1'000 Fragen, 1'000 Antworten Marco Rima: «Meine Frau ist unglaublich grosszügig, einfach eine Wucht»

Von Bruno Bötschi

25.10.2019

Marco Rima, Komiker: «Ich verlor meine Unschuld aber erst mit 20»

Marco Rima, Komiker: «Ich verlor meine Unschuld aber erst mit 20»

Das längste Interview der Schweiz: Komiker Marco Rima redet gerne. Na dann, dachte blue-News-Redaktor Bruno Bötschi, stelle ich ihm doch einmal 1'000 Fragen – über sein Leben, seine Familie, seine Karriere, seine Probleme und noch vieles mehr.

02.10.2019

Das längste Interview der Schweiz: Marco Rima über seine Diäten, das Funktionieren seiner Patchwork-Familie, die schlechten Seiten der Schweizer – und warum er glaubt, trotzdem in den Himmel zu kommen.

Das längste jemals in der Schweiz geführte Interview, das war das Ziel: 1'000 Fragen an Marco Rima, 1'000 Antworten von Marco Rima.

Das «1'000-Fragen-Interview» –  es wurde in der Bar Daniel H. in Zürich geführt –, wurde in den letzten Tagen in vier Teilen auf «Bluewin» publiziert. Heute nun wird das Gespräch in seiner ganzen Länge veröffentlicht.

Kleine Geheimtipp: Wer das Interview lieber schaut als liest, schaut sich die Videos an.

Grüezi, Herr Rima. Schön, dass Sie Zeit haben für mich.

Grüezi, Herr Bötschi.

Wie fühlen Sie sich?

Sehr gut.

Das sieht man. Unser Gespräch heute könnte jedoch eine ziemlich anstrengende Angelegenheit werden. Ich habe 1'000 Fragen an Sie.

Ja, es ist ein rechter Witz, den wir vor uns haben.

Wie steht es grundsätzlich um Ihre Ausdauer?

Meine Ausdauer ist je nach Disziplin hervorragend. Wenn sie mit einer Vorspeise beginnt, mit dem Hauptgang weitergeht und ein Dessert folgt, bin ich immer recht weit vorn dabei. Wenn es aber darum geht, einen Marathon zu seckeln, dann steige ich nach 200 Metern in den Besenwagen und schaue, dass wir alle anderen Versager mitnehmen.

Demnach sind Sie noch nie einen Marathon geseckelt?

Nein – ausser im Militär.

Gerannt oder gelaufen?

Wir sind marschiert, aber mit dem Rucksack auf dem Rücken. Ein Kollege musste nach 20 Kilometern mein Gewehr tragen. Später bekamen wir auf einem Hoger Poulet zu essen. Es hatte einen etwas komischen Geschmack. Irgendwann realisierten wir, dass wir die Innereien mitgegessen hatten. Kurz darauf mussten sich fast alle von uns in einer Waldlichtung übergeben.

Eine üble Geschichte. Kommen wir zurück ins Heute: Wie haben Sie sich auf unser Gespräch vorbereitet?

Ich bin gut aufgestanden, habe danach intensiv geduscht, meine Haare gewaschen und geschaut, dass es nicht schneit, wenn ich den Kopf schüttle. Danach fuhr ich gemütlich mit dem Auto nach Zürich und hörte dabei SRF 4. Mit diesem Radiosender bilde ich mich über das Weltgeschehen und die Politik weiter – und ich habe mich richtig gefreut auf Sie, Herr Bötschi.

Marco Rima (mit Daniel Hofstetter, Gastgeber in der Bar Daniel H.) über seine Heimat: «Für mich begann Heimat immer dann, wenn ich mit dem Zug von Zürich in Richtung Innerschweiz unterwegs war und bei Baar aus dem Tunnel kam, und den Zugersee und die Rigi erblickte. Das war für mich Heimkommen. Meine Heimat ist für mich noch immer das Zugerbiet.»
Marco Rima (mit Daniel Hofstetter, Gastgeber in der Bar Daniel H.) über seine Heimat: «Für mich begann Heimat immer dann, wenn ich mit dem Zug von Zürich in Richtung Innerschweiz unterwegs war und bei Baar aus dem Tunnel kam, und den Zugersee und die Rigi erblickte. Das war für mich Heimkommen. Meine Heimat ist für mich noch immer das Zugerbiet.»
Bild: Olivia Sasse

Haben Sie gestern Abend gebetet?

Ja, ein Kindergebet. Ich sage das jeden Abend auf Hochdeutsch auf.

Das Gebet würde ich gern hören.

‹Müde bin ich, geh zur Ruh, schliesse meine Äuglein zu, Vater lass die Englein rein, über meinem Bette sein. Amen.› Nachdem ich das Gebet aufgesagt habe, ist der Kanal nach oben offen. Dann plaudere ich meistens noch ein bisschen mit dem Chef da oben.

Was haben Sie ihm gestern gesagt?

Ich sage ihm eigentlich immer dasselbe: Mein grösster Wunsch ist natürlich, dass die Familie und die Kinder gesund bleiben, und dass ich alle, die an meiner Seite sind, gut begleiten kann, dass ich fröhlich bin, ein guter Mensch bleibe – und dass ich jeden Tag das Beste daraus mache, was mir an Aufgaben herangetragen wird. Es sind immer gute Gespräche. Dann rede ich jeweils noch etwas mit meinem Papi, der 1996 gestorben ist. Dass er seine Flügel – ich glaube wirklich an Engel – etwas über unsere Familie hält. Danach schlafe ich ein.

Was halten Sie grundsätzlich von Gott?

Ich glaube an Gott (Im Hintergrund rumpelt es in diesem Moment zufällig). Sie hören, es donnert gerade. Wahrscheinlich ein Zeichen dafür, wie sehr Gott Freude hat an dem, was ich sage. Aber ich bin nicht mehr im Klub, ich bin ausgetreten aus der Katholischen Kirche. Trotzdem bin ich nach wie vor römisch-katholisch, weil ich so erzogen worden bin. Die Geschichte von Jesus finde ich hoch spannend.

Kommen Sie in den Himmel?

Wenn man ein lieber Siech ist, kommt man auf jeden Fall in den Himmel.

Wäre die Hölle nicht spannender?

Nein! Was soll ich denn in der Hölle unten?

Dort wäre es immer schön warm …

... im Himmel ist es auch schön. Ich glaube sehr naiv an den Himmel. Dass dort eine Türe aufgeht und ich auf all jene Leute treffe, die ich vermisse, also meinen Papi, meine Nonna … alle diese Leute, die mir etwas bedeuten. Sie werden mich in Empfang nehmen, und wir werden wieder eine schöne Zeit zusammen haben. Ich glaube auch, dass man im Himmel Tennis und Golf spielen kann. Ich will kein Paradies mit Hosianna und Panflöten-blasen-Zeugs. Das wäre mir zu langweilig. Sterben ist eine spannende Angelegenheit.

Mit wem hätten Sie lieber eine Audienz – Papst oder Teufel?

Der Teufel wäre spannender für mich. Der Papst ist sehr gefangen in seinen Aufgaben und wird von der Kurie bestimmt. Es wäre interessant zu hören, was der Papst dazu sagt, dass die Frauen nach wie vor keine Rechte haben in der Katholischen Kirche. Das ist auch ein Grund, weshalb ich ausgetreten bin. Ich verstehe auch nach wie vor nicht, weshalb so viele Frauen in einer Kirche sind, in der alte verknöcherte Herren, die in Frauenkleidern herumlaufen, über sie bestimmen. Da staune ich immer wieder. Wenn ich mich als Kabarettist über die Kirche oder über Religionen lustig mache, erhalte ich oft Briefe von Frauen, die sich darüber tierisch aufregen.

Sollten die Frauen die Katholische Kirche bestreiken?

Das wäre cool. So wie die Jugend heute bei «Future for Friday» ihrem Unmut Luft macht, sollten auch die Frauen ihrem Unmut Luft machen, was die Katholische Kirche anbelangt oder überhaupt aller Religionen. Danach hätten die Frauen viel mehr Macht auf dieser Welt. Sie haben sich über mehrere Zehntausend Jahre von den Männern bestimmen lassen, wofür wir lieben Siechen jetzt büssen sollten. Ich frage mich: Muss ich jetzt hinhalten für Zehntausend Jahre Männerherrschaft? Aber ich sage mir: Hinter jeder starken Frau sitzt ein Mann – beim Brünzeln (lacht).

Fast hätte ich es vergessen: Damit alles mit richtigen Dingen zugeht während unseres Interviews, habe ich ein Handzahlgerät mitgenommen – ich stelle die Fragen, Sie antworten und zählen. Okay?

Das finde ich spannend. Man sollte ja 10'000 Schritte machen am Tag. Ich sagte mir: Das mache ich. Aber ich beginne jetzt zuerst einmal mit einem Bewegungsmelder ...

... sorry, diesen Witz habe ich jetzt nicht verstanden.

Spielt keine Rolle. Nein: Ich habe statt eines Schrittzählers daheim einen Bewegungsmelder installiert. Also in dem Moment, da ich mich bewege …

(Lacht) Ach so …

... das ist eben mein Intellekt, den ich auf die Bühne bringe …

... und ich bin eben blond, daher liegt unser Niveau weit auseinander.

Ich stehe im Fall auf: blond.

Ist das jetzt eine billige Anmache?

Nein. Meine Frau ist dunkelhaarig.

Sie sind Komiker von Beruf. Wie oft haben Sie heute schon gelacht?

Jetzt zum zweiten Mal über Ihren Blondwitz. Und meine Kinder bringen mich zum Lachen. Jeden Tag.

Wir sitzen hier in der Bar Daniel H. in Zürich – waren Sie schon einmal hier?

Nein.

Dann stimmt es also, dass Sie hier noch nie auf dem Tresen getanzt haben?

Ja, hier habe ich noch nie getanzt, aber auf anderen Tresen schon.

Wann und wo haben Sie es zum letzten Mal getan?

Als ich 2005 den Kinofilm «Handyman» realisierte, drehte ich im Park Hyatt Hotel in Zürich eine Filmszene, während der ich über eine Bar rutsche und am Ende vom Tresen hinunterstürze.

Daran kann ich mich gut erinnern. Was hat da eigentlich am Boden gelegen – ein Trampolin oder Schaumstoff?

Ein Stück Schaumstoff.

Es heisst, Sie seien ein guter Tänzer.

Ich war ein sehr guter Tänzer, also Figurentänzer – im wahrsten Sinn des Wortes. Ich merkte aber rasch, wenn man eine Choreografie tanzen muss, also zusammen mit anderen Tänzern tanzt, ist das viel anspruchsvoller. Das machte ich zum ersten Mal bei meinem Musical «Keep Cool». Eine sehr gute Erfahrung.

Wann haben Sie zum letzten Mal mit Ihrer Frau Christina getanzt?

Wir tanzen an Hochzeiten miteinander, und manchmal, wenn im Radio etwas Schönes läuft, nehmen wir uns in den Arm und schunkeln im Rhythmus der Musik.

Wieso sind Sie bisher noch nicht in der TV-Sendung ‹Let’s Dance› aufgetreten?

Das stand schon einmal im Raum. Ich bewundere meine Schauspiel- und Sängerkollegen, die da mitmachen. Denn es ist eine riesige Herausforderung. Ich wüsste nicht, ob ich sie bestehen würde. Weil: Ich gehöre doch langsam zu den älteren Semestern.

Ist Ihre Arthrose schuld daran, die Sie seit zehn Jahren plagt?

Ja, die griechischen Inseln sind tatsächlich in meinen Gelenken drin. Das tut manchmal etwas weh.

So grundsätzlich: Wie geht's Ihnen gesundheitlich?

Mir geht es grundsätzlich immer sehr gut. Ich erfreue mich bester Gesundheit und bin eigentlich positiv, dass, wenn ich das eine oder andere reparieren lasse, es mir noch besser geht.

Was müssen Sie denn als Nächstes reparieren lassen?

Hüfte, die beiden Knie, dann die Schulter (wenige Tage nach dem Interview liess sich Marco Rima am Knie operieren).

Sie sind ein Ersatzteillager?

Also diese Ersatzteile mag ich niemandem gönnen. Aber langsam nagt es, und ich benötige neue Gelenke.

Castingshows scheinen sowieso nicht Ihr Thema zu sein ...

Jein. Ich schaue für mein Leben gern ‹America’s Got Talent›, in dieser Show präsentieren sich aussergewöhnliche Leute. Ich bin ein grosser Fan von Menschen, die unglaublich gut singen und mich zu Tränen rühren. Dann gibt es aber auch Formate im Fernsehen, die mich überhaupt nicht interessieren – etwa das ‹Dschungelcamp› oder ‹Big Brother›.

Für ‹Promi Big Brother› wurden Sie sicher schon angefragt?

Das ist eine ganz lustige Geschichte. Ich wurde für die Moderation angefragt. Nachdem wir abgesagt hatten, fragten sie mich an, ob ich sonst mitmachen würde. Darauf sagte meine Frau: So schlecht kann es uns gar nicht gehen.

Wie viel Geld wurde Ihnen denn geboten?

Darüber sprachen wir nicht. Ich weiss nur noch, dass ich zu meiner Frau sagte: Wenn sie mir eine Million Franken bieten, dann mache ich mit.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Keep cool. Die Dinge locker nehmen, ruhig bleiben. Mit zunehmendem Alter entwickelt man eine andere Form von Milde. Das heisst, ich begegne nicht nur meinen Mitmenschen milder, sondern auch mir selbst.

Was war Ihr revolutionärster Gedanke als Zwölfjähriger?

Ab zwölf gab es für mich zwei Dinge: Ich fühlte mich sehr erwachsen, und ich wusste, dass ich unbedingt Schauspieler werden möchte. Das sagte ich meinem Vater. Er meinte darauf: Es gibt aber auch noch andere Berufe. Worauf ich ihm antwortete: ‹Nein, genau das will ich werden.›

Sie wurden nicht Schauspieler. Oder nur halb …

Das war jetzt keine Frage, sondern eine Feststellung … Nein, ich ging dann in die Sekundarschule und später auf das Lehrerseminar. Danach bewarb ich mich tatsächlich an der Schauspielakademie in Zürich. Dort flog ich im Begabungstest durch, weil ich zu wenig Humor hatte. Doch dieses Nein war ein gutes Nein, weil ich realisierte, dass ich einen anderen Weg zu gehen hatte.

Welchen?

Ich kannte damals bereits Marcello Weber. Wir begannen zusammen Cabaret zu machen und hatten am 30. Oktober 1980 unseren ersten Auftritt – nächstes Jahr stehe ich seit 40 Jahren auf der Bühne. Ich werde dieses Jubiläum mit meinem neuen Programm ‹#no Problem!?› feiern. Kabarettist zu werden, das war die beste Entscheidung meines Lebens.

Was reimt sich eigentlich auf Rima?

Prima. Diesen Satz hörte ich saumässig nicht gern, weil mein Lehrer damals in der 6. Klasse, wenn er die Prüfungen austeilte, immer sagte: ‹Ja, Rima, nicht so prima.› Und dann war der Lehrer so fies, dass er die Arbeiten der Klassenbesten zuoberst hinlegte. Je kleiner die Beige wurde, desto mehr realisierte ich, dass ich wieder mal der Schlechteste war.

Was würden Sie tun, wenn morgen die grünen Männchen auf die Erde kämen?

Wenn sie freundlich wären, würde ich sie herzlich begrüssen, ihnen meinen schönen Kanton Zug zeigen. Ägeri mit dem wunderbaren See und den Hügeln, von denen ich mich sehr umarmt fühle. In der Weite liegt der Stoos, wo man Ski fahren kann. Und wenn es sprachlich möglich wäre, würde ich mich mit ihnen auch austauschen. Wir sind ja ein Land von Immigranten, ein Land von Menschen, die dieses Land mitaufgebaut haben. Wahrscheinlich würden sie uns mit ihren Innovationen auch mit dem Klima helfen.

Wie kann man Sie möglichst schnell auf die Palme bringen?

Da braucht es nicht viel. Wenn Sie mit mir Tennis spielen würden und am Gewinnen wären, flöge mein Schläger relativ schnell.

Mit welchem Typ Mensch kommen Sie nicht aus?

Ich bin jemand, der sich auf jeden Typ Mensch einlassen kann.

Ausser auf jene Menschen, gegen die Sie beim Tennisspielen verlieren …

Genau. Ich bin ein schlechter Verlierer. Ich spiele auch nicht gern Monopoly und all dieses Zeugs. Ich bekam einst ein Monopoly an Weihnachten geschenkt. Dessen Lebensdauer war nicht länger als 20 Minuten, weil ich es danach an eine Wand schmiss. Aber dafür kann ich mich sehr gut auf ein Arschloch einlassen und mit diesem sogar einen netten Abend verbringen. Witzigerweise stellt sich rückblickend häufig heraus, dass Leute, die ich auf den ersten Blick nicht ausstehen kann, sich dann doch als spannend erweisen.

Mal zugeschlagen?

Einmal schlug ich meine Schwester. Das bezahlte sie mir mit einem Tritt mit ihren Cowboystiefeln in den Anus heim. Das zeigte Wirkung, ich habe nie wieder zugeschlagen.

Werden Sie hässig, wenn man über Ihre Figur Witze macht?

Wenn einer sagt ‹So, SIND WIR dick geworden? HABEN WIR zugenommen?›, mag ich das gar nicht. Ich selber sage immer: Zu dick ist man erst, wenn Google Earth anruft und sagt, man steht im Weg, oder wenn man auf beiden Seiten aus dem Bett fällt. So dick bin ich aber noch nicht. Ich bin jedoch adipös und sollte etwas dagegen unternehmen.

Ihr aktuelles Gewicht?

108 Kilo. Das ist definitiv zu viel.

Ihr Wunschgewicht?

Unter 90. Das wäre super.

Wie viele Diäten haben Sie schon ausprobiert?

Alle.

Welche Diäten haben funktioniert?

Keine.

Vor zwei Jahren haben Sie für das Schweizer Fernsehen eine Velotour unternommen – Sie radelten 2'000 Kilometer weit, fuhren durch fünf Länder. Ein ziemlicher Krampf, nicht?

Ja, das war ein Krampf. Ich war mit einem E-Bike unterwegs. Am Schluss waren es übrigens 2'800 Kilometer. Ich habe mich tatsächlich ‹uhuere› viel verfahren. Habe aber in diesen 18 Tagen sieben Kilo abgenommen.

Zehn Kilo wären das Ziel gewesen. Haben Sie zu viele Nussgipfel gegessen?

Nein, aber an einem Weizenbier kann ich einfach nicht vorbeifahren. Vor allem in dieser Gegend von München an aufwärts, der Isar entlang, da gibt es wunderschöne Landschaften und wunderschöne Biergärten. Also alles das, was Christina, meine Frau, in der Schweiz so vermisst. Daher musste ich natürlich immer wieder eines auf meine Frau trinken, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Aber die Velotour war super, weil ich richtig studentisch lebte, das heisst ohne Hunger, aber mit viel Durst. Zudem kam ich zur Erkenntnis: Wenn mir jemand sagen würde, du kannst heute losfahren nach St. Petersburg oder Peking, dann würde ich es sofort tun. Denn dann käme ich mit meinem Idealgewicht zurück.

Wissen Sie, wie das Wetter am 7. April vor 58 Jahren gewesen ist?

Es muss sehr warm gewesen sein, weil mein Papi irgendwann während meiner sehr langen, 30-stündigen Geburt Durst bekam und rüber zum Hürlimann ging, der alten Brauerei, und sich dort die Kante gab. Offenbar war es einer der wärmsten Tage 1961.

Wussten Sie, dass wir das gleiche Sternzeichen haben?

Ja. Das spüre ich, und das freut mich enorm.

Ich wurde am 31. März 1967 geboren. 2010 behaupteten Sie in einem Interview: ‹Widder sind super in Paarbeziehungen› – stimmt das?

Ich finde, dass Widder sehr treu sind, sehr offen. Sie sind von ihren Emotionen her einfach zu lesen: fröhlich, gut drauf oder verrückt und mit dem Grind durch die Wand. Aber wenn ein Konflikt eskaliert und raus ist, dann ist schnell wieder alles gut, und man macht normal weiter.

Lesen Sie Horoskope?

Ja, aber nur aus Spass.

Sie glauben also nicht daran?

Meine Mutter liess mal ein Horoskop für mich erstellen von einer Frau, die das richtig gut konnte. Hochinteressantes stand darin. Sie sah zwei Berufe, die für mich infrage kamen: Priester oder Schauspieler. Schauspieler bin ich geworden. Priester wollte ich werden, doch mir kam das Zölibat in den Weg.

Im Dezember 2004 – also vor 15 Jahren – haben wir uns das erste Mal getroffen. Erinnern Sie sich daran?

Das war vermutlich. als sie noch für die ‹Schweizer Familie› arbeiteten. Wir führten ein sehr spannendes Interview im Zusammenhang mit der ‹Sternenwoche› von UNICEF und ‹Schweizer Familie›.

Genau, das war in Hüneberg – das ist die Zuger Gemeinde, in der Sie einst als Lehrer Stellvertretungen absolviert haben. Sie sangen damals im Schülerchor mit – und unterstützten so die ‹Sternenwoche›-Sammelaktion. Finden Sie es richtig und wichtig, dass reiche und berühmte Menschen sich für Mitmenschen, denen es nicht so gut geht, einsetzen?

Ich würde es sehr gut finden, wenn man wieder den Zehnten einführen würde wie im Mittelalter. Zehn Prozent weltweit global. Jedes Unternehmen, alle Reichen müsste zehn Prozent bezahlen. Dann hätten wir keine Steuerflucht. Das Geld würde dortbleiben, wo man es erwirtschaftet. Ich bin überzeugt: Dann käme richtig viel Geld zusammen. Ich persönlich glaube, dass dies mit den zehn Prozenten sehr spannend wäre. Doch wird das an den Amerikanern und noch an ein paar anderen Ländern scheitern, die das nicht wollen.

Wie viel Ihres Einkommen bezahlen Sie an Menschen, denen es nicht so gut geht?

Ich bezahle im Gegensatz zu vielen anderen Leuten im Kanton Zug den höchsten Steuersatz, der allerdings nicht so hoch ist. Ich bin jedoch genau in diesem Range drin, wo ich viel bezahlen muss. Dann habe ich immer wieder Projekte, bei denen ich mitspiele, um einen guten Zweck zu unterstützen. Und was ich sehr gern tue: Ich unterstütze Menschen in meinem Umfeld direkt. Ich leihe aber kein Geld aus, sondern ich verschenke es.

