Bestsellerautor Martin Suter«Ich mache aus dem Tod meiner Frau kein Geheimnis»
SDA
23.4.2025 - 04:30
«In einem Buch muss es für mich immer auch riechen oder duften»: Martin Suter, Bestsellerautor.
Bild:Keystone
Für Martin Suters Fans ist das neue Buch des Schweizer Schriftstellers mit dem Titel «Wut und Liebe» eine sichere Bank: Es wird wieder sehr geliebt, viel gezweifelt und oft gepflegt gegessen.
«Ich mache aus dem Tod meiner Frau kein Geheimnis, darüber darf gesprochen werden», sagte er im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur.
Und weiter: «Eine gestorbene Person totzuschweigen, das macht sie ja noch verstorbener.»
Seine Frau sei für ihn sehr präsent. Das zeigt er auch im Nachwort seines neuen Buchs «Wut und Liebe», das ab heute Mittwoch, 23. April, im Buchhandel erhältlich ist.
Wer Bestsellerautor Martin Suter kennt, wird in seinem neuen Buch «Wut und Liebe» ein paar altbekannte Sujets wiederfinden:
Künstler und Kunstsammler, eine umwerfend schöne Frau, geheimnisvolle alte Männer, ein bisschen Alkohol und sehr viel schönes Essen. «In einem Buch muss es für mich immer auch riechen oder duften», sagt Suter der Deutschen Presse-Agentur.
Und weiter: «Wenn gekocht wird, wenn Zwiebeln gedünstet werden, dann riecht man es, das gehört zur Atmosphäre.»
Die Geschichte dreht sich um Noah, einen erfolglosen Künstler Anfang dreissig. Selbst guter Sex kann seine Freundin Camilla («Augen, deren Nussbraun mit etwas Gold gesprenkelt war») nicht halten, sie möchte ein Leben ohne Geldsorgen.
Noah entwickelt in seiner Verzweiflung, um an Geld zu kommen und sie zurückzugewinnen, kriminelle Energie. Zu Hilfe kommt ihm eine kranke, verbitterte Frau namens Betty.
Mit 65 eine alte Frau?
An dieser Stelle dürfte manche Leserin die Stirn runzeln: Der 77 Jahre alte Suter beschreibt die Frau mit Jahrgang 1960 als «alte Frau mit weisser, faltiger Haut», später als «zurechtgemachte ältere Frau».
Hallo, Herr Suter? Sie ist 65 Jahre alt. 65 ist doch das neue 45 – die meisten sind in dem Alter jung, frech, und keinesfalls «ältere Frauen», dürfte manche protestieren.
Suter bleibt ungerührt: «Ich habe gar nichts gegen ältere Frauen», beteuert er. «Ich kenne Frauen im Alter der Betty mit ganz glatter Haut, und 20 Jahre Jüngere mit faltiger Haut. Wenn man so geprüft ist vom Leben wie sie, sieht man so aus. Sie ist halt eine alte Dame.»
Auch ältere Männer bekommen ihr Fett weg. Zum Beispiel Peter Zaugg (O-Ton Betty: «Dieses Schwein»). Er wird als rücksichtsloser Ausnutzer beschrieben. Noahs Vater ist ein schmuddeliger Kauz («Er roch nach Rasierwasser, aber ungewaschen»).
«Ich habe nichts gegen alte Männer», versichert Suter auch hier. «Ich suche Figuren, die zu meiner Geschichte passen.»
Nicht immer mit Leib, aber mit Seele lieben
Der versierte frühere Werbetexter Suter weiss, wie man einen «Page-Turner» schreibt, ein Buch, das man kaum aus der Hand legen mag, um zu wissen, wie es weitergeht. Natürlich ist am Ende vieles anders als gedacht.
Und dann Suters Faible für elegante Sprache. Beim Champagner etwa: «Sie trank nicht aus Genuss, sie brauchte die Wirkung.» Oder bei der Frau, die ihr Leben lang denselben Mann liebte: «Nicht immer mit Leib, aber immer mit Seele». Die «liebenswürdigste aller Lügen» beschreibt Suter auch.
Wenn Betty über die Abwesenheit ihres verstorbenen Mannes spricht, wird es gefühlig. «Das Endgültige ist zu abstrakt. Das kann man sich nicht vorstellen», sagt sie.
«Ich werde aufhören, wenn ich nicht mehr schreiben kann»
Martin Suter hat selbst 2023 seine Frau Margrith verloren. Er würdigt sie in einem Nachwort rührend. Spricht hier der Trauernde?
Nein, sagt Suter: «Ich versuche, nicht vorzukommen in meinen Büchern. Ich versuche nicht, in meinen Büchern etwas zu verarbeiten, das wäre ein Missbrauch der Leserschaft. Der Autor sollte eigentlich über allem schweben und nicht vor einem auf dem Sofa liegen.»
Die Gefühle von Betty nach dem Tod ihres Mannes, das habe nichts mit seinen eigenen Gefühlen zu tun.
Mit 77 Jahren wollte Suter eine Romanpause einlegen, wie er sagt. Doch plötzlich spuke doch wieder eine Idee in seinem Kopf herum. «Dann werde ich neugierig, schaue, ob es geht oder nicht. Das hatte ich eigentlich nicht geplant.»
Auf seinem Plan stand bisher vielmehr ein Theaterstück, eine Oper und ein Songbuch mit seinem Freund, dem Liedermacher Stephan Eicher.
«Ich werde aufhören, wenn ich nicht mehr schreiben kann», sagt Suter. «Das heisst, ich lebe dann nicht mehr oder bin in einem Zustand, in dem ich nicht mehr schreiben kann.» Er liebe seinen Beruf. «Ich bin froh, dass ich nicht in den Ruhestand gehen muss.»
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