Kolumne am Mittag Fränzi Kühne fragt Männer nach ihren Schuhen und der Familie

Von Lukas Meyer

17.6.2021

Fränzi Kühne gründete die erste Social-Media-Agentur Deutschlands und ist heute Beraterin und Autorin.
Fränzi Kühne gründete die erste Social-Media-Agentur Deutschlands und ist heute Beraterin und Autorin.
Getty Images

Kleider, Aussehen, Kinder: Unternehmerin Fränzi Kühne hat für ein Buch Männern all die Fragen gestellt, die bei Interviews sonst nur Frauen beantworten sollen.

Von Lukas Meyer

17.6.2021

«Hat man Sie schon einmal wegen Ihrer optischen Attribute befördert?» Eine Frage, die Frauen in Politik und Wirtschaft gerne gestellt wird. Oder: «Mussten Sie sich zwischen Kindern und Ihrem Start-up entscheiden?» Und noch eine.

Das Problem: Solche Fragen werden nur Frauen gestellt.

Die deutsche Unternehmerin Fränzi Kühne hat den Spiess umgedreht. Sie hat die Fragen gesammelt, die sie in Interviews beantworten sollte, und sie an Männer weitergegeben. Für ihr Buch «Was Männer nie gefragt werden» hat sie Interviews geführt mit Topmanagern wie Joe Kaeser, Politikern wie Gregor Gysi oder Heiko Maas, Werbern wie Jean-Remy von Matt oder Youtubern wie Fynn Kliemann.

«Wir stecken tief im Klischee- und Rollendenken»

Diese reagierten meistens zuerst verunsichert, eingeschüchtert, beleidigt – bis sie verstanden, worum es geht. Bei Frauen geht es immer auch um ihre Rolle als Frau und sie werden nach angeblichen Frauenthemen wie Klamotten, Aussehen oder Familienpflichten befragt. Bei Männern halte man solche Fragen schlicht für irrelevant – sie werden zum Beispiel nach ihren Visionen befragt.

«Auch im nun dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts stecken wir tief im Klischee- und Rollendenken», schreibt Kühne. Dieser Denkweise will sie einen Spiegel vorhalten und ihre Absurdität sichtbar machen.

Kühne wurde 1983 in Berlin geboren und brach mit 25 ihr Studium ab und gründete die erste Social-Media-Agentur Deutschlands. Diese hat sie mittlerweile verkauft und arbeitet als Beraterin und Autorin. Zudem ist sie im Aufsichtsrat des Telekom-Konzerns Freenet. Als sie 2017 gewählt wurde, war sie die jüngste Aufsichtsrätin in einem börsennotierten Unternehmen in Deutschland.

Die Gespräche hätten sie oft überrascht. Der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser etwa sei bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr nachdenklich geworden, womöglich habe er zu viel Zeit mit seinen Kindern verpasst.

Solche Fragen hält Kühne übrigens nicht für irrelevant, betont sie im Gespräch mit der «Frankfurter Rundschau». Sie müssten aber mit Frauen wie mit Männern gleichermassen diskutiert werden.

Bibliografie: Was Männer nie gefragt werden. Ich frage trotzdem mal, Fränzi Kühne, Fischer 2021, ca. 24 Franken.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.