Was ist das Wichtigste, das Sie in den 58 Jahren Ihres bisherigen Lebens gelernt haben?

Gesundheit ist das höchste Gut. Das ist das Wichtigste, das zählt. Auch wenn es nur mal eine kleine Erkältung ist oder vier Wochen Husten, und man nicht richtig schlafen kann, dann ist man so glücklich, wenn es einem wieder gut geht. Das ist unbezahlbar. Was nützt ein Haufen Geld, wenn es einem gesundheitlich nicht gut geht? Gesundheit ist für mich das, was wirklich auch Glück bedeutet.

Was dachten Sie als Kind über Menschen, die älter als 55 sind?

Die sind steinalt. Ich erinnere mich an meine Zeit im Lehrerseminar: Mein Hauptlehrer war 36, ich 17. Der Fall war für mich klar: Der ist bald tot.

Ist mit 58 eigentlich die Sturm-und-Drang-Zeit definitiv vorbei – oder ist 58 das neue 22?

(Lacht) Man merkt plötzlich, dass man nicht mehr so viel Zeit hat. Gleichzeitig bin ich ruhiger geworden. Das heisst, das Verb ‹wollen› hat sich verändert in ‹wünschen› oder ‹schauen wir mal›. Das ist eine sehr angenehme Situation. Aber ich bin nach wie vor ein Widder – also nach wie vor neugierig und mit Vollgas unterwegs.

Die Lebenserwartung in der Schweiz hat sich massiv nach oben verschoben. Männer werden heute durchschnittlich 82 Jahre alt, Frauen sogar 85. Und 100-Jährige sind keine Seltenheit mehr. Das sind tolle Aussichten, nicht?

Ich wünsche mir einfach, dass ich gesund alt werde. Wenn ich meinen Grossvater anschaue, der 94 Jahre alt wurde und dessen Postur ich habe, lässt mich das ein gutes Gefühl haben. Wenn ich also mit 94 so sein werde wie er, der im hohen Alter noch Blumenbeete umgegraben hat, dann ist das lässig, weil ich dann auch meine jüngeren Kinder noch lange miterleben kann und vielleicht sogar die Enkel.

Derzeit gilt das Pensionsalter 64 für Frauen und 65 für Männer. Sollte man es heraufsetzen?

Pension bedeutet Stillstand. Eigentlich sollte niemand in Pension gehen. Dass jemand, der hart gearbeitet hat, im Alter reduziert, ist super. Ansonsten finde ich, sollte man ganz andere Wege suchen. Ein Freund von mir, er ist Spengler-Installateur, hat zwei ältere Mitarbeiter, die pensioniert sind, aber noch tageweise im Betrieb für die Lehrlinge da sind. Die sind wie Grossväter, die den Jungen das Handwerk zeigen und ihre Erfahrungen weitergeben. Ich finde, auch die Schulen sollten am Morgen, über Mittag und nach der Schule für die Hausaufgabenhilfe ältere Menschen einbinden. Wenn die Kinder dann um 17 Uhr nach Hause kommen, beginnt die Elternzeit. Eine solche Einbindung der älteren Generation würde auch das Gesundheitssystem entlasten. Denn die älteren Menschen würden so vitaler bleiben. Ältere Menschen sind besser drauf, wenn sie gebraucht werden. Es gibt sehr wichtige Leute, die plötzlich weg sind von ihrem CEO-Posten und danach in kürzester Zeit zusammenbrechen. 65 ist zwar das offizielle Pensionsalter, aber in meinem Kopf existiert das nicht.

Sie werden also mit 65 nicht von der Bühne abtreten. Ist das eine Drohung für alle, die Sie nicht mögen?

Genau (lacht schallend). Die müssen mit mir weiterleben.

Die Lebenserwartung soll noch weiter steigen. ‹Der Mensch, der 150 Jahre alt wird, ist bereits geboren›, behauptet der Genetiker David Sinclair. Wie alt wollen Sie werden?

Ich habe mal mit einem Arzt über den Körper gesprochen. Der sagte mir, dass unser Skelett eigentlich nur auf 50 Lebensjahre ausgerichtet ist. Und wenn ich mir überlege, dass es jetzt bei mir mit 58 immer mehr zu ziehen und zwacken beginnt und ich mit ein paar guten Ersatzteilen vielleicht bis 80 angenehm leben kann, dann aber müsste das wieder ersetzt werden und dann nochmals 70 Jahre – also dann: guten Sonntag! Ich weiss nicht, ob ich das möchte. Wenn man sich Hundertjährige so anschaut, gibt es ein paar, die noch ordentlich ausschauen, doch mein Ziel ist das nicht.

Ewiges Leben – das ist also kein Traum von Ihnen?

Bitte nicht.

Kennen Sie das Büchlein ‹Fünfzig Dinge, die erst ab fünfzig richtig Spass machen›?

Nein.

Das Büchlein erschien kürzlich im Verlag Kein & Aber. Darin finden sich Tipps wie: ‹Pilze suchen›. Mein erster Gedanke bei diesem Tipp war: Ach, die wollen nur, dass wir über 50-Jährigen giftige Pilze sammeln, sie essen und uns dann früher von der Erde verabschieden ... Macht Ihnen das Pilzesuchen auch erst Spass, seit Sie 50 sind?

Davon halte ich gar nichts. Das ist mir viel zu passiv. Pilzen ist überhaupt nicht mein Ding.

Es finden sich noch viele andere schöne Tipps in dem Büchlein – wir gehen sie am besten kurz durch: Was halten Sie zum Beispiel von ‹im Chor singen›?

Ich sang gern im Chor im Lehrerseminar. Singen ist etwas wirklich Lässiges. Immer wenn ich meine alten Semi-Kollegen treffe, beginnen wir im Chor die alten Lieder aufzufrischen – und das ist etwas Schönes. Aber aktiv in einen Chor gehen? Nein.

‹Alle Spiegel abschaffen›.

Das wäre schade, denn ich bedanke mich jeden Morgen beim Herrgott, dass er einen solch schönen Menschen geschaffen hat ... und sobald mein Sohn das Badezimmer verlassen hat, sehe ich das Elend vor dem Spiegel stehen.

‹Sich langweilen›.

Das ist wichtig. Ganz wichtig. Über das Langweilen hole ich meine Kreativität, kann ich neue Gedanken fassen. Wir achten darauf auch zu Hause. Wir schauen beispielsweise, dass unsere Kinder so wenig wie möglich mit Tablets und Handys Kontakt haben. Wenn sie kommen und fragen: ‹Dürfen wir einen Film schauen?›, sage ich meistens Nein. Die Kinder antworten dann: ‹Ist langweilig.› Doch schon Minuten später spielen sie weiter. Langeweile müsste auch in der Schule viel mehr hochgehalten werden.

‹Jonglieren›.

Das konnte ich nie. Auch meine Kinder nicht. Vielleicht weil ich Widder bin.

‹Bohnen ziehen›.

(Lacht)  Welcher Schafseckel hat dieses Buch geschrieben?

Es sind zwei Frauen, die das Buch geschrieben haben …

Ups. Wie würde man jetzt Schafseckel gendermässig richtig verkaufen? Die Schafseckelnden?

‹Alte Liebesbriefe lesen›.

Ja, das ist etwas Schönes. Ich habe tatsächlich noch von meiner ersten Freundin, die ich in Schweden hatte, und mit der ich sieben Jahre zusammen war, ein paar Dutzend Liebesbriefe daheim. Diese wieder einmal zu lesen, wäre sicher etwas Schönes.

Was würde Ihre Frau dazu sagen?

Meine Frau Christina ist ein grosses Glück in meinem Leben. Ich durfte sie kennenlernen, als ich 42 Jahre alt war. Das heisst: erwachsen. Erwachsen geworden war ich mit 35 – und mit 42 kam ich bei mir an. Da lernte ich meine Frau kennen und fuhr in einen sicheren Hafen ein. Christina ist unglaublich grosszügig, wahnsinnig fröhlich, einfach eine Wucht.

‹Sich einen Seitensprung vorstellen›.

Hmm … Diese Seitensprünge, die ich hatte, waren immer Leichen, die du vergraben hast, und die irgendwann zu riechen begannen. Nein, das ist out of my … ich sagte ja bereits: Mit 35 bin ich erwachsen geworden.

‹Den Himmel betrachten›.

Sehr schön. Das gefällt mir. Als Kind habe ich das oft getan. Manchmal fragte ich dann mein Mami: ‹Kann ich den Papi sehen?› – Antwort: ‹Wenn du alle Sterne zählst, dann siehst du ihn plötzlich.› Das führte natürlich dazu, dass ich eingeschlafen bin.

‹Sein Testament aufsetzen›.

Das habe ich tatsächlich gemacht. Ich sage zwar immer: Wo kein Vermögen ist, kann es auch keinen Krach geben. Aber es ist enorm wichtig, ein Testament aufzusetzen. Gerade wenn man in zweiter Ehe lebt und mit beiden Frauen Kindern hat, dann musst du das regeln, damit der Nachwuchs später untereinander keinen Streit bekommt.

Das waren einige Tipps aus dem Büchlein ‹Fünfzig Dinge, die erst ab fünfzig richtig Spass machen›. Bleibt die Frage: Welche Dinge machen Ihnen wirklich erst Spass, seit Sie 50 sind?

Puh. Ich finde älter werden nicht so ein Problem. Aber wenn man jeden Morgen aufsteht und feststellt, dass es noch andere Knochen gibt, die man vorher noch nicht entdeckt hat, dann ist das mühsam. Von daher versuche ich das Leben zu geniessen und mich über das Jetzt zu freuen. Alt werden ist ein riesiger Schrott.

Hält Humor eigentlich jung?

Ja, Humor hält jung. Ich glaube, wer mit Humor in einer Beziehung lebt, wer Humor im alltäglichen Leben anwendet, erlebt mehr glückliche Momente.

Was ist Ihre liebste Einsamkeitsbeschäftigung?

In den Himmel schauen. Das sind jene Momente, in denen ich mich zurückziehe und gelernt habe, mich zu langweilen. Das schafft Raum für neue Ideen. Auch gedankenlos zu sein mag ich sehr. Zudem begleitete ich seit Kurzem meine Frau, wenn sie im Ägerisee baden geht: Sie schwimmt, während ich auf dem Standup-Brett neben ihr paddle und blöd in den Wald hinausschaue. Das Problem dabei: Christina stellt mir dabei ständig Fragen, bis ich irgendwann sage: ‹Jetzt schwimm doch einfach mal.›

Sie wollen in solchen Momenten nichts denken, aber Ihre Frau scheinbar schon.

Meine Frau ist zwölf Jahre jünger. Sie ist ein Jungspund. Sie verwaltet den ganzen geschäftlichen Bereich und hat nicht nur einen Partner, sondern auch ein Pferd im Stall, also mich, das sie versorgen muss. Daher denkt sie natürlich etwas heftiger.

Lieber einatmen oder ausatmen?

Einatmen. Dann weiss ich, dass ich noch lebe.

Ins Meer hinausschwimmen: lieber allein oder zu zweit?

Immer zu zweit. Also ich bin ein riesiger Schisshas. Mit meiner Frau ins Meer hinausschwimmen ist sowieso etwas Schönes. Aber so richtig weit hinausschwimmen würde ich mit einem Kollegen, weil das Risiko, dass einer von uns beiden von einem Weissen Hai angefallen würde, so um 50 Prozent gemindert wäre.

Ein anderes Wort für Liebe?

Vertrauen.

Grundsätzlich: Sind Ihnen die Menschen sympathisch?

Ja. Ich darf sagen, dass ich die Menschen liebe und ihnen vertraue. Das Wort ‹vertrauen› ist ein spannendes Wort. Wenn zwei Menschen sich lieben und sich trauen zu trauen, dann gibt es eine Trauung. Heiraten kannst du nur, wenn du auch dir selber vertraust. Wenn du weisst, wer du bist. Wenn ich mir selber traue, dann habe ich mich selber auch gern, und wenn ich mich selber gern habe, dann liebe ich mich. Darum ist Vertrauen das passende Wort für Liebe.

Es gibt aber auch viele, die sich trauen und danach wieder scheiden lassen …

Prüfe, wer sich ewig bindet. Bevor ich meine Frau fragte, ob sie mich heiraten möchte, nahm ich mir zwei Jahre Zeit, um mich zu fragen: Was bedeutet das eigentlich wirklich?

Weil Sie es schon einmal nicht konnten …

Das stimmt. Ich konnte es schon einmal nicht, aber nicht weil meine Ex-Frau keine coole oder tolle Frau gewesen wäre, sondern weil ich in einem komplett falschen Zeitpunkt einen Weg ging, für den meine erste Frau gar nichts konnte. Eigentlich strafte ich sie für etwas, das bei mir nicht stimmte. Das tut einem nachträglich leid. Doch es hat mich auch geprägt. Und diese ganzen Erfahrungen kann man mitnehmen. Das grosse Glück meines Berufes ist es ja auch, dass ich das alles umsetzen kann, auf die Bühne bringen kann, in einem Film verarbeiten. Mein Kinofilm ‹Liebling, lass uns scheiden› hat viel mit meinem Leben zu tun und der Verarbeitung meiner letzten Ehe.

Sie leben in einer Patchwork-Familie.

Das braucht einen Haufen Bereitschaft von allen.

Ihre Frau Christina fand die Patchwork-Familie Rima am Anfang alles andere als prickelnd. Sie sagte in einem Interview: ‹Meine Vorstellung von Familie war klassisch: Kinder, Eltern, Grosseltern – fertig. Ich musste umdenken und erkennen, dass das andere auch gut sein kann, auch wenn es nicht immer einfach war. Über die Jahre hat man sich gefunden, und heute ist es echt super.› Wie läuft es heute in Ihrer Familie?

Es ist eine sehr aussergewöhnliche Situation, aber es läuft wirklich super.

Feiern manchmal alle, wirklich alle Familienmitglieder zusammen Weihnachten?

Ja. Dann kommen alle Mütter und auch Philipp, der neue Partner meiner Ex-Frau mit seiner Tochter Lea. Philipp ist ein richtiger Freund geworden. Er begleitete mich auch auf der Velotour, die ich für das Schweizer Fernsehen unternommen habe. Ich bin ihm sehr dankbar, weil er sehr glücklich, sehr fröhlich ist und mit einer grossen Bereitschaft auch meine Kinder begleitet hat.

Warum funktioniert die Patchwork-Familie Rima so gut?

Meine Eltern liessen sich scheiden, als ich 19 war, sie heirateten fünf Jahre später ein zweites Mal. Ich habe meine Eltern immer sehr respektvoll erlebt. Auch geschieden waren sie als Paar immer noch verbunden. Man kann sich ja entlieben in einem körperlichen Sinn. Und doch hat man sich irgendwann ja verliebt und füreinander entschieden. Obwohl ich sie sehr verletzte, hat mir meine Ex-Frau später wieder ihre Freundschaft geschenkt. Das ist genial. Für mich wiederum war immer klar: Ich verlasse jetzt nicht einfach die Familie und schaue nur noch für mich. Später erkannte ich auch: Nicht im Konstrukt der Familie zu leben, ist sehr merkwürdig. Ich gehe mit meiner heutigen Frau und unseren Kindern viel behutsamer um.

Wie behutsam sind Sie während der Festtage? In vielen Familien gibt es dann oft Streit.

Es gab mal eine Weihnachtsfeier bei uns, während der es richtig getätscht hat. Damals kam es zu einer Aussprache zwischen zwei Menschen ...

... zwischen Ihnen und Ihrer Ex-Frau?

Nein. Es war sehr lässig zu sehen, wie die ganze Familie darauf reagiert hat: relativ locker. Die beiden Menschen haben sich irgendwann wieder gefunden. Das sind ja immer auch relativ feucht-fröhliche Feste. Vorletztes Jahr haben wir übrigens nicht alle zusammen Weihnachten gefeiert, weil wir in den Ferien waren. Als wir letztes Jahr dann wieder da waren, waren alle froh. Ich richte das Weihnachtsfest sehr gern aus. Mit allem Drum und Dran: Weihnachtsbaum, Festessen … die Gäste sollen sich nur hinsetzen können. Ich bin – typisch Tessiner – sicherlich einer, der schaut, dass alle zusammenhalten und dass sich die Familie Sorge trägt. Aber natürlich entspricht das, wie ich es haben möchte, nicht immer dem Gusto der anderen.

Werden Familienfeste erst durch Kinder richtig schön?

Finde ich, ja. Es wird sehr merkwürdig sein, wenn alle Kinder ausgeflogen sind. Doch man muss das als Eltern so hinnehmen. Meine beiden Grossen werden wahrscheinlich an Weihnachten bald nicht mehr dabei sein. Daher bin ich froh, dass ich noch zwei kleine Kinder habe, mit denen ich das weiterhin geniessen darf.

Wer ist der grösste Entertainer in Ihrer Patchwork-Familie?

Alle meine vier Kinder können uns sehr gut unterhalten. Mein Erstgeborener, Nici, ist sogar wahnsinnig talentiert.

Kann Nicolas gut Witze erzählen?

Er ist einfach enorm lustig. Doch er möchte sich jetzt zuerst als Grafiker und Fotograf entwickeln. In der Komik steht ihm mein Name noch etwas im Weg. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das irgendwann plötzlich dreht. Mia, meine älteste Tochter, ist wie ich. Sie ist auch eine Schafferin. Sie geht ans Lehrerseminar und ist jetzt gerade mit der Abschlussarbeit beschäftigt. Sie will ein Musical realisieren. Ich spüre, dass sie ein enormes Talent hat, regietechnisch, pädagogisch und mehr. Bei Malea, meiner kleinen Tochter, habe ich im Moment das Gefühl, dass sie fadengrad meinen Weg geht. Und Luca, der jüngere Sohn, ist auf seine Art ein Entertainer. Er spielt alles nach, was Papi macht. Ich vermute, dass er einmal das Klassenkalb wird.

Waren Sie das auch, das Klassenkalb?

Oh ja, klar. Das war mit ein Grund, weshalb ich Lehrer geworden bin. Ich fragte meinen Sekundarlehrer: ‹Was halten Sie davon, wenn ich Lehrer werde?› Darauf antwortete er: ‹Ein gutes Klassenkalb gab schon immer einen guten Lehrer.› Danach war für mich klar: Ich werde Lehrer.

Können Klassenkälber auch gut Witze erzählen?

Das muss nicht unbedingt sein, aber sie haben sicher ein Gespür für Leute, die eher etwas schwieriger sind oder etwas lauter oder etwas aussergewöhnlicher.

Haben Sie Lust, jetzt Ihren absoluten Lieblingswitz zum Besten zu geben?

Ich weiss gar nicht, ob ich einen Lieblingswitz habe. Das ist irgendwie, wie wenn du einem Hochspringer sagen würdest: Spring jetzt mal 2,40 Meter über den Tresen. Einen Lieblingswitz habe ich keinen ... ach, dieser könnte es vielleicht sein: Ein Fuchs, ein Hase und ein Bär müssen sich fürs Militär stellen gehen. Alle haben keine Lust. Zuerst geht der Fuchs. Bevor er ins Büro hineingeht, schneidet er sich den Schwanz ab. Er denkt sich: Ein Fuchs ohne Schwanz ist sicher untauglich. Jubelnd kommt er fünf Minuten später wieder heraus und ruft: Yeah, ich muss nicht ins Militär! Fuchs ohne Schwanz – untauglich. Also sagt sich der Hase: Ich schneide mir die Löffel ab. Ein Hase ohne Ohren, keine Chance! Fünf Minuten später kommt der Hase raus: Yeah, Hase ohne Ohren, keine Chance! Sagte sich der Bär: Oh Mist, ich habe keinen Schwanz und nur Stummelöhrchen. Was soll ich bloss machen? Also schlägt sich der Bär in die Fresse und geht blutverschmiert ins Büro. Fünf Minuten später kommt der Bär wieder raus und erklärt: Ich muss auch nicht ins Militär. Ich bin zu dick!

Mögen Sie eigentlich Geschenke?

Mittlerweile habe ich Freude an Geschenken. Früher konnte ich sie nur schlecht annehmen.

Grosszügigstes Geschenk, das Sie jemals jemandem gemacht haben?

Mittlerweile ist das grösste Geschenk für meine Frau, wenn wir uns Zeit nehmen für Reisen.

Ist der Konsumterror vor den Festtagen ein Wahnsinn?

Ja. Wir leben auf der einen Seite sehr privilegiert, in einer Bubble. Die Kühlschränke laufen immer lauter und besser.

Das schönste Kompliment, das Ihre Kinder Ihnen je gemacht haben?

Bekomme ich recht viele, aber drei Worte genügen eigentlich: Ich liebe dich.

Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihren Kindern zusammen etwas allein unternommen?

Neulich war ich mit Luca am Hockey-Match gegen Lugano, den wir 3:2 im Penaltyschiessen gewonnen haben.

‹Wir›?

Wir sind natürlich Zug, der EVZ.

Welche Eigenschaften möchten Sie Ihren Kindern weitergeben, welche keinesfalls?

(Langes Schweigen) Ich habe die Tendenz, dass ich mich sehr in mich hineinbohren kann, mich in einer Spirale drehe. Früher sagte man dazu: Selbstmitleid. Das ist etwas, das mir auf den Senkel geht. Heute kann ich zwar darüber lachen, aber diese Charaktereigenschaft möchte ich nicht an meine Kinder weitervererben.

Sind Sie eine Mimose?

Danke, dieses Wort habe ich gesucht.

Wenn Ihre beiden jüngsten Kinder 20 sind, werden Sie fast 70 sein. Stinkt Ihnen das?

Ja.

Sind ältere Väter bessere Väter?

Sie sind milder, ruhiger. Als älterer Vater spürt man nicht mehr so diesen Druck. Man macht nicht mehr jeden Seich mit. Die Schule ist sowieso überbewertet. Mein Rat an die Kinder: Probiere, das Beste draus zu machen. Mach das, was du musst. Aber sei in erster Linie du selber, und geniesse das Leben.

Sie haben vier Kinder: Wer geht wem mehr auf die Nerven: Sie den Kindern oder die Kinder Ihnen?

Ich den Kindern, völlig klar. Malea kommt in die Vorpubertät. Das heisst, Dinge, die ich tue, werden peinlich. Irgendwann wird es so sein, dass ich sie nicht mehr küssen darf, zum Abschied. So geht man dann durch die verschiedenen Phasen, in denen plötzlich das eine oder andere uncool wird. Aber das ist alles okay.

Haben Sie Ihre Kinder politisch erzogen?

