Sprachpfleger Futsches Handy, lilanes Kleid?

Von Mark Salvisberg

17.3.2021

Ob Sprache, ob Smartphone – fahrlässiger Umgang hat Konsequenzen. 
Ob Sprache, ob Smartphone – fahrlässiger Umgang hat Konsequenzen. 
Getty Images

Gewisse Adjektive können nicht gebeugt werden, und einige lassen sich auch nicht wie die meisten anderen im Satz platzieren. Der Sprachpfleger weist auf Stolpersteine und unfreiwilligen Humor hin.

Von Mark Salvisberg

17.3.2021

Welche Eigenschaften hat das Eigenschaftswort? Mit ihm werden Menschen, Dinge oder Zustände beschrieben. Adjektive sind einfach zu bestimmen. Im Gegensatz zu anderen Wortarten stehen sie zwischen Artikel (oder Pronomen) und Substantiv: ihr neues Handy, der hintere Ausgang. Machen wir gleich einen Test mit einem Nichtadjektiv, mit dem Wort hinten: «der hinten Ausgang»? Sie sehen, das passt nicht, hinten kann kein Adjektiv sein (es ist ein Adverb).

Zur Deklination (Beugung)

Adjektive können nach Fall, Zahl und Geschlecht verändert, also dekliniert werden: grosse Frau, grosser Mann, grosses Kind. Ziemlich geläufig sind auch die beiden Endungsarten stark und schwach: ein grosser Baum, der grosse Baum (bei der weiblichen Form ist der Unterschied nicht erkennbar: eine/die grosse Tanne).

Im Weiteren lassen sich die meisten Eigenschaftswörter vergleichend verwenden, also steigern: der heisse Tee, der heissere Tee, der heisseste Tee. Doch zahlreiche Adjektive schlagen aus der Art. Denn diese werden nicht immer dekliniert (gebeugt), wie das folgende Beispiel zeigt: Sie liebt diesen Film heiss. Hier beschreibt das Adjektiv, wie etwas geschieht, es hat demnach eine adverbiale Funktion übernommen.

Unveränderlich, trotzdem ein Adjektiv

Viele Adjektive sind nicht veränderbar. Versucht man solche zu deklinieren beziehungsweise zu steigern, wirkt es lächerlich: Natascha sagt, ihr neues E-Bike sei super, Isabel findet ihres aber «superer». Giuliano hat eine prima Wohnung gefunden, Lena meint, an solch «primaen» Wohnungen mangle es.

Super und prima sind zwar Adjektive, können aber nicht wie andere mit einer Endung versehen werden. Dies ist häufig bei eingedeutschten Wörtern der Fall, zum Beispiel high, in, live. Oft fällt es uns schwer, sie unserer Sprache konform zu verwenden. Bei der Steigerung von super und prima wählt man am besten einen sinnverwandten Ausdruck: bestechender, hinreissender oder überzeugender.

Um die «apricote» oder «lilane» Bluse zu vermeiden, empfehle ich Ihnen die Farbadjektive lilafarben oder aprikosefarben – oder eben lila, apricot. Obwohl es leicht holprig klingt, ist es richtig: eine apricot Bluse.

Endungslose deutsche Wiewörter

Auch diverse «richtig deutsche» Adjektive bleiben ohne Deklinationsendung. Ich erinnere mich an eine Fernsehsendung, in der ein Passant nach seinem Befinden gefragt wurde. (Achtung, jetzt wird’s derb.) Dieser meinte, vor einem Jahr sei es schon scheisse gewesen, aber jetzt fühle er sich noch «scheisser». Ja, das klingt tatsächlich sch... Dieser saloppe Ausdruck kann nicht gesteigert werden. Auch das Platzieren zwischen Artikel und Substantiv ist nicht möglich: «die scheisse Moskitos»? Nein. Korrekt, mindestens sprachlich, wäre Scheissmoskitos.

Noch mehr Stolpersteiniges

Die nicht deklinierbaren Eigenschaftswörter futsch, schnurz, zugegen, pleite, baff und chic können nur wie folgt gebraucht werden: Er war völlig baff; etliche Restaurants sind pleite. Wobei für chic immerhin eine deutsche Variante existiert, die ganz normal gebeugt werden kann: eine schicke Bluse. Also bitte nicht «chice Bluse» schreiben. Und schon gar nicht englisch aussprechen. 

Zur Person: Mark Salvisberg war unter anderem als Werbetexter unterwegs. Der Absolvent der Korrektorenschmiede PBS überarbeitet heute täglich journalistische Texte bei einer Tageszeitung.

Möchten Sie, dass der Sprachpfleger ein bestimmtes Thema behandelt? Senden Sie eine E-Mail an redaktion.news@blue.ch mit Betreff «Sprachpfleger».