoch unschlüssig, wie es diesen Advent mit meinem Bildprojekt weitergehen soll.

Kerzen und Finsternis fotografieren als Abbild der Zeichen der Zeit? Oder mich bei allen bedanken, die dennoch Lichterketten ins Dunkel bringen?

Wie auch immer: Ich wünsche Ihnen einen frohen Advent! Auch wenn dieses Jahr kaum ein elektrisches Lichtlein brennt.

Weihnachtslichter ja oder nein? Sag uns bitte deine Meinung.