Politisch nicht im Sinne von auf eine Partei hin, aber was wir ihnen weitergeben, sind Werte: Anstand, Respekt, Liebenswürdigkeit. Das sind die drei Dinge, die meiner Frau und mir sehr wichtig sind. Und darum ist es auch so wichtig, dass es Elternzeit gibt. Denn wenn wir diese bekommen, und das sollten sich diese Erziehungsdirektoren hinter die Ohren schreiben, dann haben es die Lehrer künftig auch einfacher mit Kindern, die liebenswürdiger und respektvoller sind, und sie können mit ihnen besser arbeiten. Aber wenn Kinder schon um sieben Uhr in die Schule gehen müssen und danach noch zwei Stunden Hausaufgaben haben, dann hast du diese Zeit nicht. Elternzeit ist extrem wichtig. In dieser Zeit können Mutter und Vater ihre Werte weitergeben.

Waren Sie mit Ihren Kindern je auf einer Demonstration?

Nie.

Wann waren Sie zuletzt demonstrieren?

Auch noch nie.

Haben Ihre Eltern Sie politisch erzogen?

Unser Mittagstisch hatte den Vorteil, dass wir viel zusammen redeten. Wir mussten erst um 14 Uhr wieder in der Schule sein. An ein Gespräch mag ich mich besonders gut erinnern – Papi sprach über Hybridautos. Damals war man der Meinung, dass es das nie geben werde, weil die Elektromobilität zu kompliziert sei. Natürlich redeten wir auch über den Zweiten Weltkrieg, die Nazis, den Holocaust und das Judentum. Von meinem Grossvater habe ich mein Interesse für Geschichte.

Haben Sie den Zweiten Weltkrieg in der Schule durchgenommen?

Interessant ist ja, dass es in der Schule meist aufhört, bevor der Zweite Weltkrieg an die Reihe kommt. Mit dem Ersten Weltkrieg und den Verträgen von Versailles war es bei uns fertig. Aber man spricht nie darüber, weshalb sich dieses Europa so schwertut mit der Völkerverständigung. Nach wie vor gilt es als schick, den Deutschen die Schuld zuzuschieben. Aber kein einziges Land will sich doch mit seiner eigenen Geschichte auseinandersetzen und dann feststellen: Hey, die Katastrophe hat vielleicht auch etwas mit uns zu tun. Auch in der Schweiz hatten wir viele Nationalsozialisten. Und wir hatten das Nazi-Gold. Die Tschechen haben teilweise kollaboriert, die Franzosen. Wenn die Leute mehr über ihre eigene Geschichte reden würden, würde man vielleicht mit einer anderen Art und Weise auf die Menschen zugehen.

Waren Ihre Eltern glücklich mit Ihrer Entscheidung, Komiker zu werden?

Mein Mami fand das super. Sie freute sich, an jede Filmpreisverleihung mitkommen zu dürfen und alle Leute kennenzulernen, die sie bewundert.

Gab es den peinlichen Moment, dass Ihre Mutter mitkam und Promis verwechselte?

Nein, das passierte ihr nicht.

Sie kannte jeden Star?

Es war eher so, dass man schnell überall wusste, wer Frau Rima ist. Weil meine Frau ... äh ... meine Mami war sehr entscheidend für alle meine Frauen im Sinne von: Ich orientiere mich als Bub natürlich an meiner Mami. Und da meine Mutter eine sehr starke und stolze Frau ist, wusste ich immer, dass ich eine starke und stolze Frau an meiner Seite haben möchte, nicht irgendein Tüpfi, sondern eine, die mir den Tarif durchgibt. Mein Mami kann einfach gut auf Leute zugehen. An der letzten Veranstaltung, die sie mit mir besuchte, unterhielt sie sich zum Beispiel mit Sabine Christiansen. Die kam dann später auf mich zu und sagte: Sie müssen mich unbedingt mal besuchen kommen auf Mallorca – mit ihrer Mutter.

War Ihre Mutter Familienfrau oder arbeitete sie auswärts?

Ich habe meine Mutter immer als Mami erlebt. Nach der Scheidung ging sie wieder arbeiten, machte bei Möbel Pfister den Empfang. Sie war sehr beliebt. Ich sage immer, es tut allen gut, eine Aufgabe zu haben. Nur Vater und Mutter oder Hausfrau und Hausmann zu sein, das finde ich sehr streng. Wer daran Freude hat, von mir aus. Aber ich finde eine Kombination lässiger.

Welchen Beruf hatte Ihr Vater?

Papi war Geschäftsführer beim Reisebüro Kuoni. Eigentlich wollte er Schauspieler werden. Aber damals war das ein No-Go.

War das Reisebüro seine Bühne?

Das Reisen wurde zu seiner Bühne! Ich treffe heute noch oft Leute, die mir sagen: ‹Rima … Kennen Sie eigentlich Giorigo Rima?› ‹Ja, das ist mein Vater.› Danach höre ich solche Geschichten, wie jene, dass er in Hotels Hechtsprünge über Polstergruppen machte und überhaupt immer für viel Unterhaltung sorgte. Meinen Vater kannte man als Monsieur Kuoni von Zug.

Waren Ihre Eltern streng?

Ich hatte wahnsinnig liebe Eltern. Papi war einfach wichtig, dass ich in ‹Betragen› kein ‹unbefriedigend› habe. Was ich jedoch nie schaffte.

Welchen Seich stellten Sie denn an in der Schule?

Ich weiss es auch nicht. Einen Lehrer störte nur schon meine Anwesenheit. Es gab ein Strichli-System, bei dem du ab sechs Punkten kein ‹befriedigend› mehr bekamst. Ich hatte 87 Strichli ... nach zwei Monaten. Wenn ich jedoch einen Lehrer gern mochte, ging ich für ihn durchs Feuer. Selbst ein Lehrer erfuhr ich später am eigenen Leibe, was es heisst, schwierige Kinder in der Klasse zu haben.

Was taten Sie in solchen Situationen?

Ich ging auf das Kind zu und sagte: ‹Ich weiss, du magst mich nicht. Ich mag dich aber auch nicht. Aber lass uns zusammen einen Weg finden, damit wir uns mögen und einen Weg zusammen finden.› Das allein genügte oft, dass genau dieser Schüler mein Lieblingsschüler wurde.

Mussten Sie als Kind viel mithelfen?

Es ging so. Nach dem Mittagessen mussten wir abwaschen und abtrocknen. Das gab immer riesige Lämpen, weil meine Schwester und ich uns stritten, wer abwäscht und wer abtrocknen muss. Dann kam mein Papi und sagte: ‹Dann mache ich halt alles!› Dann schrien wir: ‹Nein, Papi!› Es war immer laut bei uns. Meine Mutter bekam jeweils fast einen Herzinfarkt, wenn sich mein Vater und ich stritten. Wir waren auf einem solch hohen Level. Doch kurz darauf war alles wieder gut, und wenn wir in die Schule gingen, verabschiedeten wir uns bereits wieder mit einem Kuss.

Welche Teenagersünde wollen Sie exklusiv auf Bluewin.ch beichten?

Uiii, das mag jetzt vielleicht für viele sehr enttäuschend sein, aber ich war ein sehr braver Teenager. Ich pubertierte nicht gross. Ich war zwar laut und hatte eine grosse Klappe. Und jeder Vater, dessen Tochter ich nach Hause begleitete, hatte wohl Schiss, dass ich diese schwängere. Doch in Wahrheit verlor ich meine Unschuld erst mit 20, davor überspielte ich sie mit meiner grossen Klappe. Wenn es darauf angekommen wäre, hätte ich nie gewagt, einem Mädchen zu sagen: Ich habe dich gern.

Aber mit 20 hat es dann endlich geklappt ...

Ja. Da wusste ich, ich muss diesem Mädchen jetzt sagen: I like you. Danach begannen wir richtig zu schmusen auf einem Mäuerchen an der ligurischen Küste während einer lauen Sommernacht. Am nächsten Tag lagen wir am Strand und küssten uns weiter. Dann schrie sie: Lass uns ins Meer gehen! Darauf ich: Ein bisschen später, denn ich muss zuerst noch den Ölturm einfahren …

Welche Gerüche verbinden Sie mit der Kindheit?

Meine Nonna duftete immer nach Lavendel und kochte Risotto. Sie kochte wahnsinnig gut. Dann den Keller meines Grossvaters, in dem Kohle gelagert wurde und eingemachte Äpfel. Und die Salatsauce meines Grosis.

Ihre Lieblingsfarbe?

Rot. Ferrari-Rot.

An wen ging Ihr letzter von Hand geschriebener Brief?

Das ist schon eine Weile her. Heute Morgen schrieb ich eine Notiz an meine Frau: ‹Love you so much›.

Wenn Sie an die Frauen denken, die Ihr Leben geprägt haben, wer kommt Ihnen als Erste in den Sinn?

Meine Frau ... wahnsinnig ... und dann meine Schwester. Je älter wir werden, desto mehr Kontakt haben wir wieder. Das ist lässig. Wir machen ab und zu Reisen zusammen mit unseren beiden Töchtern. Dann erleben diese beiden Töchter uns als Geschwister, wie wir zusammen auf dem Bett liegen und uns alte Geschichten erzählen, über die wir laut lachen. Einmal machten wir mit unserer Mami eine Reise nach Rom. Die war natürlich selig, wie wir bis morgen um drei Uhr miteinander lachten und redeten. Meine Schwester und ich haben dasselbe Hobby. Wir golfen gerne. Meine Schwester ist einfach eine tolle Frau. Ich würde sie sofort heiraten. Meine Frau ist das, was meine Mami und meine Schwester an positiven Eigenschaften mitbringen. Sie ist ein ähnlicher Frauentyp.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren ersten Schulschatz?

Sie hiess Corina Mini, und ich küsste sie unter einem Busch – und dann gaben wir uns auf den Ranzen. Wir rammelten zusammen wie unter Jungs. Sie würde ich gern einmal wiedersehen. Corina, melde dich bitte bei mir.

Mögen Sie Blumen?

Ich liebe Magerwiesen, und ich schenke gern Blumen, und ich achte auch darauf, dass ich den Blumenwunsch richtig erfülle. Meine Frau mag beispielsweise keine roten Rosen, weshalb ich auch nie mit roten Rosen nach Hause komme.

Wann haben Sie Ihrer Frau das letzte Mal Blumen geschenkt?

Das ist ein Weilchen her. Wir unternehmen derart viel, dass diese Blumen kaputtgehen würden, bevor ich sie überhaupt in die Vase gestellt hätte. Meine Frau mag lieber andere Dinge, wie zusammen Zeit haben oder draussen sein und während eines Spaziergangs zusammen reden.

Das schönste Lob, dass Ihnen Ihre Frau Christina je gemacht hat?

Das ist eine unausgesprochene Sache ... ich fühle mich von ihr total geliebt.

Wie nennen Sie Ihre Frau?

Schatz oder Christina.

Wie nennt sie Sie?

Marco oder Schatz.

Wie nennt Sie Ihre Frau, wenn Sie böse mit Ihnen ist?

Dann kommt ein scharfes ‹Schatz!› oder ein klares ‹Marco!›. Aber bei Christina merke ich es schon am Gesicht oder an der Körpersprache, wenn etwas nicht mehr gut ist. Aber meine Frau ist viel ausgeglichener als ich. Ich habe die Periode 30 Mal im Monat, sie nur einmal.

Wie haben Sie sich ineinander verliebt?

Das ist eine verrückte Geschichte. Es begann 2003 im Lift im Hotel Hyatt in Melbourne. Wir besuchten beide das ‹Australian Open›, weil wir beide Tennis mögen und auch selber spielen. Im Lift sagte sie zu mir: ‹Ich kenne Sie.› Ich dachte, die Frau kennt mich von der ‹Wochenshow› oder so. Doch sie kannte mich als Gast von einem Geburtstag einer deutschen Schauspielerin, der 2002 in Hamburg-Rotherbaum war. Es war tatsächlich so, dass ich dort eine Tennis-Exhibition gespielt hatte. Diese sah Christina zwar nicht, doch den Geburtstag. Und Christina liebt Geburtstage, daher sagte sie mir: ‹Einen solchen Geburtstag wünsche ich mir auch.› So lernten wir uns kennen und trafen uns darauf in den folgenden Tagen immer wieder beim Frühstück oder Tennis. Dann verliebten wir uns ineinander und gingen zusammen Fahrrad fahren in eine Bucht. Dort cremte sie mir das Single-Dreieck mit Sonnencreme ein, und als ich diese Hände auf meinem Körper spürte, wusste ich: Das ist sie. Bei ihr möchte ich bleiben. Fünf Tage später, als sie nach Hause fliegen wollte, fragte ich sie: ‹Kannst du nicht etwas länger bleiben?› Und so begann unsere vorgezogene Hochzeitsreise.

Und zwei Jahre später folgte der Heiratsantrag?

Genau. Irgendwann fragte sie mich: ‹Ähm, heiraten?› Zu Beginn unserer Beziehung hatte ich immer gesagt: Keine Kinder mehr, nie mehr heiraten. Sie schien es zu akzeptieren. Doch wiederum ich begann mich von diesem Moment an zu fragen: Wieso eigentlich nicht doch? Die Hürde für mich war, dass ich meinen Kindern sagen musste: ‹Schaut, das ist jetzt sehr ernst, ich heirate nochmals.› Die erste Frage meiner ältesten Tochter, Mia war damals neun Jahre alt, lautete: ‹Was ist mit uns?› – ‹Alles normal!› – ‹Woher weisst du das?› – ‹Ich kann es dir schriftlich geben, aber das nützt dir nichts.› Ja, ich hatte Angst, es meinen Kindern zu sagen. Und natürlich: Was passiert, wenn ich nochmals eine Familie gründen würde? Doch irgendwann wurde mir bewusst, dass ich auch Entscheidungen für mich treffen muss.

Was ist das Geheimnis Ihrer langjährigen Liebe?

Wie gesagt, ich habe mich selten so wohlgefühlt mit einem Menschen wie mit Christina. Es ist eine Vertrautheit, eine Begeisterung füreinander. Man fühlt sich geliebt und sagt sich das auch. Wir fühlen uns privilegiert mit unserer tollen Familie.

Einen Tick, für den Sie Ihre Frau über alles lieben?

Sie ist perfekt. Das ist das grosse Problem in unserer Beziehung. Sie hat ein umwerfendes Lachen und kann umwerfend über sich selbst lachen.

Mit welchem Satz kann Sie Ihre Frau zur Weissglut treiben?

Das habe ich dir schon immer gesagt!

Worüber streiten Sie am meisten?

Die Kinder.

In welcher Situation wären Sie lieber eine Frau?

In gar keiner. Ich fühle mich sehr wohl als Mann.

Könnten Sie sich vorstellen, eine Woche mit Ihrer Frau Rollen zu tauschen?

Dann würde ich all das leben, was sie lebt. Das heisst, ich würde von der Arbeit nach Hause fahren und anrufen, um zu fragen: Was gibt es zum Znacht? Was hast du gekocht? Bist du schon bereit fürs Bett? Ich bin eigentlich eher die Person, die daheim den Haushalt schmeisst.

In einem Interview haben Sie behauptet, Sie seien ‹der perfekte Hausmann›.

Eine Frau muss sich ziemlich warm anziehen, wenn sie mit mir konkurrieren möchte. Meine Mutter sagte immer: Du bist erst dann ein starker Mann, wenn du all das auch kannst, was wir Frauen können müssen. Darum verstand ich Frauen immer gut. Ich verstehe eine Frau, die sagt: Nur der Haushalt und die Kinder allein genügen mir nicht. Ich muss zwischendurch auch mal was anderes machen, sonst reden wir nur noch über Kinder und Haushalt.

Das wollen wir doch jetzt mal testen: Wie viel Prozent der Aufgaben im Haushalt übernehmen Sie, wie viel Ihre Frau?

75 Prozent ich, 25 Prozent Christina. Dafür sie 75 Prozent im technisch-finanziellen Bereich, und ich bin für jene 25 Prozent verantwortlich, wie man es eben nicht machen sollte.

Wer hält mehr Ordnung im Haushalt, Ihre Frau oder Sie?

Ich.

Wie würden Sie einem Menschen, den Sie heute Abend kennenlernen, Ihr Haus beschreiben?

Es ist ein Haus aus den 1960er-Jahren, renoviert, mit Blick auf den Ägerisee, sehr wohnlich und mit guter Atmosphäre.

Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrem Haus lieben Sie am meisten?

Den Zwiebelschäler von Zyliss. Werde ich jetzt gesponsert?

Mit welchem Kunstwerk in Ihrem Haus könnten Sie nötigenfalls angeben?

Ein Bild von meiner Frau. Das Porträt hat der australische Künstler Barry Novis gemalt, der mittlerweile ein Freund von uns geworden ist.

Das letzte Kunstwerk, das Sie gekauft haben?

Ein Bild von Novis, das in unserem Schlafzimmer hängt – zu sehen sind darauf ganz viele nackte Frauen, die übereinander liegen. Es trägt den wunderschönen Titel: ‹Now you can go›.

Das letzte Kunstwerk, das Sie verkauft haben?

Ich habe noch nie ein Kunstwerk verkauft.

Welches Talent hätten Sie gern?

Ich bewundere alle Sportler. Ich wäre gern ein Profisportler geworden. Ein super Tennis- oder Hockeyspieler. Was auch immer. Doch meine Talente haben dazu nicht ausgereicht.

Für welche Ihrer Charakterschwächen schämen Sie sich am meisten?

Schämen tue ich mich nicht. Aber ich bin verführbar, was meine Süchte anbelangt. Ich spienzle immer auf diese Mohrenköpfen, die ich hinter Ihnen sehe. Wobei: Mohrenköpfe darf man ja gar nicht mehr sagen ...

Sind Sie ein Zyniker?

Nein.

Sind Sie ein Optimist?

Ja.

Sind Sie eine Mimose?

Ja, immer noch.

War Gleichberechtigung je ein Thema in Ihrer Partnerschaft?

Nein. Es gibt für mich nur das partnerschaftliche Zusammengehen. Eine Beziehung bezieht sich ja aufeinander. Und nicht nur der eine gibt an, und der andere macht. Das wäre auch langweilig.

Was haben Sie erst durch Ihre Frau gelernt?

Ich bin wieder bei mir angekommen. Ich war eine Zeitlang verloren. Und das ist sehr unangenehm, wenn du in einem Flieger sitzt und alles hast, was du dir erträumt hast: Erfolg mit verschiedenen Shows wie der ‹Wochenshow›, erfolgreich Musicals wie ‹Hank Hoover›, einen Porsche, eine Familie, eine Geliebte und du trotzdem denkst: Wenn jetzt dieses Flugzeug abstürzen würde, dann gäbe es auf der Welt ein Arschloch weniger. Ich ging damals auch jedem Spiegel aus dem Weg und wollte diesen Typen nicht anschauen. Er war mir fremd.

Was ist die grösste Herausforderung in Ihrem Familien-Alltag?

Dass ich die 67 Treppenstufen, die zu unserem Haus hinaufführen, mit Getränken und Einkäufen unter dem Arm in weniger als einer Minute schaffe.

Gibt es Dinge, die Sie nicht ohne Ihre Frau tun können?

Ja, aber auf die müssen wir jetzt nicht eingehen.

Gibt es Dinge, die Sie nicht miteinander tun können?

Auch hier: Überlassen wir das lieber der Fantasie … Nein, natürlich gibt es Dinge, die ich nur mit meiner Frau tue.

Beenden Sie bitte den folgenden Satz: Den Altersunterschied zwischen uns …

… ist okay.

Marco Rima, Komiker: «Ich fahre nie weg, ohne zu sagen: Ich habe dich lieb»

Marco Rima, Komiker: «Ich fahre nie weg, ohne zu sagen: Ich habe dich lieb»

Das längste Interview der Schweiz: Komiker Marco Rima redet gerne. Na dann, dachte «Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi, stelle ich ihm doch einmal 1'000 Fragen – über sein Leben, seine Familie, seine Karriere, seine Probleme und noch vieles mehr.

02.10.2019

Wer wacht gewöhnlich früher auf – Sie oder Ihre Frau?

Ich.

Heute Morgen auch?

Ja – heute musste ich um sechs Uhr aufstehen, duschen und los.

Worin besteht der Unterschied zwischen allein und einsam sein?

Am schlimmsten ist es, wenn man in einer Partnerschaft einsam ist. Das ist heavy. Alleinsein ist schön, wenn man unterwegs ist und für sich sein möchte. Einsam ist einfach nur blöd.

Was spricht für die grosse Liebe?

Es ist wunderbar, mit jemandem das Leben teilen zu dürfen – sich auszutauschen, Spass zu haben. Man liebt sich dann am meisten, wenn man sich selbst liebt und Dinge tun darf, die der andere gutheisst. Meine Frau bekam kurz vor der Hochzeit kalte Füsse: ‹Dann kann ich nicht mehr studieren, nicht mehr nach New York!› Da sagte ich ihr: ‹Wieso nicht?› Sie: ‹Ja, und wenn wir dann Kinder haben?› Ich: ‹Das ist doch kein Problem. Dann komme ich dir nach!› Sie: ‹Echt?› Ich: ‹Klar, dann organisieren wir das. Lebe du dein Leben. Es ist dein Leben, es sind deine Entscheidungen. Wir finden einen gemeinsamen Weg.› Im Leben ist es doch einfach so: Wir kommen mithilfe der Mutter zur Welt. Aber sterben tun wir allein.

Und was spricht fürs ewige Single-Dasein?

Gar nichts. Super langweilig.

Ihre Frau ist gleichzeitig Ihre Managerin – funktioniert das gut?

Das funktioniert sogar bestens, weil sie sich auf das Business konzentriert und ich damit überhaupt nichts zu tun haben möchte. Ich rede nicht gern über Geld, dafür gebe ich es gern aus. Christina ist Schwäbin und weiss, wie man sparsam lebt: Schaffe, schaffe, Häusle baue … Zudem hat sie Business studiert. Unsere ganze Prosperität und unser Haus haben wir einzig und allein ihr zu verdanken.

Sie spielen auf der Bühne, und sie spielt mit dem Geld …

So ist es. Wir reden uns gegenseitig nicht rein. Natürlich reden wir über eine neue Tournee, also das Wie, Wo und Was. Christina gibt mir auch Tipps, doch grundsätzlich haben wir beide unsere jeweiligen Arbeitsgebiete.

Der Künstler Rima hat nie Streit mit der Managerin Rima?

Nein, weil ich weiss, dass ich jemanden habe, der mir den Rücken freihält und meine Art erträgt.

Stimmt es, dass Sie und Ihre Frau ziemlich schnell explodieren können?

Wir sind sehr schnell sehr konkret im Sinne von: Wenn es ein Problem gibt, sprechen wir sofort darüber. Aber ansonsten haben wir eine sehr friedliche Beziehung.

Woran erkennt man, dass Sie im nächsten Moment explodieren?

Bei mir gibt es kein Frühwarnsystem. Da geht es sofort los von 0 auf 100. Typisch Widder.

Sind Sie gut im Entschuldigen?

Das kann ich richtig gut. Es ist mir wichtig, dass sich der Rauch verzieht, dass man wieder gut auskommt. Ich fahre auch nie weg von zuhause, ohne zu sagen: Ich habe dich lieb.

Also wenn Sie Streit hatten mit Ihrer Managerin, sagen Sie Ihrer Frau trotzdem noch Tschüss, bevor Sie das Haus verlassen?

Der Vorteil ist, dass ich mit meiner Managerin noch überhaupt nie Streit hatte. Mit meiner Frau kann ich Streit haben, aber da wir uns nur über Peanuts streiten, beispielsweise Kinder-Erziehungsfragen, lassen sich diese Uneinigkeiten gut besprechen.

Ihre Frau sorgt sich anscheinend gut um das Geld. Haben Sie trotzdem ab und zu Existenzangst?

Habe ich nicht.

Wer füllt die Steuererklärung aus?

Dafür haben wir einen Treuhänder.

Wer kauft öfter ein?

Ich – also die Lebensmittel.

Wer kocht?

Ich.

Küchenkräuter – ja oder nein?

Ja.

Handy auf dem WC – ja oder nein?

Ja. Auf dem Tisch während des Essens herrscht bei uns jedoch absolutes Handyverbot.

Wann haben Sie das letzte Mal bedauert, Ihr Handy nicht ausgeschaltet zu haben?

Noch nie.

Wann sind Sie offline?

Wenn ich golfen gehe. Dann will ich mit meinen Kollegen oder mit meiner Frau golfen – und nichts anderes. Oder wenn ich einen Spaziergang mache und den Kopf auslüften möchte. Ich bin immer mehr offline. Das bedeutet für mich eindeutig mehr Lebensqualität.

Wer arbeitet mehr, Sie oder Ihre Frau?

Hmm. Wir teilen uns die Arbeit sehr gut auf. Für mich ist meine Arbeit keine Arbeit. Das ist eine Berufung, eine Passion, eine Begeisterung. So gesehen arbeitet Christina mehr. Sie muss die Tournee zusammenstellen, das Ticketing machen, die Leute einstellen, alles organisieren. Das heisst, sie trägt mehr Verantwortung. Ich gehe dann nur noch das Kalb machen.

Was wird sich ändern, wenn Ihre Kinder erwachsen sind und nicht mehr daheim wohnen werden?

Dann kommen viele Reisen auf mich zu, und wir werden eine kleinere Wohnung nehmen. Wir sind jetzt gerade daran, eine solche Wohnung zu bauen, die dann unsere Dependance wird. So können wir später einmal unser Haus vermieten und mehr reisen.

Wann haben Sie das erste Mal das Meer gesehen?

Schon relativ früh, weil mein Papi auf dem Reisebüro arbeitete. 1966 fuhren wir mit dem Auto, einem Opel 1700, nach Torremolinos an der Costa Brava ... 24 Stunden Fahrt. Das war noch zu jener Zeit, als die Strände von Hotelbauten frei waren. Dort lernte ich auch schwimmen. Das war der Hammer.

Wann waren Sie das letzte Mal in Spanien?

Mit meiner Frau besuchte ich vor einigen Jahren Andalusien. Zum Abschluss gingen wir nach Torremolinos, weil es mich wundernahm, wie es dort jetzt aussieht. Die gesamte spanische Küste zugebaut zu sehen, war für mich ein Schock. Das gibt es praktisch nur noch in Australien, diese unendlich weiten, unbebauten Küstenstreifen. Diese Erkenntnis tut weh.

Wie sieht Ihre Badehose aus?

Das ist ein sehr geiles Format – vom Bauchnabel bis zu den Knien ... nein, es ist einfach eine normale Shorts.

Kaufen Sie jeden Sommer eine neue Badehose?

Meine Frau wäre froh, wenn ich öfter neue Kleider kaufen würde. Denn seit sie mich kennt, trage ich fast immer dieselben Kleider. Einkaufen liegt mir nicht so.

Interessieren Sie sich dafür, wie das Wetter morgen sein wird?

Überhaupt nicht. Das Wetter findet einfach statt. Und das Wetter wird doch sehr oft anders, als es vorausgesagt wurde. Allenfalls vor Dreharbeiten achte ich etwas mehr auf Wetterprognosen. Bei Aussenaufnahmen kann es sehr entscheidend sein, ob es regnet oder nicht.

Lust, als Tourist auf den Mond zu fliegen?

Nein. Null. Es gibt ja nichts dort oben. Und nur wegen mir eine Rakete dort hinaufzuschicken, wäre eine zu grosse Umweltsünde. Ich fliege sonst schon genug.

Was macht den Zauber des Matterhorns aus?

Ich sah das Matterhorn erst mit etwa 36 Jahren zum ersten Mal. Das war ein grosses Einatmen, diesen riesigen Felsen, diesen Zahn vor dir zu sehen. Ich sah so etwas noch selten und war sehr beeindruckt.

Was macht den Zauber von Zürich aus?

Ich liebe die Stadt Zürich. Obwohl: Als Zuger darfst du natürlich nie zugeben, dass du Zürich gut findest – wegen der ZSC Lions. Doch hat es dort auch coole Spieler, und ich kenne sogar den Präsidenten – auch ein cooler Typ. Leider. Es ist einfach immer blöd, wenn die Gegner gute Leute sind. Nein, im Ernst: Zürich ist einfach eine sehr tolle Stadt. Ich bin immer stolz, wenn ich mit ausländischen Gästen nach Zürich gehe. Es ist einzigartig dort.

Was macht den Zauber von Davos aus?

Davos ist sehr schön zum Skifahren, es hat ein paar schöne Ecken, und man sollte sich nie negativ in einer Fernsehsendung über Davos äussern. Das kommt ganz schlecht an.

Vor einem Jahr haben Sie sich in der Quizsendung ‹Spiel für dein Land› ziemlich in die Nesseln gesetzt – Sie sagten: ‹Nichts gegen die Davoser. Geile Hockeymannschaft, super nette Leute, aber die Stadt ist zum Kotzen.›

Richtig. Da hörte ich den Wortlaut meines Vaters von 1968 wieder, der von einer ‹alpinen Stadt› sprach. Als ich zum ersten Mal diesen Ort mit seinen Hochhäusern sah, musste ich mir einfach sagen: Welch eine Sünde ist das denn, diesen Ort so zu verbauen, statt eine Idylle in diese Landschaft zu zaubern, wie das andere Orte auf der Lenzerheide oder im Berner Oberland geschafft haben? Darüber habe ich mich unglücklich geäussert, aber nicht, weil ich die Leute dort nicht lässig finde.

Der Davoser Tourismusdirektor hat Sie nach dieser Aussage zu einem Rundgang durch seine Stadt eingeladen. Hat es stattgefunden?

Ja, haben wir gemacht. Ich habe mich entschuldigt und bin inzwischen sehr verbunden mit Davos.

Wie ist Ihre Meinung über Davos heute?

Es gibt in Davos einen schönen Golfplatz. Auch finde ich den HCD einen coolen Hockeyclub. Mit dem langjährigen Trainer del Curto fühle ich mich verbunden, auch war ich schon oft am Spengler Cup. Ich liebe Hockey.

Wie oft haben Sie es im Leben schon bereut, dass Sie ein freches Mundwerk haben?

Das kann ich gar nicht zählen, denn es sind oft kleine Momente. Beispielsweise beim Autofahren, wenn mir einer zubrüllt: ‹Auch Prominente haben sich an die Spielregeln zu halten!› Dann brülle ich zurück: ‹Der Prominente sagt Ihnen, dass Sie ein A…. sind!› Was ich natürlich schon im gleichen Augenblick total bereue und mich auch immer sogleich entschuldige.

Furchtbar schlechtes Gewissen oder normal schlechtes Gewissen?

Wenn ich realisiere, dass ich komplett im Unrecht bin, dann entschuldige ich mich vorwärts und rückwärts. Und zwar doppelt!

Sind Sie ein mutiger Mensch?

In gewissen Dingen schon. Dumm und mutig. Vermutlich wäre ich in anderen Ländern schon erschossen worden für meine dummen Äusserungen. Aber das Herz zu sehr auf der Zunge zu haben, führt manchmal auch dazu, dass man über das Ziel hinausschiesst.

Was kann Ihre Zunge?

Man sagt mir nach, dass ich ein guter Küsser sei (er fragt in die Runde: Will jemand probieren?). Ich komme mit der Zunge an meine Nasenspitze.

Und Sie können ja auch einiges mit ihrer Brille …

Eine meiner ersten Langspielplatten war ‹Crocodile Rock›. Da trug Elton John eine Brille. Die Brille ist ein schönes Requisit zum Spielen.

Wie viele Dioptrien haben Sie?

1,5 bis 2. Ich bin kurzsichtig. Wenn man älter wird, wachsen erwiesenermassen die Arme.

Sie leiden also unter Alterssichtigkeit?

Das ist das Gemeine: Das Leben wird im Alter immer gefährlicher. Eigentlich sollte man die Treppenstufen besser sehen als in jungen Jahren. Und an der Bushaltestelle siehst du das Schild nicht, und der Bus fährt dir vor der Nase weg. Mittlerweile mache ich mir Notizen, wohin ich die Brille gelegt habe. Doch weil ich die Brille nicht habe, kann ich die Notizen nicht lesen und suche die Brille erst recht. Und wenn ich die Brille dann endlich gefunden habe, kommt die Vergesslichkeit noch dazu. Dann stehe ich auf der Treppe und weiss nicht mehr, was ich eigentlich wollte.

Das Alter scheint ziemlich kompliziert zu sein. Weniger kompliziert sind Ferien. Fahren Sie gern weg?

Durch meine Frau lernte ich wieder zu reisen. Sie ist ein Reisefüdli. Ich bin gern daheim. Und wenn ich weg bin, bin ich ein Heimweh-Schweizer. Ich möchte nie in der Fremde sterben, sondern zu Hause.

Warum fällt es vielen Menschen so schwer, einfach zu Hause zu bleiben?

Ich habe ein schönes Zuhause mit vielen Freunden. Für mich ist das Heimatgefühl eng verbunden mit Sprache, Menschen, Freunden, einer Umgebung, die mir gefällt, und die ich auch gern den anderen Menschen zeige.

Been there, done that› – was halten Sie von der aktuellen Werbekampagne einer Schweizer Airline?

Berührt mich nicht gross, auch wenn mit dieser Airline ebenfalls fliege. Dem ‹-air› trauere ich heute noch nach. Ich bin sicher, man hätte diese Airline retten können.

Sie reden von der falschen Airline, ich meine nicht die Swiss … Aber können Sie mit dem Werbespruch etwas anfangen?

Nein. Ich finde es einen riesigen Witz, dass man in der heutigen Zeit für 25 Franken nach London fliegen kann. Ich finde es absolut richtig, dass jetzt im Parlament über eine Abgabe diskutiert wird. Ich bezahle auch gern mehr fürs Benzin. Und wenn ich fliege, soll ich dafür auch mehr bezahlen. Die Frage ist berechtigt, ob wir so viel fliegen sollten. Früher, als mein Vater noch im Reisebüro arbeitete, bezahlte man für ein Flugticket nach Ägypten 7'000 Franken, um das Land anzuschauen. Und wenn die Reservation für das Hotel mit dem Telefax nicht geklappt hat, dann ging man zwei Tage in die Wüste. Die Rückmeldungen, die mein Vater jeweils erhielt, waren überwältigend, weil die Leute etwas Einmaliges erlebten. Heute zählen nur das super Hotel, das super Buffet und der lässige Swimmingpool. ‹Und was hast du vom Land gesehen?› – ‹Was, Land?› Das finde ich verwerflich. Das Reisen und Fliegen sollte wieder einen grösseren Wert haben.

Und wenn ich schon dabei bin: Die Kampagne der SVP mit dem Slogan ‹Reisen ist nur noch für die Reichen. Wählt uns!› finde ich richtig gruslig. Das macht mich staubig. Man holt dort das Gefühl der Leute ab: Die Reichen dürfen noch, und wir schauen für euch, dass ihr weiterhin euren SUV fahren dürft und günstig reisen, wohin ihr wollt. Das war jetzt eine politische Aussage, obwohl ich nicht alles, was die SVP sagt, schlecht finde, und umgekehrt auch manche Parolen der Grünen oder SP zum Kotzen finde. Darum bin ich auch in keiner Partei. Ich habe ein Rundum-Denken, sodass mich die Linken als Rechten sehen und die Rechten als Linken.

Welches Buch würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?

Ein sehr tolles Buch ist ‹Briefe der Liebe› von Maria Nurowska. Darin geht es um eine Frau, die mit einem polnischen Widerstandskämpfer verheiratet ist, der das Getto aufgrund der Hilfe eines SS-Mannes überlebt hat. Der polnische Widerstandskämpfer hasst Juden und weiss nicht, dass sie halbe Jüdin ist. Im Buch geht es nicht darum, wer warum schlechter ist, sondern darum: Du findest überall Menschen, die besser oder schlechter sind. Das finde ich spannend. Übertragen auf unser politisches System: Es gibt in jeder Partei tolle Menschen, aber auch Vollpfosten.

Welche Pfosten gibt es denn in Australien? Mit Ihrer Familie waren Sie mehrfach längere Zeit in ‹Down Under›.

In Australien gibt es in der Regierung viele Vollpfosten, weil sie sich an der Klimapolitik nicht beteiligen – wie die Amerikaner und die Russen auch nicht.

Wieso reisen Sie trotzdem immer wieder dorthin?

Ich habe meine Frau in Australien kennengelernt. Ich war schon fünfmal dort, und es zieht mich immer wieder dorthin zurück. Das Land hat etwas an sich, das mich fasziniert. Die Australier sind unglaublich liebe Leute, ihr Easy-Going ist fantastisch. Und doch sind sie nicht oberflächlich, sondern sehr herzlich.

Sind Australierinnen, Australier humorvoll?

Sie lieben es zu lachen. Es gibt grosse Comedyfestivals in Melbourne und Sydney. Tolle Leute, grosse Schauspieler. Wir Schweizerinnen und Schweizer sind auch ein sehr humorvolles Volk. Wir sind viel lustiger, als wir in der Presse immer dargestellt werden. Wir können unglaublich über uns selber lachen.

Was hat Australien, was die Schweiz nicht hat?

Viel Meer, viel Strand, viel Platz.

Was hat die Schweiz, was Australien nicht hat?

Hohe Berge, unglaubliche Landschaften, Schluchten, es ist grün. Dann natürlich die Jahreszeiten.

Könnten Sie sich vorstellen, im Alter irgendwann nach Australien auszuwandern?

Nein, ich liebe die Schweiz, und ich liebe Europa. Du bist von der Schweiz aus mit dem Velo oder mit was auch immer wahnsinnig schnell irgendwo. Mit dem Velo in die Ferien zu gehen, ist etwas vom Schönsten, das es gibt. Du erlebst Landschaften, die bei 20 bis 30 Stundenkilometern an dir vorbeiziehen. Du kannst verweilen, schwimmen, in Herbergen Halt machen und kommst in Kontakt mit Menschen. Es müssen nicht immer die grossen Destinationen mit dem Flieger sein.

Vergangenen Frühling weilten Sie mit Ihrer Familie in Australien – und flogen extra für einen kurzen Auftritt in der Quizsendung ‹Ich weiss alles!› zurück nach Zürich. Warum?

A) hat man mich unverschämt gut bezahlt, und ich bin bekanntlich käuflich. B) hat man mich Businessclass eingeflogen. Und C) konnte ich meine Mami sehen.

Ihr Kurz-Auftritt löste im Netz einen Shitstorm aus. Hier und jetzt haben Sie die Möglichkeit, sich zu verteidigen!

Dieser Shitstorm, das waren genau zwei Leute. Das hat jemand von den Medien mitbekommen und mich angerufen. Worauf ich antwortete: ‹Sorry Leute, aber dafür entschuldige ich mich nicht. Natürlich weiss ich, dass das nicht zum Klimaschutz beiträgt, doch dieser Flieger wäre sowieso geflogen, und er war auch mit mir halb leer.› Klar ist aber auch: Wir schaffen einen Turnaround nur, wenn wir das Wachstum grundsätzlich drosseln – mit der Bevölkerung, aber auch wirtschaftlich. Wir müssen uns neu erfinden auf diesem Planeten. Der Planet wird überleben, aber wir Menschen nicht.

Die Fliegerei ist weltweit für knapp fünf Prozent des menschengemachten Klimaeffekts verantwortlich, in der Schweiz sogar für über 18 Prozent. Finden Sie, dass zurzeit ein Flug-Bashing betrieben wird?

Ich kann mich dazu nur sehr begrenzt äussern. Denn A) bin ich kein Wissenschaftler und B) gibt es auch Zahlen, die besagen, dass die Nutzung von Internet und Bitcoin noch schlimmer ist als das Fliegen. Es gibt so viele Faktoren, die zur Klimaerwärmung beitragen. Dann gibt es wieder Berichte, wonach es zu Zeiten der Römer und auch im Mittelalter wärmer gewesen sei als jetzt. Mir geht es weniger darum, ob ich das Klima erwärme, sondern mir geht es um die Fragen: Respektiere ich diesen Planeten? Gehe ich sorgsam mit den Ressourcen um? Bin ich vorsichtig mit dem Wasser? Es geht um eine eigene Einstellung, die wir unseren Kindern, Familien und Communitys weitergeben können.

Fliegen Sie heute weniger als noch vor zehn Jahren?

Nein – im Verhältnis fliege ich mehr.

Was in Ihrem Alltag müssten Sie aus ökologischer Sicht sonst noch dringend verändern?

Wir sind als Familie nur mit einem Auto unterwegs. Heute bekam ich das Auto, weil ich drei Termine auswärts habe. Zum Einkaufen nehmen wir das Velo. Wir achten auf unseren Fleischkonsum. Denn die Regenwälder werden vor allem wegen des Viehfutters abgeholzt. Ja, auf solche Dinge achten wir sehr. Doch letztendlich weiss ich auch nicht, was richtig ist.

Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie den Teller nicht leer essen?

Nein. Ich finde es jedoch schade, wenn man Lebensmittel wegschmeisst. Sobald das Ablaufdatum überschritten wird, schreibt das Gesetz vor, dass diese Produkte weggeworfen werden müssen. Dabei gibt es viele, die solche Produkte noch nehmen würden. In diesem Bereich gäbe es viel zu tun. Die ganze Verteilung stimmt nicht. Das ist bedauerlich.

Bei welchen Schweizern vergeht Ihnen das Lachen?

Uii ... eigentlich bei niemandem. Auch jene Schweizerinnen und Schweizer, die ich nicht mag, haben einen gewissen Unterhaltungswert. Es gibt niemanden in der Schweiz, den ich einen Vollpfosten schimpfen würde und bei dem mir das Lachen vergeht. Und es gibt schliesslich auch Leute, denen ich auf den Wecker gehe.

Ist für Sie die Schweiz mehr Hölle oder Witz?

Beides. Wir haben die Höllgrotte, das Hölloch, die Höllbrücke, und wir haben wahnsinnig viele witzige Leute wie Emil, César Keiser und viele andere, die das Land mit ihrem Humor geprägt haben. Leider kenne ich die Welschen, Tessiner und rätoromanischen Humoristen viel zu wenig.

Wie unterscheidet sich der schweizerische Humor von jenem in Deutschland – sind die Deutschen wirklich humorlos?

Das ist ein fertiger Blödsinn. Es gibt mittlerweile in Deutschland so viele Kabarettisten und Comedians. Letzthin spielte ich im «Brettl» in Erfurt. Als ich dort den Spielplan durchblätterte, haute mich das fast um: Dutzende Comedians waren da erwähnt, die ich nicht kannte. Und es gibt grossartige Komik-Sendungen im deutschen Fernsehen. Ich liebe ‹Die Anstalt› auf ZDF. Und es gibt unglaublich viele gute Frauen.

Sind die Schweizer humorloser als die Deutschen?

Nein, im Gegenteil. Was in der Schweiz beachtlich ist: Wir sind schneller im Denken und Verstehen, weil wir mit mehr Sprachen zu tun haben. Wenn du als Kabarettist auf Französisch, Englisch und Italienisch wechselst, ist das für einen Deutschschweizer normal. In Deutschland denkt sich der Zuschauer: ‹Was macht der jetzt?› Doch wenn dich die Deutschen verstehen und lieben, dann ist die Euphorie grösser, und du wirst gefeiert.

Was können die Deutschen besser als die Schweizer?

Reden. Schneller.

Was können die Schweizer besser als die Deutschen?

Kochen.

Die schlechteste Seite der Schweizerinnen und Schweizer?

Wir haben keine schlechten Seiten.

Eine überraschend gute Seite der Schweizerinnen und Schweizer?

Gastfreundschaft.

Der klügste Mensch auf Erden?

Puh, den würde ich gern kennenlernen.

Nennen Sie bitte drei Gründe, warum das Leben wunderschön ist?

(Überlegt lange) Hmm. Ich habe ein sehr erfülltes Leben. Und dafür drei Gründe herauszufinden, ist sehr schwierig, weil es übergreifend ist. Es sind die Emotionen, die Natur, die Faszination für das Neue und Unbekannte, aber auch das Alte. Das gefällt mir an diesem Planeten.

Wenn wir schon beim Thema ‹Heimat› sind, dann wollen wir den Fragebogen dazu nicht vergessen, den Schriftsteller Max Frisch 1971 erstellt hat. Dessen erste Frage lautet: Wenn Sie sich in der Fremde aufhalten und Landsleute treffen: Befällt Sie dann Heimweh oder dann gerade nicht?

Es ist ein Wiedersehen mit meiner Heimat, oder wie Karl Valentin einmal sagte: Fremd ist der Fremde nur in der Fremde. Und das gefällt mir eigentlich auch. Das ist sehr von einem selbst abhängig, ob man ein Fremder bleibt, oder ob man sich zusammen tut. Doch wenn jemand kommt und dieselbe Sprache spricht, ist das einfach etwas Schönes.

Hat Heimat für Sie eine Flagge?

Jein. Ich gehöre zu jenen, denen bei einer Siegerehrung die Tränen kommen. Wenn Werni Günthör Kugelweltmeister wurde oder Wendy Holdener Skiweltmeisterin, und dann stehen die auf dem Podest und die Landeshymne ertönt, das finde ich irrsinnig schön. Für mich steht das Schweizerkreuz für eine schöne Symbolik: Arme ausstrecken, wir nehmen alle an der Hand, und wir sind für alle bereit. Wir sind ein sehr gastfreundliches Land, aber die Heimat trägt man in seinem Inneren. Das sind die Seele, die Sprache, das Gefühl.

Was bezeichnen Sie als Heimat: ein Dorf, eine Stadt oder ein Quartier darin, einen Sprachraum, einen Erdteil oder eine Wohnung?

Für mich begann Heimat immer dann, wenn ich mit dem Zug von Zürich in Richtung Innerschweiz unterwegs war und bei Baar aus dem Tunnel kam und den Zugersee und die Rigi erblickte. Das war für mich Heimkommen. Meine Heimat ist für mich noch immer das Zugerbiet.

Was lieben Sie an Ihrer Heimat besonders: Die Landschaft? Oder dass Ihnen die Leute in Ihren Gewohnheiten ähnlich sind? Oder ist es das Brauchtum? Oder dass Sie dort ohne Fremdsprache auskommen? Oder sind es Erinnerungen an die Kindheit?

Die Erinnerungen an die Kindheit – in Verbindung mit der Landschaft. In Seeliken schwimmen, auf der Rigi Ski fahren, den Zugerberg …

Welche Speisen essen Sie aus Heimweh, und fühlen Sie sich dadurch in der Welt geborgener?

Wenn ich in Australien bei 30 Grad im Schatten ein Fondue bekomme, dann habe ich zwar eine Verbindung zur Schweiz, aber es ist wahrscheinlich nicht so gut. Genauso wie ein Rosé in Frankreich anders schmeckt als zu Hause.

Zuger Kirschtorte ist für Sie also Heimat?

Ja, schon, obwohl sie mir nicht schmeckt. Dafür mag ich Kirschstängeli sehr.

Wie viel Heimat brauchen Sie?

Gar keine. Denn ich bin Teil dieser Heimat. So wie ich Teil dieser Welt und dieser Schöpfung bin. Ich glaube, dass in jedem von uns etwas Göttliches schlummert, weil wir ein Teil davon sind. Darum finde ich auch den Glauben etwas Tolles, weil man für sich glauben kann und niemandem etwas erklären muss.

Kann eine Ideologie zu einer Heimat werden?

(Überlegt lange) Das glaube ich nicht.

Das wären die Heimat-Frage von Max Frisch gewesen. Und nun: Tragen Sie zu Hause Jogginghosen?

Ich trage vor allem T-Shirt und Unterhose. Das ist mein Nationalkostüm. Und das trage ich auch, wenn ich zum Briefkasten vor dem Haus gehe. Es ist etwas blöd, wenn es schneit und die Schulkinder vorbeispazieren: ‹Hallo, Herr Rima!› Das ist auch gefährlich, weil ich vielleicht mit einer Anzeige rechnen muss. Aber so bin ich aufgewachsen.

Ihr Beauty-Trick?

Unter die Dusche stellen und alles trocknen lassen.

Finden Sie sich eigentlich sehr gut aussehend?

(Lacht laut) Ich mag mich mittlerweile wieder sehr, seit ich diese Phase überwunden habe, in der ich mich einmal nicht so mochte. Aber ich fühle mich nicht gerade geblendet von dem, der mich aus dem Spiegel anschaut.

Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?

Alle meine Abendanzüge, die mir nicht mehr passen. Aber ich hoffe immer noch, dass ich eines Tages wieder da reinpasse. Der älteste stammt wohl etwa von 1991.

Was ist das hässlichste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?

Ein paar Lederhosen, die ich für das Oktoberfest in München gekauft habe. Darin sehe ich nur lächerlich aus.

Wie viele Krawatten hängen in Ihrem Kleiderschrank?

Nur eine, die meinem Vater gehörte. Als Erinnerung.

Und wie viel Paar Jeans?

Eine Bluejeans, eine schwarze Jeans und eine weisse, in die ich nicht mehr reinpasse. Das wär's.

Das teuerste Paar Schuhe: Wann und wo gekauft? Und wie viel haben die Schuhe gekostet?

Ein paar Retroschuhe, die ich in Winterthur kaufte. So im Stil, wie sie die Arbeiter früher trugen. Eine sehr schöne alte Form, ein bisschen wie die von Charlie Chaplin. Gekostet haben sie etwa 350 Franken. Ansonsten kosten meine Schuhe alle so zwischen 100 und 150 Franken.

Haben Sie Stil-Vorbilder?

Ich mag gut gekleidete Leute sehr und würde mich auch gern so kleiden. Eine Zeit lang konnte ich das auch. Doch dann ging man parallel zum Fernsehbild figürlich etwas ins Breitbild. Auch mag ich es sehr, wie sich meine Frau kleidet. Aber eine männliche Stilikone habe ich nicht.

Singen Sie unter der Dusche?

Ja, wenn ich keine Eile habe.

Und im Auto?

Da singe ich gern mit. Auch mit den Kindern, wenn wir zusammen unterwegs sind. Dann hören wir die aktuellen Hits und lassen dazu etwas Dampf ab. Mit meiner Frau passiert das weniger. Ich muss zugeben: Christina kann nicht so gut singen. Eigentlich bin ich der Überzeugung, dass jeder singen lernen kann. Bei ihr habe ich aber so meine Zweifel. Aber das tut der Freude keinen Abbruch, wenn sie für mich ‹Happy Birthday› singt.

Ihr Lieblingskuschelfilm?

‹Sleepless in Seattle›.

Wann zuletzt sinnlos vor sich hingesponnen?

Das mache ich nie. Wenn ich spinne, hat das immer einen Sinn. Beispielsweise gerade kürzlich im Zusammenhang mit meinem neuen Programm ‹#no Problem!?›, mit dem ich im Herbst nächsten Jahres auf Tournee gehen werde. Im Stück geht es darum, dass ich sage, keine Probleme zu haben, obwohl ich sehr viele Probleme habe. Ich habe jetzt ein Jahr Zeit, um mich darauf vorzubereiten, und dabei spinne ich oft sinnlos vor mich hin. Was auch dazu führen kann, dass ich auf Ideen komme, die wir nie brauchen werden, über die ich aber trotzdem herzhaft lachen kann.

Wo schreiben Sie das Programm auf?

Den einen Teil entwickle ich zu Hause, den anderen auf Mallorca. Ich bin sehr gern dort. Gregory oder Rolf Knie stellen mir jeweils ihr Haus zur Verfügung, damit ich mit meinen Co-Autoren ein Sparring machen kann. Wir kochen dann auch zusammen und reden viel. Hochphilosophische Gespräche unter Männern, also nicht so gruusig, wie man immer denkt, wenn Männer unter sich sind.

Ist es denn einfacher, im Ausland über das eigene Land zu schreiben?

Ja, ich kann dann Abstand nehmen: zu meinem Zuhause, meiner Frau, den Kindern und ihren Geschichten. Wenn ich mich rausnehme und einfach mal auf mein eigenes Leben schaue, ist das ein irrsinniges Privileg. Das macht Sinn, wenn man sich dafür absetzt. Das kann ich übrigens allen empfehlen. Alle meine Programme habe ich bisher anderswo entworfen.

Sind Sie abergläubisch?

Nicht wirklich.

Welches Instrument gehört verboten?

Blockflöte, von mir auch ‹Spoitz-Chnebel› genannt. Wobei ich zugeben muss, dass es unglaublich schöne Blockflöten-Konzerte gibt, die ich sehr gern höre. Erbärmlich finde ich, wenn jemand mit Geigenspielen beginnt und es nicht kann (imitiert das Quietschen einer Geige). Aber auch Geige ist ein Hammerinstrument und gehört nicht verboten.

Sind Sie einfach zum Lachen zu bringen?

Ja.

Echt wahr, das Lächeln glücklich macht?

Auf jeden Fall. Im Moment, wenn wir unsere Lippen hochziehen, schütten wir Glückshormone aus. Darum sollten wir jeden Tag in den Spiegel schauen und uns anlächeln.

Gegen welche Ängste soll Sie Ihr Lächeln schützen?

Unsicherheit.

Wann zum letzten Mal einen Lachanfall gehabt?

Den hat mir René Tanner beschert. Das ist mein Trauzeuge, der mich früher mit meiner Firma begleitet hat. Er ist einer meiner langjährigen sowohl geschäftlichen wie freundschaftlich verbundenen Lebensbegleiter – zusammen mit Marco Schneider. Als wir kürzlich zusammen in Mallorca waren, bescherte mir René einen wahnsinnigen Lachanfall.

Wann ist Ihnen zuletzt das Lachen vergangen?

Uii. Ähm. Als ich mit meiner Frau in Frankreich unterwegs war. Wir feierten ihren Geburtstag und gingen in Terre Blanche golfen – ein wunderschöner Fleck Erde. Doch spielte ich so schlecht, dass ich mir überlegte, ob ich die Schläger jetzt essen, fortwerfen, versenken oder zerbrechen soll. Für meine Frau war das nicht so lustig, weil ich vor einem solchen Knall ungehalten bin.

Was ist Ihnen letztendlich wichtiger: Humor oder Intellekt?

Humor.

Hinter Ihrem Erfolg steckt auch viel Disziplin. Wann können Sie sich gehen lassen?

Wenn wir jetzt einen kleinen Unterbruch machen würden, dann würde ich mich endlich über diese Mohrenköpfe hinter Ihnen hermachen. Dabei würde ich mich so was von gehen lassen. Unglaublich.

Verstehen Sie auch Spass, wenn es um Humor geht?

Ja. Aber ich staune immer wieder, wie Humor definiert wird. Es gibt humorvolle Beiträge von Kollegen, die ich überhaupt nicht humorvoll finde, weil sie auch für meinen Begriff einen gewissen Anstand verletzen. Aber es ist halt alles eine Frage der Gürtellinie.

Sprache verändert sich: Was hat das für Sie als Komiker für Konsequenzen?

Das hat sehr grosse Konsequenzen. Ich muss mich heute viel häufiger fragen: Was darf ich noch sagen und was nicht? Es ist alles komplizierter und sensibler geworden, um mal so richtig auf den Putz hauen zu können. Früher sagte ich ‹Lehrer›. Jetzt muss ich ‹Lehrerinnen und Lehrer› sagen oder sogar ‹Lehrpersonen›. Das geht mir total auf den Senkel.

Es geht Ihnen auf den Senkel, dass man heute auch die Frauen einbezieht?

Nein, dass man eine seltsame Form von Sprache entwickelt ... Es gab im Nationalrat eine lustige Initiative, bei der man ‹Vater› und ‹Mutter› ersetzen wollte durch ‹das Elter›. In solchen Momenten werde ich komisch, und ich entwickle eine Gegenreaktion. Natürlich verstehe ich, dass man über ‹Mohrenkopf› diskutieren kann. Doch war das für mich nie etwas Negatives, genauso wenig wie ‹Negerhäuptling Karambuli und Negermeiteli Zusu› im Chasperlitheater. Für mich ist diese Wortwahl nicht verwerflich. Doch wenn ich mir über jedes mögliche Fettnäpfchen Gedanken machen muss, dann wird es verkrampft und unnatürlich. Meine Eltern sagten mir immer: In der Schule kannst du von mir aus Gassensprache reden, aber zuhause bitte anständig. Daher finde ich es immer schwierig, wenn es heisst: Der redet so primitiv.

Und wenn Sie damit andere verletzen?

Dann greife ich das auf. Ein Beispiel: Wenn ich sage, dass ich mit der Politik von Israel nicht einverstanden bin und dafür von jemandem als Antisemiten abgestempelt werde, dann sage ich: ‹Okay, dann bin ich speziell für dich ein Antisemit, wenn du das möchtest.› Dasselbe gilt, wenn mich jemand als Rassist taxiert. Dann sage ich: ‹Okay, wenn du das möchtest, I take it.›

Wird das Schweizerdeutsch tendenziell reicher oder ärmer?

(In Balkan-Slang) ‹Ja, klar, das isch natürli gueti Fraag, Mann hey. Es wird eifach spannend, wänn du die Interview mit Fuessballer luegsch hey, voll krass. Verantwortig übernoo. D’Mannschaft schtaat hine wie en eis …› Nein, im Ernst. Natürlich, die Dialekte verändern sich, und die Jugendsprache finde ich spannend und lustig. Das gefällt mir. Man muss das als eine Farbe nehmen. Zu meiner Zeit hatte man ja die grosse Angst, dass die Dialekte verloren gehen, weil die Zürcher sich überall breitmachen und die Dialekte in den anderen Regionen verdrängen. Aber diese Angst ist unbegründet. ‹Cham› ist für uns Zuger immer noch ‹Chom›.

Ist es Ihr Ziel, dass Sie einfach jede und jeder liebt?

Ja. Darum habe ich diesen Beruf. Ich stellte mich schon immer gern in den Mittelpunkt. Natürlich buhlt man um die Liebe der Zuschauer. Das ist etwas Wunderschönes.

Mit welchen Einsichten soll das Publikum aus Ihren Shows nach Hause gehen?

Ich möchte, dass die Leute viel gelacht haben und rausgehen mit dem Gefühl: War das ein guter Abend! Dass sie sich die Hände halten und sagen: Der hat über Dinge geredet, die uns auch was angehen.

Was halten Sie vom Begriff ‹Blödelei›?

I don’t like it.

Wieso nicht?

Weil er impliziert, dass man dumm ist.

Wirklich wahr, dass die Frauen am lautesten über Ihre Witze ‹unter der Gürtellinie› lachen?

Aber hallo – ja!

Man sagt wegen Ihrer deftigen Witze, Sie seien der Vater des Sauglattismus. Wahr oder nicht?

Der Anteil von ‹unter der Gürtellinie› im Verhältnis zum ganzen Programm ist sehr gering. Aber das ist halt das, was haften bleibt. Vor allem mit dem Fudi von gestern.

Oft wird behauptet, dass Clowns in Wirklichkeit traurige Menschen sind. Trifft das auf Sie zu?

Kann ich überhaupt nicht teilen.

Wenn bei Ihnen zu Hause die Türe zugeht, dann lachen Sie weiter …

Dann beginne ich sicher nicht gleich zu weinen. Ich habe meine Momente, in denen ich weine. Wir sind wie alle anderen auch, einfach Menschen.

Der US-amerikanische Komiker Chris Rock sagte in einem Interview: ‹Komisch zu sein, war für mich ein Mittel, um der Einsamkeit, der Grausamkeit und dem Rassismus in meiner Jugend etwas entgegensetzen zu können.› Welches war für Sie die Komik Ihrer Jugend?

Zu schauen, wie ich die Leute zum Lachen bringe. Ich war ein grosser Fan von Cabaret Rotstift und Emil. Das wollte ich ausprobieren. Damit fand ich auch eine Position in meiner Klasse, um Unsicherheiten zu überspielen wie etwa meine Schüchternheit gegenüber Mädchen.

Wann haben Sie Ihren Witz zum ersten Mal als Waffe eingesetzt?

Wenn man sich selbst nicht zu wichtig nimmt und über sich lachen kann, hat man schon in vielen Bereichen gewonnen.

Sind Sie stolz auf Ihre Handschrift?

Ja, ich finde sie schön.

Wann das letzte Mal gedacht: Ach, wäre ich doch Lehrer geblieben!

Ich wäre zwischendurch immer wieder gern in der Schule als Lehrer und würde jenen Kindern, die am Verzweifeln sind, Mut machen. Interessant ist, dass ich für meine eigenen Kinder ein schlechter Lehrer bin. Da findet eine ganz andere Emotionalität statt, die die ganze Pädagogik, die ich gelernt habe, unter den Tisch haut.

Wirklich wahr, dass Sie Ihren Schülerinnen und Schülern nie Ströfzgis verteilt haben?

Der Religionslehrer gab einmal einem Schüler von mir als Strafaufgabe das Abschreiben von Psalmen. Darauf sagte ich diesem Schüler: ‹Das machst du nicht. Du kommst morgen etwas früher in die Schule. Ich bringe ein Gipfeli mit, und du löst ein paar Rechenaufgaben. Aber du schreibst mir keine Strafaufgaben aus der Bibel ab.› Natürlich wurde ich dafür von diesem Lehrer gerügt. Darauf antwortete ich: ‹Gratuliere, wie sie den Zugang zur Religion fördern.›

Also erteilten Sie nie Strafaufgaben?

In diesem Sinne nicht. Doch sagte ich: ‹Komm am nächsten Tag etwas früher in die Schule.› Das war eine gute Möglichkeit, die Beziehung zu pflegen.

Wer ist leichter bei Laune zu halten: Schüler oder das Publikum im Kabarett?

Uii. Das Publikum, denn das kommt freiwillig.

Gibt es für Sie eine Hackordnung im Komischen?

Nein, es sind alle so individuell unterwegs. Im Gegenteil: Ich habe so viele Freunde und Kollegen. Einer meiner liebsten Freunde ist Rob Spence, ein Australier. Funny Bones. Der Komiker par excellence.

Kabarettisten schauen ja noch gern auf Comedians herab, obwohl (oder gerade weil) die oft mehr Publikum haben. Kennen Sie das?

Einen gewissen Dünkel gab es immer. Genauso wie Schauspieler finden, dass Kabarettisten keine guten Schauspieler sein können. Das hat sich aufgeweicht. Gerade der angelsächsische Raum hat bewiesen, dass Komiker hervorragende Charakterdarsteller sein können. Denn auch als Kabarettist arbeitet man oft mit den tragischen Seiten des Lebens, die man humorvoll überhöht. Es ist spannend, wenn du in einer Gegenbesetzung einmal die tragische Seite von dir zeigen darfst. Auf der anderen Seite gibt es auch ernsthafte Schauspieler, die hervorragend im komischen Fach sind.

Wie begegnen Sie humorlosen Menschen?

Gar nicht. Wir gehen aneinander vorbei.

Haben Sie Angst davor, nicht lustig zu sein?

Das denke ich nicht.

Was tun Sie, wenn ein Zuschauer während einer Ihrer Vorstellungen einen Lachanfall bekommt und sich nicht mehr beruhigen kann?

Das ist nicht einfach. Das habe ich schon erlebt. Es gibt dann Leute, die sich anstacheln lassen. Dann reagierst du als Kabarettist irgendwann darauf und gehst darauf ein. Dann merkst du, dass das ein Fehler war, weil du erst recht die Türe geöffnet hast. Tatsächlich musste ich einmal im Kaufleuten eine Vorstellung unterbrechen und einen Zuschauer ansprechen: ‹Sind Sie betrunken? Denn Sie halten alles auf.› Daraufhin applaudierte das Publikum, und es wurde wieder ruhig.

Schöne Vorstellung, dass ein Mensch Ihretwegen weint?

Ja. Passiert auch. Wenn ich ein Liebeslied singe. Wenn ich mich auslasse über Beziehungen, meine Frau oder was auch immer, dann endet der ganze Block mit einem Liebeslied, der unterstreicht, welche Gefühle ich einem Menschen gegenüber habe. Es fassen sich dann ab und zu im Publikum zwei Menschen an der Hand und vergiessen Tränen.

Was ist besser – auf der Bühne aufzutreten oder in Filmen?

Bühne. Weil es unmittelbarer ist: ohne Netz und doppelten Boden.

Wieso ist schon ewig lange kein Marco-Rima-Film mehr in die Kinos gekommen?

Weil niemand nach mir fragt. Und weil bis auf ‹Achtung, fertig Charlie› oder ‹Champions› ich alle bisherigen Filme selber mitinitiiert habe.

Eigentlich Faulpelz?

Nein.

Warum überhaupt zur Arbeit gehen?

Es ist eine sinnvolle Beschäftigung mit etwas anderem. Teilweise kann sie auch Flucht sein vor einer Situation, in der wir Luft holen. Manchmal ist es einfach gut, die private Weste an den Nagel zu hängen, rauszugehen und neue Energien zu tanken, neue Ideen zu sammeln und guter Dinge nach Hause zurückzukehren.

Ihr ulkigster Nebenjob?

Als ich angefragt wurde, ob ich als Osterhase an einer Geschäftseröffnung auftreten und das Kostüm plus die Schöggeli mitnehmen könne.

Ihre konzentrierteste Tageszeit?

(Überlegt lange) Am besten leiste ich in der Mittagszeit.

Ihre irrste Wortkreation?

Hellwitzia.

Würden Sie gern für ‹Bluewin› eine Kolumne schreiben?

Wenn man mich fragt, wieso nicht.

Sind Sie bezahlbar?

Ja, wenn das Thema gut ist. Wenn es sich um Werbung handelt, bin ich sehr teuer.

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02.10.2019

War Ihr Äusseres eher hinderlich oder förderlich für Ihre Karriere?

Wahrscheinlich förderlich. Krumme Nase, Zahnlücke, sympathisches Auftreten – das hilft immer.

Mit welchem berühmten Mann wurden Sie schon auf der Toilette verwechselt?

Mit niemandem.

Was ist die grösste Fehleinschätzung, die Sie in den Medien über Sie gelesen haben?

Dass ich ein Sauglattist sei und nur unter die Gürtellinie gehe.

Während des Studiums haben Sie 1983 mit Marcello Weber das ‹Cabaret Marcocello› gegründet. Marcello Weber arbeitet heute als Anwalt. Was wäre aus Ihnen geworden, wenn es mit der Comedy nicht geklappt hätte?

Primarlehrer. Ich habe sehr gern unterrichtet und betrachte das immer noch als einen sehr schönen Beruf.

Haben Sie noch Kontakt mit Herrn Weber?

Nein, leider nicht. Schade. Wir waren 14 Jahre zusammen unterwegs. Er war mein bester Freund. Doch irgendwann muss man akzeptieren, wenn jemand keinen Kontakt mehr sucht.

Wer behauptete zuletzt, dass Marco Rima keinen Humor hat?

Hat das jemals jemand behauptet?

Die lustigste Frau Schweiz ist …

Da gibt es ein paar.

Die Frage war: Wer ist die lustigste Frau der Schweiz?

Regula Esposito alias Helga Schneider.

Der lustigste Mann der Schweiz ist …

Ausser mir: Rob Spence.

Warum sind Frauen witziger als Männer?

Weil sie herzlich über sich selbst lachen können.

Warum gibt es so wenig erfolgreiche Komikerinnen?

Weil das Patriarchat über viele Jahrtausende dafür gesorgt hat, Frauen zu verhindern. Jetzt kommen sie langsam wie Raketen.

Ich habe einen Witz mitgebracht, der die Misere vielleicht erklären kann. Wahrscheinlich kennen Sie ihn schon: Warum gibt es so wenige Frauen in der Comedy? Antwort: Weil sie 14 Jahre brauchen, um ein Bühnenkleid auszusuchen.

Super lustig (Rima schaut gequält lustig).

Der Witz ist von Mario Barth. Mögen Sie seine Art Humor auch nicht?

Ich habe mich jetzt nur bemüht, nicht zu lachen. Dieser Witz ist wie der: Wieso können Frauen nicht Skifahren? Weil es selten schneit in der Küche. Persönlich mag ich Mario Barth sehr.

Können Sie mir erklären, warum er seit Jahren grosse Hallen füllt?

Ach, Mario hat viele Neider. Aber heute ist sowieso eine andere Zeit.

Wie meinen Sie das?

Mario Barth bedient ein Event-Publikum, das gern Grossanlässe besucht und über Leinwände unterhalten wird. Diese Menschen wollen sich ein Ticket ergattern und dabei sein. Wäre ich Zuschauer, würde mir das nicht gefallen. Ich sehe die Leute gern von der Nähe aus, also wie sie schwitzen und so weiter.

Haben Sie Vorbilder?

Meine Karriere begann mit dem Cabaret Rotstift. Jürg Randegger und Werni von Aesch sind meine absoluten Idole.

Was bewunderten Sie an den beiden Kabarettisten?

Cabaret Rotstift behandelte Zeitthemen. Sie spielten Sketches, musizierten. Und von César Keiser mochte ich seine ‹Telefon›-Nummer besonders. Ach, ich konnte diese Nummern fast alle auswendig.

Welche Bedeutung hat Emil Steinberger für Sie?

Er war auch ein grosses Vorbild für mich.

Emil war 1977 mit dem Circus Knie auf Tournee. Weshalb Sie noch nie?

Ich wurde von der Familie Knie für das diesjährige 100-Jahr-Jubiläum angefragt. Doch ich hätte es fies gefunden, Giacobo/Müller diesen Job wegzunehmen, da beide ja nichts zu tun haben … nein, im Ernst, ich freute mich sehr über die Anfrage, doch hatte ich mit meiner Familie schon längst eine Australienreise geplant. Die Flüge waren gebucht, sodass wir uns gegen das Engagement entschieden.

Sie könnten sich also vorstellen, irgendwann mit dem Circus Knie auf Tournee zu gehen?

Wie gesagt: Zuerst lasse ich mein Knie operieren. Und ich freue mich darauf, dass ich im Februar 2020 ‹Art on Ice› zum 25-Jahr-Jubiläum machen kann. Dort ist das Programm der Star, und ich darf mich in eine ganze Truppe einbetten. Mit Zirkus habe ich jedoch schon super Erfahrungen gemacht. Mit Gregory und Rolf Knie machte ich ‹Salto Mortale› zusammen. Wären unsere Kinder noch kleiner, würde ich mir das sehr reizvoll vorstellen, mit dem Circus Knie durch die Schweiz zu ziehen. Bedenken muss man aber auch, dass man zwei bis drei Vorstellungen pro Tag hat. Das wäre mir zu viel.

Fühlen Sie sich in Deutschland eigentlich als rechtmässiger Nachfolger von Emil?

Ursus und Nadeschkin laufen auch sehr gut in Deutschland.

In den 1980er-Jahren titelte der ‹Blick›: ‹Deutsche kugeln sich vor Lachen über Schweizer Spassmacher aus der Innerschweiz.› Können Sie sich daran erinnern?

Nein.

Wer war bei der ‹Wochenshow›, jener Sketchshow auf Sat 1, in den 1990er-Jahren Ihre Lieblingskollegin oder Ihr Lieblingskollege?

Ach, das waren grundsätzlich goldene Zeiten. Die Fernsehanstalten hatten viel Geld, um neue Formate auszuprobieren. Hat jemand eine Furzidee gehabt, hat man das umgesetzt. Man war experimentierfreudig. Die ‹Wochenshow› war ein grossartiges Sprungbrett für meine Karriere. Das waren tolle Jahre. Das Letzte, also das Dritte, war dann zwar etwas mühsamm ...

... wieso?

Ich hatte mich entschieden, aufzuhören, wollte wieder nach Hause. Ich vermisste meine Kinder. Ich war zudem in der Trennungsphase von meiner ersten Frau. Das trug alles dazu bei, dass es schwierig wurde. Gleichzeitig hatten wir viel Erfolg mit dem Musical ‹Keep Cool› in Deutschland. Wir wurden aber leider von einem Geschäftsführer bestohlen. Im letzten Jahr ‹Wochenshow› bekam ich so ziemlich alles auf die Büchse, was möglich ist. Man kann das auch als Karma bezeichnen, denn teilweise war es nicht unverdient. Nachträglich kann ich darüber lachen, doch war es die härteste Zeit meines Lebens, aber auch die lehrreichste und beste.

Stimmt es, dass Sie mit der ‹Wochenshow› auch aus gesundheitlichen Gründen aufgehört haben?

Es war ein Mix von vielen verschiedenen Dingen. Damals lernte ich: Du kannst dich selber nicht langfristig belügen. Irgendwann musst du dich mit der Wahrheit auseinandersetzen. Ich schwebte damals auf einer Wolke und redete mir ein: Alles, was ich anfasse, wird zu Gold. Daher war diese harte Landung sehr gesund. Meine Schwester spielte dabei eine wichtige Rolle, als sie zu mir sagte: ‹Du bist mein Bruder, und ich liebe dich. Aber wenn du dich so weiter entwickelst, wirst du ein Arschloch.› Das war ein Weckruf.

Was ist eigentlich der anstrengendste Teil Ihrer Arbeit als Komiker?

Die Pause während einer Vorstellung, weil man dann von 100 komplett runter fahren muss. Wie beim Eishockey in den Drittelpausen, während denen die Spieler beim Pausentee ganz runter fahren müssen, um ein paar Minuten später wieder voll da zu sein. Es ist wie Intervalltraining.

Wonach suchen Sie als Komiker?

Ich suche immer wieder nach dem Lacher, nach der Begeisterung. Schön ist es, wenn ich das Publikum mitnehmen kann und die Leute einfach einen schönen Abend haben.

Welches sind Ihre drei Lieblingsgrimassen? Können Sie diese bitte vormachen ...

Interessiert, angestrengt und begeistert.

Es gibt Kritiker, die behaupten: ‹Der Rima, der kann nur drei Grimassen.› – Wahr oder nicht wahr?

Das stimmt. Und diese nur einmal.

Hat Sie die Comedy zum komischen Gesicht gebracht, oder war es eher umgekehrt?

Ich probiere mich nicht vor dem Spiegel aus. Ich halte es da mit Emil, der seinen Figuren ein Gesicht gibt. Ich spiele mit Marinismen, also Figuren, die Attitüden haben. Wie beispielsweise der Muotathaler oder der Deutsche. Das sind Klischees, die man bedient und die lustig sind.

Haben Sie eigentlich Ihr Gesicht versichert?

Nein.

Ihnen scheint alles ein bisschen leichter zu fallen als anderen?

Das stimmt. Meine Waage sagt bloss etwas anderes.

Werden Sie böse, wenn man Sie einen Schwächling nennt?

Nein. Ich wüsste nicht, weshalb ich ein Schwächling sein sollte.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Schlecht. Zu Beginn der Karriere war das schlimm. Da wollte ich nur beliebt sein. Aber irgendwann lernte ich, mit Kritik zu leben. Und heute muss ich sagen: Früher kamen die Zeitungen wenigstens noch und übten Kritik. Heute bist du froh, wenn du überhaupt in der Zeitung stattfindest. Wir Kabarettisten vermissen die Kritiker richtig.

Was verletzt Sie?

Ungerechtigkeit.

Konnten Sie schon einmal mit einer negativen Medienkritik etwas anfangen?

Ja, es gibt konstruktive Kritik. Sonst ist es ja einfach ein Lobgesang, keine Kritik. Gute Kritik kann inspirieren und einen auf gute Ideen bringen. Was mir auf den Geist geht, ist, wenn es heisst: Unter der Gürtellinie, politisch nicht korrekt, ohne dass das Programm bis zum Ende geschaut und die Auflösung abgewartet wird. Mit solchen Vorverurteilungen habe ich ein Problem.

Was machen Sie in den letzten 30 Sekunden, bevor Sie auf die Bühne gehen müssen?

Ich rede mit jemandem.

Ihr himmlischster, wirklich glückseligster Moment auf einer Bühne?

Uff! Ich habe so viele tolle Momente erlebt. Aber der Schönste? Vielleicht jene Momente, als die Kinder am Schluss der Show auf die Bühne raufgetippelt sind, meine Hände nahmen und sich mit mir verbeugen wollten. Das war irgendwie kitschig und völlig ungeplant: Papi, wir sind bei dir und wollen auch in die Zuschauer schauen. Das war super.

Ihr schlimmster Auftritt: Wo, wann, warum?

Gossau. Fürstenlandsaal. 850 Zuschauer, darunter Franz Rüdisüli, Pilot bei der Swissair. Diesen wollte ich begrüssen – versteckt. Also sagte ich: ‹Gott sei dank gibt es die Swissair, wer fliegt denn schon gerne Cross …› Und in diesem Moment kam mir in den Sinn, dass am Vorabend eine Crossair-Maschine abgestürzt war. Das sind diese Momente, in denen du um jedes Löchlein dankbar wärst, in das du verschwinden könntest. Das war für mich der schlimmste Moment. Ich weiss nicht mehr, wie ich da rausgekommen bin, aber es hat irgendwie geklappt.

Macht Applaus süchtig?

Ja. Wobei es mir mehr und mehr einfacher fällt, länger weg von der Bühne zu sein.

Seit fast 40 Jahren auf der Bühne: Was haben Sie gelernt?

Demütig zu sein.

Kann man als Comedian die Welt verbessern?

Das glaube ich nicht. Aber zum Nachdenken anregen. Den Leuten einen schönen Moment schenken, damit sie für einen kurzen Moment ihre Probleme vergessen. Das ist etwas Positives.

Gehen Sie regelmässig wählen und abstimmen?

Ja.

Wo stehen Sie politisch: eher links oder rechts oder neutral in der Mitte?

Ich bewege mich von rechts nach links.

Welcher Grüne gehört geschubst?

Geschubst nicht, aber ich würde gern Bastien Girod kennenlernen. Den finde ich spannend.

Welchen SVPler würden Sie gern quälen?

Da gibt es nur einen: den Andreas Glarner.

Welchen SPler mögen Sie gar nicht?

Uii. Das ist schwierig. Gar nicht mögen, das wäre nicht fair. Aber wen ich gern kennenlernen würde: Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Die finde ich sehr cool, weil sie auch Dinge vertreten muss, die nicht ihrer persönlichen Meinung entsprechen. Sie wird ja auch oft beschimpft. Dieses Polit-Bashing geht mir auf den Senkel, denn das sind ja alles nur Menschen, die das Beste wollen. Egal, welcher Partei sie angehören.

Wer ist das grösste Fähnchen im Wind bei der FDP?

Keine Ahnung.

Haben Sie eine Lieblingspolitikerin?

Ich mag Sahra Wagenknecht von den Linken. Das finde ich eine hochspannende Frau. Manchmal frage ich mich: Wie sähe Deutschland aus, wenn Sahra Wagenknecht all das durchsetzen könnte, was sie erzählt. Sie spricht ja sehr oft von einer Gesellschaft, die sozialer werden sollte, und sie spricht sich klar gegen die Waffenindustrie aus.

Ihr Lieblingspolitiker?

Habe ich das? Da wüsste ich keinen.

Welche Politikerin, welcher Politiker hat Filmstar-Qualitäten?

Donald Trump könntest du in allen Genres verwenden, weil er sich überall hervorragend durchlügen kann. Er wäre sicher auch ein hervorragender Pornodarsteller, weil er was von ‹Grab the Pussy› versteht. Dann könntest du ihn für jeden Wirtschaftskrimi brauchen. Und er käme auch als Werbeträger für den Friseurverband gut.

Wirklich wahr, dass Sie vor Jahren Donald Trump einmal die Hand geschüttelt haben?

Das stimmt. Kollegen von mir haben in Mar-a-Lago, seiner Sommerresidenz, eine Wohnung. Als ich dort einmal eingeladen war, fand ein Charity-Anlass mit vielen reichen Leuten statt, darunter war auch Donald Trump mit seiner Frau. Damals war er noch ein Immobilienmogul.

Wie fanden Sie Trump damals?

Shake hands and that’s it.

Und wie finden Sie ihn heute als US-Präsident?

Ich finde es erstaunlich, dass er es überhaupt geworden ist. Jedes Volk verdient die Regierung, die es hat. Ich finde ihn nicht so prickelnd. Wobei es mir eigentlich scheissegal ist, wer Präsident von Amerika ist. Es sind alles Arschlöcher. Barack Obama war auch kein wirklich toller Präsident. Er war ein Medienpräsident, er bekam den Friedensnobelpreis, aber niemand flog so viele Drohnenangriffe wie er. Einzig bei Ronald Reagan und Michail Gorbatschow, Präsident der Sowjetunion, würde ich sagen: Die beiden haben die Welt wirklich verändert, denn sie sind sich als Menschen begegnet. Sie hatten den Mut, sich von ihren Beratern abzusetzen und von Mann zu Mann darüber zu reden, ob sie diese Welt für ihre Enkel bewahren wollen. Das sollte in der Politik wieder vermehrt passieren: Dass man sich begegnet und miteinander redet.

Aber das macht ja Trump auch, sich mit Putin von Mann zu Mann zu treffen …

Das war meine einzige Hoffnung, dass sich diese zwei schwanzgesteuerten Typen irgendwie im Gespräch finden. Doch ist es schwierig, das zu verstehen. Wieso soll man die Russen schlecht finden? Was soll man über Fake News denken? Was ist richtig, was ist falsch? Welche Interessen stecken dahinter? Es geht um Macht und Geld. Daher sage ich mir: Schöne Schweiz, schönes Zuhause mit einer glücklichen Familie am Mittagstisch, an dem wir miteinander reden können.

Was ist eigentlich mit Ihrer eigenen politischen Karriere? Sie hatten einmal angekündigt, in den Bundesrat zu wollen.

Das stimmt. Aber das geht nur dann, wenn ich auch Diktator sein könnte. Nur Bundesrat zu sein, das wäre mir zu langweilig.

Würden Sie es sich zutrauen, Bundesrat zu werden?

Ich weiss gar nicht, was man als Bundesrat alles bewegen kann. Mein Problem wäre, dass es einfach zu lange geht, bis man seine Ideen durchbringen kann. Beispielsweise beim Schulsystem, da hätte ich viele Ideen und auch Kenntnisse. Daher bewundere ich die Politiker. Da musst du schon einen grossen Magen haben … Obwohl ich die Demokratie liebe, käme für mich nur die Diktatur infrage. Wobei ich ein sehr netter Diktator wäre.

Je angefragt worden von einer Partei, ob Sie auf deren Liste kandidieren wollen?

Nein.

Lust, noch etwas mehr über Politik zu reden? In der Wochenzeitung ‹Die Zeit› gibt es eine spannende Interview-Rubrik. Sie heisst: Der politische Fragebogen. Ich würde Ihnen jetzt gern einige Fragen daraus stellen ...

Okay.

Die erste Frage lautet: Welches Tier ist das politischste?

Wildsau.

Welcher politische Moment hat Sie geprägt?

Fall der Mauer.

Was ist Ihre erste Erinnerung an Politik?

Vietnam-Krieg.

Wann und warum haben Sie wegen Politik geweint?

Fall der Mauer.

Haben Sie eine Überzeugung, die sich mit den gesellschaftlichen Konventionen nicht verträgt?

(Überlegt lange) Kann ich nicht beantworten.

Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, mächtig zu sein?

Noch nie.

Wann haben Sie sich besonders ohnmächtig gefühlt?

Als ich am Flughafen in Kairo einem Schwarzen helfen wollte, der von den Zöllnern zur Sau gemacht wurde. Ich sagte zum Zöllner: ‹Please change your sound …› Darauf antwortete er mir: ‹Do you want to jail?› Da realisierte ich, dass ich bei jedem weiteren Satz abgeholt würde.

Wenn die Welt in einem Jahr untergehen würde – was wäre bis dahin Ihre Aufgabe?

Die Leute weiterhin zum Lachen zu bringen.

Sind Sie lieber dafür oder dagegen?

Kommt drauf an wofür.

Könnten Sie jemanden küssen, der aus Ihrer Sicht falsch wählt?

Ja.

Welches Gesetz haben Sie mal gebrochen?

Uii. Ich glaube alle. Bis auf das Töten (lacht).

Welche politische Ansicht Ihrer Eltern war Ihnen als Kind peinlich?

Keine.

Welche Politikerin, welcher Politiker hat Ihnen zuletzt leidgetan?

Das kann ich nicht beantworten. Vielleicht der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der ja wegen Plagiatsvorwürfen zurücktreten musste. Worauf man feststellte, dass auch andere hochrangige Politiker diesbezüglich Dreck am Stecken hatten. Da dachte ich mir: Seid doch nicht immer päpstlicher als der Papst.

Welche Schweizer Politikerin, welcher Schweizer Politiker sollte mehr zu sagen haben?

Ich denke, dass alle genug reden.

Finden Sie es richtig, politische Entscheidungen zu treffen, auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist?

Da bin ich ganz bei der SVP. Ich finde es richtig, dass der politische Wille des Volkes umgesetzt wird. Alles andere ist ein Betrug. Darum habe ich auch ein Problem mit dem, was mit dem Brexit abgeht. Dort hat das Volk entschieden, und das Parlament weigert sich, einen Volkswillen umzusetzen – unabhängig davon, ob ich den Brexit gut oder schlecht finde. Da merkt man, dass wir in der Schweiz anderen Ländern Jahrzehnte voraus sind. Ich habe schon viele Abstimmungen verloren. Doch nahm ich das sportlich und sagte mir: That’s it.

Was fehlt der Schweizer Gesellschaft?

Ein Bewusstsein dafür, was unser Land reich und stark gemacht hat.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Dass eine tolle Generation unterwegs ist, die in Zukunft gute Ansätze finden wird, wie es im positiven Sinn weitergehen soll.

Bitte auf einer Skala von eins bis zehn: Wie verrückt ist die Welt gerade?

Die Welt ist im Moment ein Irrenhaus: zehn.

Und wie verrückt sind Sie?

Ich bin eine Fünf.

Der beste politische Witz?

Helmut Kohl und Norbert Blüm sind unterwegs ins Parlament. Arbeitsminister Blüm nimmt den Lift. Bundeskanzler Kohl die Rolltreppe. Stromausfall. Bundeskanzler Kohl bleibt zwei Stunden auf der Rolltreppe stecken.

Das waren jetzt also einige Fragen aus dem ‹Politischen Fragebogen› der deutschen Wochenzeitung ‹Die Zeit› – und jetzt geht es weiter mit Glaubensfragen.

Gern.

Sagen Sie, betreffend welcher Dinge sich der Glaube lohnt: Natur?

Ja.

Jesus Christus?

Ja.

Pathos?

Nein, nicht zwingend.

FC Basel?

Wer hüpft, ist ein echter Basler. Haben wir mittlerweile in Zug auch.

Hazel Brugger?

Sehr cool.

Simonetta Sommaruga?

Spannend.

Viola Amherd?

Interessant.

Karin Keller-Sutter?

Ein bisschen zu verkrampft.

Viktor Giacobbo?

Ein guter Freund.

Ihre Frau?

Die Beste.

Melanie Winiger?

Sehr spannend, sehr cool unterwegs. Eine tolle Ex-Miss Schweiz, die jetzt als Schauspielerin auch noch viele andere Facetten von sich zeigt.

Arthur Honegger?

Ja.

Sandro Brotz?

Macht das recht gut.

Marco Rima?

Mit dem geht man gern was essen.

Auch eins trinken?

Ja.

Auch ein zweites?

Nein. Ich bin kein grosser Trinker.

Bruce Springsteen?

Coole Musik. Als ich jung war, sagte man mir nach, dass ich Bruce Springsteen ähnlich sehe. Singen kann ich besser, aber er verdiente mehr.

Ihr absoluter Lieblingssong?

‹Every Breath You Take› von den The Police.

Francine Jordi oder Gölä?

Francine Jordi. Sie ist eine liebe Freundin von mir. Ich nahm mit ihr zusammen den Song ‹Schön, ist es auf der Welt zu sein› nochmals auf in einer neuen Fassung. Ähnlich wie ‹Green Day›, und das tönt sehr schön.

Beatrice Egli oder Seven?

Seven. Er ist wahnsinnig begabt. Ein Entertainer vor dem Herrgott. Und ich freue mich riesig über seinen Erfolg.

Haben Ihre Frau und Sie so etwas wie ein ‹gemeinsames Lied›?

Die Lieder der Band ‹Simply Red›, weil wir diese auf unserer Hochzeitsreise immer wieder hörten.

Sind Sie ein guter Lügner?

Ja, weil ich ein guter Schauspieler bin.

Inwiefern sind Sie alte Schule?

Ich glaube an Üben, Disziplin, Arbeiten und nicht Aufgeben.

Das heisst: Sie waren ein Streber?

Nein, ich war nie ein Streber. Aber wenn ich mich für einen Weg entschieden habe, bin ich den zielstrebig gegangen.

Was ist der Sinn des Lebens?

Dass man einen guten Eindruck hinterlässt.

Welche Illusion lassen Sie sich nicht nehmen?

Dass mein Himmel keinen Tennisplatz hat.

Was können Sie mit 58 besser als mit 22?

Ich bin viel ruhiger.

Lust, mal eine ganze Woche nichts zu sagen?

Das wäre eine spannende Erfahrung. Gerade für mich.

Ihr Lieblingsgefühl?

Herzhaft lachen.

Wann zum letzten Mal geweint?

Vor ein paar Tagen, beim Hörbuch von Tommy Jaud ‹Der Löwe büllt›. Eine wunderschöne Erzählung von einem Typen, der ein Burnout hat und mit seiner Mutter auf die Kanarischen Inseln fährt. Dort liest er das Tagebuch seines Vaters. Bei einer besonders rührenden Passage musste ich auf der Autobahn bei 120 Stundenkilometern laut weinen.

Führen Sie auch Tagebuch?

Nein.

Weinten Sie je nach einer sportlichen Niederlage?

Ich für mich nicht. Ich gehöre zu jenen, die in solchen Fällen Material zerstören – so wie einst Ex-Tennisprofi John McEnroe.

Ihr Lieblingsport?

Golf.

Ihr Lieblingsgolfpartner?

Meine Frau.

Wirklich wahr, dass Sie wegen Ihrer Arthrose seit mehreren Jahren nicht mehr Tennis spielen können?

Ich spiele wieder Tennis, aber es sieht aus, als würde ein Spastiker mit einem Schläger in der Gegend rumrennen. Die Freude am Tennis ist so gross, dass ich trotz der Arthrose und trotz Schmerzen spiele. Und sobald die Gelenke warm werden, vergesse ich die Schmerzen.

Wurden Ihnen auch schon künstliche Gelenke angedroht?

Ja, gerade heute Morgen. Es kann sein, dass ich schon in einer Woche auf dem Operationstisch liege (dem war ja dann auch so).

Ihr übelstes mentales Gebrechen?

Uii. Habe ich eigentlich nicht.

Der Vorname Ihres Psychiaters?

Wie hiess der schon wieder? Einer, den ich mal hatte, hiess Angst. Den Vornamen weiss ich nicht mehr.

Sie haben doch mal mit Ihrer ersten Ehefrau eine Therapie gemacht, zumindest stand das vor Jahren einmal in der Zeitung.

Ja, bei Herrn Angst.

Die Therapie hat scheinbar nichts gebracht …

Doch, das brachte sehr viel. Herr Angst sagte mir: ‹Auf Wiedersehen, Herr Rima. Wir telefonieren dann noch einmal.› Darauf ich: ‹Wieso denn?› Er: ‹Sie haben mir doch was zu erzählen.› Und ich: ‹Ich wüsste nicht was.› Darauf er: ‹Schauen Sie, wenn Sie die Wahrheit nicht auf den Tisch legen, bringt das alles da nichts.› Daraufhin musste ich auspacken.

Sie sagten damals in einem Interview: ‹Zwischen 30 und 35 bin ich nur geseckelt. Ich war unehrlich zu mir selbst, habe ein Leben geführt, hinter dem ich nicht stehen konnte.›

Ja. Damals habe ich mich auch nicht mehr angeschaut im Spiegel. Das war eine spannende Erfahrung, die ich nie mehr machen möchte. Sich selbst zu verlieren, ist etwas vom Schlimmsten, das einem passieren kann.

Ihr Satz von damals: ‹Du hast Erfolg, eine tolle Familie, ein schnelles Auto, Geld, ein Haus, aber wenn das Flugzeug jetzt abstürzt, gibt es ein Arschloch weniger auf dieser Welt› – wie würde der Satz heute lauten? Was würden Sie jetzt über Ihre Familie und die Welt sagen?

Ich habe gesunde Kinder, eine tolle Frau, alle sind gut unterwegs. Ich bin reich beschenkt und bete jeden Abend nach dem Kindergebet dafür, dass ich als Mensch das nicht nur schätzen kann, sondern auch gut begleiten.

(Im Hintergrund rumpelt es) Und in diesem Moment, da Sie vom Beten sprechen, meldet sich der liebe Gott wieder ...

Genau, weil das ja einbetoniert und in meine Seele eingebrannt werden muss, was ich eben gesagt habe.

Und noch ein Satz von Ihnen: ‹Ich bin gegen Zensur und kenne keine Tabus. Wollen Sie wissen, wie oft ich Sex habe und wie viel ich verdiene? Im letzten Jahr habe ich ein steuerbares Einkommen von 150'000 Franken angegeben. Es war natürlich auch schon mal mehr.› Ist das heute immer noch so: Kennen Sie nach wie vor keine Tabus?

Doch, ich kenne Tabus. Beispielsweise jenes Dessous-Geschäft, das schöne Bikinis macht (lacht).

Wie oft haben Sie Sex?

Das ist unterschiedlich. Mal so, mal so.

Wie hoch war Ihr steuerbares Einkommen im letzten Jahr?

Zwischen 300'000 und 400'000 Franken.

Sie sprechen offen über Gefühle, über Ihre Familiensituation und über Geld. Was versprechen Sie sich von dieser Ehrlichkeit?

Mich kann man immer alles fragen. Aber ob man immer eine Antwort bekommt, sei dahingestellt. Ich habe kein Problem, über Geld zu reden. Mein Einkommen kann man sowieso beim Steueramt des Kantons Zug nachschauen.

Mir haben Sie bisher alle Fragen, ausser ein paar ganz wenigen, beantwortet. Warum?

Grosses Vertrauen.

Welche Schlagzeilen über Sie fanden Sie absolut geschmacklos?

‹Wie ist der Sex mit einem Comedian?› Das war, als Christina und ich ‹Die Patienten› produziert haben, unser erstes Musical. Da sollte es einen Bericht darüber geben, wie wir zusammen arbeiten. Und dann war dies die Schlagzeile. Das fand ich nicht lustig. Da Christina neu in diesem Geschäft war, brach sie in Tränen aus. Aber dieser betreffende Journalist ist jetzt auf der Liste jener, die mit uns kein Interview mehr machen dürfen. Doch muss ich ihn insofern in Schutz nehmen, da die Schlagzeilen oft nicht von den Journalisten gemacht werden, sondern von irgendwelchen Blattmachern.

Für den folgenden Interviewteil habe ich mir externe Hilfe geholt – von einigen Ihrer Bühnenkolleginnen und -kollegen: Als verkappter Schnulzensänger: Würden Sie gern einmal am Festival von San Remo auftreten?

Auf jeden Fall. I would love it (singt ein italienisches Canzone).

Oder sind Sie die Rettung der Schweiz in Sachen European Song Contest?

Nein. Seit Luca Hänni kann ich diese Ehre nicht mehr retten, weil er sie für uns gerettet hat.

Warum lechzen Sie nach Anerkennung des Feuilletons, obwohl Ihnen das Publikum zu Füssen liegt?

Das ist nicht mehr so. Das war in den Jugendjahren so, als es mir wichtig war, dort Akzeptanz zu haben. Heute spiele ich mit grosser Freude. ‹Just for Fun›, mein letztes Programm, war wirklich just for fun. ‹Made in Helvetia› machte auch wahnsinnig Freude. Nein, die Anerkennung vom Feuilleton suche ich nicht mehr.

Vom Publikum verehrt, von der Kritik verhöhnt. Sind Sie so etwas wie der DJ Bobo der Kabarettszene?

Nein, so sehe ich mich nicht. Ich bekam schon viele tolle Berichte, schöne und spannende Artikel. Auch in der NZZ. Ich bin jetzt der alte Seckel und stelle fest, dass meine Zuschauer, die mit mir älter geworden sind, nun zu mir kommen und sagen: ‹Wir sind mit Ihnen aufgewachsen.› Und ich: ‹Ehrlich, wow, okay!?› Es entsteht eine andere Nähe. Das ist interessant. Vorher waren wir jene, welche die Kabarettszene erschreckt haben, weil wir nicht wirklich Kabarettisten waren, sondern eher Comedians oder Clowns.

Kränkt es Sie, wenn Sie unterschätzt werden?

Nicht mehr.

Haben Sie zuweilen das Bedürfnis, es ‹denen› zu zeigen? Sprich: Dass Sie mimisch, sprachlich und humoristisch top sind und lustiger als die meisten Kolleginnen und Kollegen sein wollen?

Es ist sicher eine Antriebsfeder, mich zu beweisen. Doch ist das längst nicht mehr meine einzige Motivation. Heute versuche ich, mit meinen Möglichkeiten das Beste zu liefern. Wenn es glückt, ist es super. Aber ich schaue auch mit einer grossen Begeisterung auf junge Kolleginnen und Kollegen und denke mir: Wow, ist das lässig. Das würde ich auch können. Doch kokettiere ich nicht mit ihrem Stil.

Ein Entertainer ist auch Unternehmer, und Sie sind ein besonders guter. Welchen Prozentsatz Ihrer Arbeit macht das rein Kreative aus?

Ich habe das grosse Glück, dass meine Frau eine hervorragende Geschäftsführerin ist und ich mich zu 90 Prozent um die Kreation kümmern darf. Zehn Prozent rede ich mit, wenn es um die Strategien und kleinen Detailfragen geht, bei denen wir uns absprechen müssen. Aber das dauert nie mehr als zwei Minuten.

Warum übergibt das Schweizer Fernsehen Ihnen nicht einfach die Humorschiene am Sonntagabend und ist damit alle Sorgen los?

Das wäre ein spannendes Experiment. Es hat hervorragende Leute beim Schweizer Fernsehen, die von ihren Ideen her auf einem spannenden Weg sind. Doch finde ich, dass es Möglichkeiten gäbe, sich noch mehr aufeinander einzulassen. Ich sage immer wieder: Nutzt doch meine Erfahrungen. Dabei geht es nicht um mich, sondern um die Ideen, weil ich ständig vor dem Publikum stehe. Und so geht es vielen anderen Kolleginnen und Kollegen auch. Gleichzeitig weiss ich natürlich auch, dass das Fernsehen seine Sorgen mit mir nicht loswürde. Denn es geht um Politik, Sparen und viele andere Dinge, die man unterschätzt. Und hier tut das Publikum den TV-Leuten oft unrecht.

Warum wird der EV Zug auch in diesem Winter nicht Schweizer Meister?

Der EV Zug wird Schweizer Meister! Das Gute ist: Weil Zug als Titelkandidat gehandelt wird, tun alle anderen Mannschaften so, als würden sie gegen den Meister spielen und geben alles. Jede Mannschaft, die bisher gegen Zug gewonnen hat, hätte sich sonst Arroganz vorwerfen lassen müssen, dass sie Zug unterschätzt haben. Doch Zug kann sich jetzt in dieser schweren Phase, in der sie alles zeigen müssen, so stark formen und bilden, dass sie dann so gestärkt in die Play-offs gehen und wir mit drei Qualifikationsspielen in der Endrunde den Titel heimtragen und eine «uhuere Fete» haben werden.

Können Sie verzeihen?

Oh ja.

Wann entsteht für Sie ein glücklicher Moment auf der Bühne?

Wenn ich spüre, dass ich von meinem Publikum herzlich willkommen geheissen werde. Das ist super.

Haben Sie schon jemals vor Ärger einen Golfschläger in einen See geworfen?

Nein! Niemals nur einen. Das waren mindestens drei oder vier!

Hatten Sie jemals einen Fisch-Maul-Spreitzer im Mund?

Ja, das hatte ich tatsächlich. Das geht auf ein Erlebnis zurück mit Frank Baumann, der eine Art Talk auf einem Boot mit zwei Männern beim Fischen machte. Ich machte mit, obwohl ich mit Fischen überhaupt nichts am Hut habe. Wir waren zusammen auf dem Ägerisee. Zum Schluss mussten wir uns eine Pizza bringen lassen, weil wir nichts gefangen hatten. Damals nahm ich diesen Spreitzer in den Mund. Das tat richtig weh.

Sind Sie jähzornig?

Ja, aber nicht mehr so wie früher. Als Widder müssten Sie das wissen. Doch der Aszendent Krebs bei Ihnen entschleunigt natürlich alles. Ich habe jedoch zwei Feuerzeichen … eine Katastrophe.

Mussten Sie schon einmal während einer Vorstellung zusätzlich Sauerstoff zu sich nehmen?

Nein. Aber die Zuschauer.

Sie können gut lügen – am Humorfestival in Arosa brauchte nicht das Publikum, sondern Sie zusätzlichen Sauerstoff.

Wirklich? Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

Vielleicht sind sie dabei etwas dement geworden. Daher diese Gedächtnislücke … Wann hat man Ihnen das letzte Mal in einem Krankenhaus eine Wunde abgeleckt?

Dort, wo ich Wunden habe, komme ich mit der Zunge nicht hin (lacht). Aber das will man auch nicht sehen, das ist kein schönes Bild. Ich habe eigentlich nie Wunden geleckt, sondern liess sie ausbluten.

Sie spielten doch mal jemand, der Wunden leckte …

Habe ich das?

Als Sie Hausi …

… Leutenegger? (imitiert ihn) Han ich Wunde gleckt. Isch grossartig. Sind ali mini beschte Fründe, Fründe … Wüsste ich nicht mehr. Kann ich mich auch nicht erinnern.

Mein Gott, vielleicht sind Sie wirklich etwas dement … Wie fühlt es sich an, in einer zu engen Stewardessen-Uniform auf der Bühne herumzuturnen?

Das fühlt sich sehr gut an, denn ich wollte immer Flight Attendant werden. Nein, das war jetzt ein Witz. Gut sahen in den Uniformen vor allem die Musiker aus. Während der Show ‹Made in Hellwitzia› machten wir eine kleine Modeschau und gaben den Song zum Besten ‹I Never Want to Be in a Body of a Girl›.

Nochmals: Warum tut man sich das an?

Weil ich davor eine Flight Attendant spiele, die Anweisungen gibt vor einem Flug. Und weil wir in diesem Dress waren, zogen wir das weiter, und es sah einfach gut aus.

Das waren jetzt also die Fragen von Ihren Bühnenkolleginnen und Bühnenkollegen. Im vierten Teil kommen dann wieder meine Fragen ...

... also die spannenden.

Das behaupten Sie.

Ja.

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02.10.2019

Ihr Lieblingsschulfach in der Primarschule?

Turnen.

Und in der Oberstufe?

Turnen.

Welches Bildungserlebnis hat Sie ganz besonders geprägt?

Turnen.

Haben Sie als Teenager Fotos und Poster von Popstars und Schauspielerinnen in Ihrem Schlafzimmer aufgehängt?

Nein.

Durften Sie die ‹Bravo› nicht lesen?

Doch, aber das Heftli hat mich nicht interessiert.

Und heute: Welchen internationalen Star halten Sie für begehrenswert?

Bei den Männern bin ich ein grosser Fan von Hugh Jackman. Er ist ein grossartiger Schauspieler, Musical-Darsteller und Entertainer. Bei den Frauen fällt mir spontan Penélope Cruz ein. Das ist ein Frauentyp, der mir sehr gefällt.

Welchen internationalen Star mögen Sie absolut rein gar nicht?

Uiii. Niemand.

Mit welchem zeitgenössischen männlichen Schauspieler würden Sie sich bei einer heissen Liebeszene am Set am wohlsten fühlen?

Hugh Jackman. Der ist schön gross und könnte mich so in den Arm nehmen. Das würde mir gefallen.

Mögen Sie Zungenküsse?

Ja, wenn es jemand kann.

Sie sollen ein ziemlich guter Küsser sein – zumindest hat das Schauspielerin Esther Schweins einmal über Sie erzählt ...

Ehrlich, hat sie das gesagt?

Mit ihr drehten Sie vor zehn Jahren den Film ‹Liebling, lass uns scheiden!›. Wortwörtlich sagte Esther Schweins damals in einem Interview: ‹Marco Rima gehört zu den besten Küssern weit und breit.›

Kein Wunder, wir haben das ja auch viel und gut geübt im Vorfeld. Als Sie auf RTL ‹Samstag Nacht› machte, war ich bei der ‹Wochenshow› von Sat.1, da trafen wir uns ab und zu zum Kochen. Und da haben wir uns schon mal auf unsere Filmrollen vorbereitet und uns oft geküsst.

Wie fand Ihre Ehefrau die Aussage von Frau Schweins?

Damals kannte ich meine Frau noch gar nicht. Wobei ich sagen muss: Esther und ich sind gute Freunde seit 1996, und das stimmt natürlich nicht mit dem Küssen beim Kochen.

Aber vor zehn Jahren, als ‹Liebling, lass uns scheiden!› erschien, waren Sie mit Ihrer Frau Christina schon zusammen. Wie reagierte sie auf die zahlreichen Knutsch- und Kussszenen im Film?

Als wir bei der Premiere zusammen im Kino sassen, verabreichte sie mir beim Anblick dieser Szenen irgendwann einen heftigen Ellbogenstoss. In solchen Momenten lautet meine Devise: Nie lügen! Ich sagte ihr: ‹Das ist eine super Frau. Aber ich bin mit dir zusammen. Und warum? Weil du schön und sexy bist, super Tennis spielst und küsst wie keine andere.› So macht man das. Und das war nicht gelogen. Meine Frau akzeptiert das auch, weil sie weiss, dass ich nicht lüge.

Vor Jahren wollten Sie einmal ein Buch über Männer, die sich trennen, schreiben. Was ist eigentlich aus diesem Projekt geworden?

Das ist immer noch vakant. Ich denke immer wieder darüber nach. Es gibt sehr viele Männer, die denken, dass Ihnen eine Scheidung neue Freiheiten bringt. Doch ist man danach sehr schnell an einem Punkt, bei dem die Wehmut einsetzt und man alles bereut – so im Sinne von: Das war jetzt doch zu überstürzt, ich hätte mir vielleicht doch etwas mehr Zeit geben sollen mit der Entscheidung. Ich finde, man sollte für eine Beziehung kämpfen, die Tatsachen auf den Tisch legen und schauen, ob es noch eine Chance gibt.

Ihre Trostbotschaft an alle Männer mit Glatze?

Freue dich über die Haare an den Beinen.

Wie oft wechseln Sie das Hintergrundbild auf Ihrem Handy?

Das habe ich schon seit zwei Jahren nicht mehr getan. Mein aktuelles Bild entstand, als ich mit Luca, meinem jüngeren Sohn, zum ersten Mal an einen EV-Zug-Match ging.

Antworten Sie in Interviews ehrlich?

Nein ... Doch!

Also was jetzt?

Ich rufe sicher nicht irgendwelche Plattitüden ab. Das wäre langweilig.

Wir waren beim Lügen, nicht bei den Plattitüden.

Nein, ich lüge nicht.

Wann haben Sie zuletzt gelogen?

Jetzt.

Machen Lügen nicht auch Spass?

Das weiss ich nicht. Notlügen haben sicherlich ihren Sinn, weil sie Zeit verschaffen, aber Spass machen sie nicht.

So grundsätzlich: Geben Sie gern Interviews?

Ich finde es spannend, interviewt zu werden. Weil ich mich dann immer hinterfragen muss: Ist das richtig, was ich antworte? Oder habe ich die eine oder andere Meinung geändert? Spannend ist auch, Interviews zehn Jahre später nochmals zu lesen.

Machen Sie das ab und zu?

Ich habe kürzlich ein Interview gesehen, das Harald Schmidt für seine Late-Night-Show mit mir gemacht hat. Da schämte ich mich richtig: Nein, das bin nicht ich! Damals war ich einer, der sich ständig in den Vordergrund spielte.

Geht es Ihnen bei Ihren früheren Bühnenprogrammen ähnlich? Dass Sie heute finden ‹Oh, wie ist das peinlich›!?

Nein, eigentlich nicht. Weil ich den ganzen Prozess dahinter sehe.

Otto Waalkes hat in seiner kürzlich erschienen Autobiografie ‹Kleinhirn an alle› alle jene Fragen aufgelistet, die Journalistinnen und Journalisten ihm immer und immer wieder gestellt haben. Kennen Sie das Buch?

Nein.

Werden Ihnen in Interviews auch immer die gleichen Fragen gestellt?

Ja. Fragen zum Gewicht. Fragen zu ‹unter der Gürtellinie›. Und die Unangenehmste: Wie es sich mit einem solch guten Aussehen denn so lebt?

Die häufigste Frage, die Otto gestellt wird, ist: Wollen Sie nicht langsam aufhören? Hören Sie diese auch oft?

Das ist wie bei Tennisstar Roger Federer … Der wird ja auch immer gefragt, ob er jetzt aufhöre, dabei gehört er immer noch zu den Top drei.

Gehören Sie auch immer noch bei den Top drei der Welt?

Nein, nein. Weltweit bin ich unvergleichbar. Daher nehme ich auch nie an Competitions teil, bei denen Kabarettisten gegeneinander antreten. Das hasse ich. Jeder ist auf seine Art und Weise cool. Und aufhören tue ich übrigens, wenn ich keinen Spass mehr habe. Ich finde diese Comebacks von Stars, die aufgehört haben, peinlich.

Die zweithäufigste Frage, die Otto gestellt wird, lautet: Verliebt? Verlobt? Verheiratet?

Das habe ich hinter mir.

Die dritthäufigste Frage ist die klassische Frage an alle Komiker, die Frage nach der Identität: Sind Sie privat eigentlich genauso komisch wie auf der Bühne?

Da antworte ich immer: Fragen Sie meine Frau, dann bekommen Sie eine ehrliche Antwort. Mit mir verheiratet zu sein hat viele gute Momente, aber man braucht auch viel Humor. Ich habe meine Tage, an denen ich ein schöner Stinkstiefel sein kann, weil ich mit etwas nicht im Reinen bin. Doch grundsätzlich ist es sehr einfach, mit mir zu leben. Ich schaue zum Haushalt, ich gehe einkaufen, ich kann kochen, und ich koche gern.

Welche Fragen beantworten Sie am liebsten?

Diese.

Wir könnten ja für einen Moment die Rollen tauschen – Sie dürfen mir jetzt mal fünf Fragen stellen – aber bitte nur nette …

Glauben Sie an Gott?

Jein.

Wieso Jein?

Ganz christlich aufgewachsen. Und heute nicht ganz sicher, ob es wahr ist.

Kennen Sie das Buch ‹Zelot› von Reza Azlan?

Nein.

Kann ich Ihnen empfehlen. Es ist die Geschichte über Jesus Christus und seine Bedeutung …

Es ist bald Weihnachten. Dann können Sie es mir schenken.

Gut, bekommen Sie. – Sollen Frauen Burkas tragen dürfen oder nicht?

Wenn Sie wollen, sollen sie. Aber nur freiwillig. Ich finde es zwar komisch. Doch soll jeder Mensch das machen, was er will, solange er in seinem eigenen Garten tätig ist.

Glauben Sie, dass es wahr ist, dass sich diese Frage, die ich Ihnen eben gestellt habe, tatsächlich auch Alt-Bundesrat Burkhalter stellte, als er über den Burka-Pass gefahren ist?

Diese Frage habe ich jetzt nicht verstanden. Aber ich bin auch blond.

Spielt keine Rolle. Das war nur ein Wortspiel.

Danke! Sie sehen, ich bin sehr intellektuell. – Wann erscheint eigentlich Ihre Autobiografie?

Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.

Ich denke, Sie wurden sicher schon von mehreren Verlagen angefragt, ob Sie nicht endlich eine Biografie publizieren möchten …

Für mich sind zwei Dinge entscheidend: Auf der einen Seite sind da mein Werk, meine Texte, mein Beruf. Dann gibt es aber auch private Dinge für meine Kinder, die ich gern aufschreiben würde, damit sie eines Tages wissen, wer ihr Papi war und weshalb gewisse Dinge in meinem Leben passiert sind. Dieser Teil gehört jedoch nicht an die Öffentlichkeit. Das ist eine Familiengeschichte, die innerhalb der Familie bleiben soll.

In Ihrer Autobiografie könnten Sie endlich die ganze Wahrheit über Marco Rima erzählen.

Eine persönliche Autobiografie wird es von mir nie geben.

Warum haben Sie keine Lust darauf? Bald jeder Künstler, jeder Sportler und Schauspieler veröffentlicht ja bereits mit 22 Jahren seine erste Biografie …

Ja gut, die haben auch etwas geleistet (lacht).

Und Sie haben nichts geleistet?

Ich hatte einfach viel Freude im Leben. Ich wurde auch schon angefragt, ob ich bei einem Einkaufszentrum in Zug meinen Handabdruck verewigen möchte. Das war nett, aber wenn schon, dann möchte ich ein richtiges Denkmal haben … am Dorfeingang von Ägeri, sechs bis sieben Meter gross. Neben Ruedi Rymann, dem berühmten Volksmusiker mit dem ‹Dr Schacher Seppli›.

Ich habe jetzt Lust darauf, Sie noch etwas zu piesacken ...

Das freut mich. Und danach werde ich verschachert.

Drogen und Sex – welches der zwei grossen Intimthemen ist für ein Interview zu intim?

Puh ... Sex.

Sex, Drugs und Rock'n'Roll: Wie viel Erfahrung haben Sie damit in den letzten Jahren gemacht?

Sex macht nur dann Spass, wenn man jemanden wirklich liebt. Ausser man stürzt ab und erlebt das, was man in seiner Jugend als ‹Wow!› erlebt hat. Drogen nahm ich nie. Wobei, nein: Einmal nach einer Aufführung von ‹Salto Natale› machte ein Joint die Runde, an dem ich mich auch mit ein paar Zügen beteiligte, sodass ich mit Halluzinationen im Kopf nach Hause fuhr. Ich fuhr mit 30 Stundenkilometern auf der Autobahn, was sich jedoch wie 400 anfühlte. Auf dem Hirzel musste ich mich das erste Mal übergeben, und bis ich zu Hause war noch einige weitere Male. Seither sage ich: Nie mehr Drogen! Ich hatte grosses Schwein, dass mich die Polizei nicht erwischte und ich keinen Unfall verursacht habe.

Sind Sie für die Drogenfreigabe?

Das wäre sicher besser, als Drogen auf dem Schwarzmarkt zu dealen. Ich habe viel Verständnis für Süchtige. Ich war als Raucher süchtig. Ich weiss, dass ich mit einer einzigen Zigarette wieder drin wäre. Und ich bin süchtig nach Schokoküssen. Wenn ich das in den Griff bekommen würde, wäre das sehr cool. Daher: Drogensüchtige sollen begleitet werden und nicht bestraft.

Wo werden Sie am liebsten berührt?

In der Seele.

Wo am wenigsten gern?

Wenn mir jemand auf den Bauch tätschelt. Das hasse ich wie die Pest.

Was ist besser: streicheln oder gestreichelt werden?

Das Wechselspiel.

Zu welcher Tageszeit sind Sie am besten erregbar?

Am Mittag.

Wieso kommt das so schnell wie aus der Kanone geschossen? Hatten Sie heute Mittag Sex?

Nein, eben nicht! Ich habe das komplett verpasst.

Törnt Sie eher Kälte oder Wärme an?

Wärme.

Reden Sie oft über Sex?

Ich glaube schon. Es ist ein schöner, lustvoller Teil des Lebens. Hätten meine Eltern keinen Sex gehabt, wären sie nicht unter die Gürtellinie gegangen, würde es mich nicht geben. Daher staune ich immer wieder, wie die Leute so schockiert reagieren, wenn man die Dinge beim Namen nennt. Ich finde Sex etwas Lustiges und Lustvolles, und wenn man damit gut umgehen kann, ist das eine grosse Freude.

Lieblingsstellung?

Mittlerweile in meinem Alter: liegen.

Der verrückteste Ort, an dem Sie jemals Liebe gemacht haben?

Das war eine Zeltausstellung in Cannes. Meine damalige schwedische Freundin und ich vergnügten uns dort in einem Zelt. Das war natürlich mit viel Aufregung verbunden, weil uns jederzeit jemand hätte ertappen können.

Ihre Ausrede bei Erektionsproblemen?

Schatz, das passiert halt.

Irgendwelche tolle Sexspielzeuge unter dem Bett?

Nein.

Welchen Sport wird Sex dereinst ersetzen?

Bei mir? Marathonschach … Nein, keine Ahnung. Ich hoffe, dass ich die Sexualität noch lange geniessen kann. Ich habe eine junge Frau, eine Deutsche, die Ansprüche hat, klar, fadengrad …

Stimmt es, dass die deutschen Frauen mehr Sex haben als die Schweizer Frauen?

Das behaupte ich nicht, aber es ist so.

Gauben Sie, dass der Geist von Woodstock die Gesellschaft verändert hat, wie es gern beschworen wird?

Ich glaube, Woodstock war ein riesiges Ereignis. Aber für mich als Nicht-Dabeigewesener ist das schwierig zu beurteilen. Ich mag mich auch nicht an die Beatles erinnern. Meine erste Musik war Heino. Den fand ich super mit seiner tiefen Stimme (imitiert Heino). Dann kam Daliah Lavi mit ‹Montag, Dienstag, Mittwoch …› und mit ‹Wer hat mein Lied so zerstört …›. Lavi habe ich 1996 tatsächlich getroffen, als sie zusammen mit Karel Gott auftrat.

Wann haben Sie zuletzt ein Open Air besucht?

Ich war noch nie an einem Open Air.

Wann haben Sie zum letzten Mal in der freien Natur draussen geschlafen?

Im Frühling in Australien.

Wann haben Sie zum letzten Mal eine Wespe getötet?

Vor vier Tagen auf Mallorca.

Welche Insekten töten Sie am meisten?

Fliegen.

Wären Sie gern Vegetarier?

Nein.

Schon mal versucht, vegan zu leben?

Zwei Wochen lang habe ich mich mal vegan ernährt. Das war insofern cool, weil alle Entzündungen verschwunden sind. Am besten wäre, wenn sich das abwechseln würde: Mal ein veganer Tag, mal vegetarisch, mal Fleisch … also so, wie wir aufgewachsen sind. Da gab es einmal Spaghetti, einmal Suppe, Fisch am Freitag und am Sonntag einen Braten.

Raclette oder Fondue?

Raclette.

Rösti oder Kartoffelstock?

Rösti.

Ich kann Oliven und Honig nicht essen – welche Lebensmittel kommen bei Ihnen niemals auf den Tisch?

Lebertran.

Ist das ein Lebensmittel?

Ja – und anscheinend auch sehr gesund. Kutteln, also Innereien, sind auch nicht meines.

Angenommen, Sie würden mich zu sich nach Hause zum Abendessen einladen: Was würden Sie kochen?

Züri-Geschnetzeltes mit Rösti.

Welche Getränke würden Sie servieren?

Einen sehr guter Primitivo und Mineralwasser. Und zum Dessert Erdbeeren mit Vanilleglacé.

Schätzen Sie es, wenn Ihre Gäste Geschenke mitbringen?

Ja, müssen sie aber nicht. Ich bringe auch keine mit. Darüber diskutiere ich jedes Mal mit meiner Frau, die findet, wir könnten nicht ohne Geschenk eine Einladung annehmen.

Ich bekam jahrelang von einer Freundin Rotwein geschenkt, obwohl sie wusste, dass ich lieber Weisswein trinke. Kennen Sie solche Situationen auch?

Mein Vater brachte meiner Mutter jahrelang Frigor-Schokolade, obwohl ihr diese nicht schmeckte. Bis sie sie irgendwann doch mochte. Das ist das sogenannte ‹Aufzwingen›.

Waren Sie schon einmal privat eingeladen und das Essen war total ungeniessbar?

Das kam schon ein paar Mal vor. Diese Esswaren muss man taktisch dann geschickt zum Verschwinden bringen lassen – via Serviette und in einem passenden Moment schliesslich auf die Toilette tragen …

Wenn Sie im Restaurant etwas Schlechtes serviert bekommen: Reklamieren Sie beim Service, oder essen sie ein bisschen und behaupten am Ende ‹die Portion war zu gross›?

Nein, ich reklamiere sofort. In den meisten Restaurants ist das auch kein Problem.

Wenn Sie erkannt werden, müssen Sie trotzdem selber bezahlen?

Ja, sicher. Das möchte ich auch. Aber wenn mich jemand einlädt, dann nehme ich das auch gerne a. Aber deswegen fühle ich mich nicht besser. Ich finde das peinlich, wenn mich jemand fragt: Erkennen Sie mich?

Unter- oder Oberägeri?

Oberägeri.

Ägeri- oder Zugersee?

Ägerisee. Er ist viel sauberer.

Ihr absoluter Lieblingsort in Ihrem Heimatkanton Zug?

Beim Kreuz auf dem Blasenberg. Von dort kann ich auf Zug runterschauen, sehe Immensee und die Rigi … An diesem Ort würde ich mir den Gnadenstoss versetzen, wenn es nicht mehr gehen würde.

Wo ist die Schweiz am Allerallerschönsten?

Auf dem Blasenberg.

Wenn Sie die Macht hätten, in der Schweiz allein Entscheidungen zu treffen, was würden Sie als Erstes sofort einführen?

Die Gleichstellung der Frau.

Und was sofort abschaffen?

Kirchensteuer.

War früher alles besser?

Es war anders.

Auch für Frauen?

Wenn man sich überlegt, dass Frauen kein Konto eröffnen durften ohne die Einwilligung des Mannes. Und ohne die Einwilligung des Mannes nicht arbeiten durften. Als es das Frauenstimmrecht nicht gab. Dann waren das keine lässigen Zeiten. Daher verstehe ich auch viele Frauen, warum sie noch heute auf die Barrikaden gehen. Weil viele Dinge nicht geregelt sind, obwohl wir sie politisch auf den richtigen Weg gebracht haben. Für mich war es ein riesiger Schock, diese diversen Blogs von Männern im Vorfeld des Frauenstreiktags zu lesen und zu sehen, wie viele Herren in unserem Land noch immer am Patriarchat festhalten wollen. Erschreckend.

Die weisesten Worte, die Sie je gesagt haben?

Ich? Ich habe so viel gesagt … Der Mann hat ja immer das letzte Wort, und sei es auch nur nach einem Vortrag der Frau, auf den du ‹Ja› sagst.

Gibt es etwas, das Sie fürchten?

Die Art und Weise, wie ich sterben könnte, davor habe ich Angst.

Welches war Ihre grösste finanzielle Krise?

Das gab es eigentlich nie. Denn ich habe keine Existenzängste. Wenn das Geld da ist, ist es da, und wenn nicht, ist es nicht da. Und wenn es mir gut geht, dann geht es mir gut. Und wenn nicht, dann muss man improvisieren. Wenn man Familie und Freunde hat, hilft man sich gegenseitig. Dafür muss man gar nicht Sozialist sein, sondern ein soziales Gefühl mitbringen für Mitmenschen.

Wo haben Sie Ihr Geld angelegt?

Das macht meine Frau. Ich bin froh, wenn ich zwischendurch etwas Sackgeld bekomme, so nach dem Motto: Das Geld, das du nicht hast, kannst du auch nicht ausgeben. Ich bin kein Mensch, der gut ist im Umgang mit Geld. Meine Frau macht das hervorragend.

Welche Idee oder welchen Traum haben Sie in den letzten Jahren endgültig begraben?

Dass ich bei den Miss-Schweiz-Wahlen mindestens den dritten Platz hole.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die Zukunft?

Ich versuche, positiv in die Zukunft zu blicken. Wenn man Kinder hat, bringt das negative Denken nichts. Im Gegenteil. Man zieht das Negative höchstens noch mehr an. Aber ich bin überzeugt davon, dass die nächsten Generationen einen Weg finden werden, unseren Planeten weiterhin so drehen zu lassen, damit die Menschen ihren Platz darauf finden werden.

Und Ihre persönliche Zukunft – was denken Sie, kommt da noch auf Sie zu?

Nach diesem Gespräch: sehr viel Gegenverkehr. Dann zwei Kinder, die mir in die Arme fallen. Meine Zukunft spielt sich sehr im Jetzt ab. Das sind meine Freuden. Dann habe ich so meine Wünsche, auf die ich auch hinschaffe, damit sich diese erfüllen, dann freue ich mich.

Schon mal darüber nachgedacht, wie lange Sie Comedian sein und Grimassen schneiden wollen?

Weil ich seit jeher immer den Eindruck hatte, dass ich auf der Bühne keine Grimassen schneide, sondern meinen Figuren ein Gesicht gebe, ist diese Frage irrelevant.

Hape Kerkeling hat mit 50 seine Karriere beendet. War das mutig oder blöd?

Der war auch dicker als ich (lacht). Ich denke, dass Hape irgendwann wieder auf die Bühne kommen wird. Er ist ein ganz feiner Mensch. Ich kenne ihn schon viele Jahre und bin ein grosser Fan von ihm. Ich glaube, dass er sich jetzt einfach mal eine Auszeit genommen hat. Und so werde ich das auch handhaben. Ich werde meine Karriere nie beenden. Sondern ich werde einfach mal eine Auszeit nehmen. Das ist eine Drohung an alle. Niemand kann sich sicher fühlen, dass ich definitiv nicht mehr komme.

Komikerkollege Didi Hallervorden ist auf seine alten Tage ernst geworden – und dafür sehr gelobt worden im Feuilleton. Eine Idee auch für Sie?

Es gäbe für mich sicher das eine oder andere ernste Thema, um einen Film darüber zu machen. Ich habe auch eine Idee am Laufen mit einer Figur, die nicht so viele Lacher erzielen würde.

Otto Waalkes hingegen hat Angst vor dem Ernstwerden im Alter. Er sagt, es entspreche nicht seinem Wesen.

Ich sage mir, dass man eine gewisse Ernsthaftigkeit in jeder Lebenssituation bewahren kann, ohne seinen Humor dabei zu verlieren. Das ist wichtig. Aus diesem Grund versuche ich mir immer eine gewisse Kindlichkeit und Naivität zu erhalten.

Wie alt möchten Sie werden?

Ich würde gern alt werden und gesund bleiben, damit ich meine Kinder soweit begleiten kann, bis sie mich, wenn ich gehe, loslassen können. Ich habe meinen Papi mit 35 Jahren verloren. Ich vermisse ihn bis heute. Bin aber trotzdem der Meinung, dass ich das in diesem Alter irgendwie nehmen konnte, zumal er so gestorben ist, wie er sich das immer gewünscht hat – sehr plötzlich – zack, ist er aus dem Leben geschieden.

Möchten Sie wissen, wie Sterben ist?

Nein.

Was könnte uns Menschen die Angst vor dem Sterben nehmen?

Wenn die Wissenschaft beweisen würde, dass Sterben nicht wehtut. Wir haben vor allem Angst vor dem Schmerz. Die Schmerzen sind das Problem. Doch wenn die Forschung herausfinden würde, dass man im Moment des Sterbens riesige Glücksgefühle erlebt, weil du etwas verlassen kannst, dann wäre das eine grosse Erleichterung.

Was stört Sie an Begräbnissen?

Eigentlich nichts. Wenn man schön Abschied nimmt von jemanden, dann kann das durchaus etwas Berührendes haben. Das Leichenmahl, das in einem Besäufnis ausartet, sagt ja nur, dass das Leben weiter geht. Sehr oft kommen dann ja Menschen zusammen, die sich nicht nur über den Toten austauschen, sondern gegenseitig über das eigene Leben: Was machst du, wie geht es dir? Ich finde es immer interessant, wenn eine Persönlichkeit aus dem Leben scheidet und alle sagen: Ein solcher gibt es nie mehr! Da hilft es, einmal einige Wochen weg zu sein. Plötzlich kommen keine Mails, und schon fühlt es sich ein bisschen wie Sterben an. Darum sage ich: Jede Position kann sofort ersetzt werden. Jene, die denken, dass ohne sie nichts läuft, irren sich.

Haben Sie schon Tote geküsst?

Nein.

Möchten Sie lieber mit Bewusstsein sterben oder überrascht werden von einem fallenden Ziegel, Herzschlag oder von einer Explosion?

Ich sage natürlich: in den Armen meiner Frau. Aber das wäre für meine Frau nicht lässig.

Oder möchten Sie auf der Bühne sterben?

Oh nein, das machte bereits Tomy Cooper. Der englische Zauberer und Entertainer fiel auf der Bühne um, aber das Publikum meinte, dies gehöre zur Show. Dabei hatte Cooper eine Herzattacke erlitten. Er verstarb auf dem Weg ins Spital.

Wollen Sie begraben werden?

Verbrannt.

Was soll dereinst auf Ihrem Grabstein stehen?

Ich möchte ein Monument. Oder besser: ein Mausoleum. Klein: 40 bis 80 Meter.

Bei meinem Begräbnis soll ‹The Final Curtain› gesungen von Frank Sinatra laufen – und bei Ihrem?

‹Heimweh› von Plüsch.

Sie mögen Schweizer Musik?

Ja, ich finde, wir haben hervorragende Musik hierzulande. Und ich bedauere es sehr, dass der Markt nicht wirklich da ist für unsere fantastischen Sängerinnen und Musiker.

Wir bleiben noch etwas beim Sterben …

Schönes Thema. Ich fühle mich so wach jetzt.

Sind Sie Mitglied einer Sterbeorganisation?

Nein, ich versorge mich selber. Ich sage mir immer: Das Gute am Theater ist, dass du den Hauptsponsor immer im Saal drin hast, weil überall ‹Exit› angeschrieben steht ... Ernsthaft: Ich möchte normal sterben. Wenn es wirklich so wäre, dass das Leben für mich keinen Sinn mehr macht, dann gehe ich, wie schon erwähnt, auf den Blasenberg ob Zug und probiere eine Droge, die ich noch nie ausprobiert habe.

Bester Gag in Ihrem Testament?

Passt auf, ich könnte allenfalls wiederkommen.

Glauben Sie an ein Leben danach?

Unbedingt. Mit Tennisplatz.

Wie sieht Gott aus?

Das ist ein alter Mann mit einem langen weissen Bart. Ein netter Kerl, auf den ich mich freue. Weil: Mich interessiert die Dreifaltigkeit. Er ist ja dann zu dritt. Und so etwas habe ich noch nie gesehen.

Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche schrieb einmal: ‹Seines Todes ist man gewiss: Warum wollte man nicht heiter sein?› Darf man über den Tod Witze machen?

Unbedingt. Meine liebste Vorstellung ist, dass der Tod an die Türe klopfe, ich mache auf, und er sagt: (mimt gruslige Stimme) ‹Ich komme dich holen.› Und ich: ‹Du Schatz, es ist für dich!› Oder: ‹Ich habe im Moment keine Zeit.› Und ich haue die Türe wieder zu.

Was geben Sie einer jungen Komikerin, einem jungen Komiker als Ratschlag auf den Weg mit?

Glaube an dich, vertraue dir, habe viel Freude und habe Mut, die Zeit bestimmen zu lassen, wie es weiter geht.

Finden Sie, die Schweiz hat in Sachen Komik ein Nachwuchsproblem?

Nein. Null.

Es gibt ja etliche YouTube-Stars im Comedysektor.

Ich glaube, YouTube ist ein Zeichen der Zeit. Früher standen die Leute an vor einer Papeterie, 200 Meter, und warteten auf ihr Ticket. Die Wege und das Auftreten sind anders geworden.

Sie selbst sind ja auch ziemlich aktiv im Internet – drehen regelmässig kleine Filmli.

Auf Facebook, ja. Aber das ist ja bereits für die Altersschwachen.

Und auf YouTube?

Wenn ich Lust habe, dann mache ich etwas – und sonst nicht.

Meistens sind Sie ja nackt in Ihren Filmen …

Das hat was mit meinem exhibitionistischen Wesen zu tun.

Auch mit Ihrem Sohn Nicolas haben Sie schon ein Fast-Nackt-Filmchen gedreht. Haben Sie das ihm weitervererbt?

Genau, er hat auch kein Problem damit. Wir sind schon zusammen mitten im Winter in den See gesprungen. Ich sage immer: Freude haben am Leben. Auch einmal über die Stränge hauen, das Kalb machen … Das ist auch das, was ich schätze, wenn du irgendwo bist, wo dich niemand kennt. Die Leute lachen und kommen nicht draus. Das hat mich auch schon als Teenager angetrieben: Quatsch zu machen.

Ist es ein Traum von Ihnen mit Ihrem Sohn einen ganzen Abend zusammen auf der Bühne zu stehen?

Ein Traum ist das nicht. Aber wenn sich das ergeben würde aus irgendeiner Geschichte heraus … Man soll niemals nie sagen.

Was denken Sie: Wohin entwickelt sich die Schweizer Kabarettszene?

Die entwickelt sich jeden Tag wunderbar weiter. Stefanie Berger kommt bald mit neuem Programm. Sie ist für mich eine der talentiertesten Frauen hierzulande. Dann kommt Regula Esposito als Helga Schneider mit einem neuen Programm … sie ist rasend lustig. Sehr schnell, sehr witzig. Anet Corti finde ich grossartig. Ursus und Nadeschkin, Hazel Brugger und Charles Nguela finde ich auch wahnsinnig toll, auch Joël von Mutzenbecher aus Basel. Und das Schönste: Es gibt einen guten Zusammenhalt untereinander, man hilft sich gegenseitig. Das ist ein Zeichen, dass diese Szene sehr erwachsen geworden ist.

Und wie hat Ihnen die Entwicklung dieses Interviews gefallen?

Ich habe mich das ganze Interview hindurch hervorragend gefühlt. Das hat mit dem Vertrauen zu tun. Vertrauen, das habe ich ja am Anfang gesagt, ist auch gleichzusetzen mit Liebe, Dankbarkeit und viel Respekt. Das, was wir erwarten dürfen von unseren Mitmenschen. Verbunden mit einer gewissen Altersmilde.

Und wie geht es Ihrem Job?

Meinem Job? Ah, Sie meinen dem Fragenzählen. Wir sind jetzt bei 6’735 Fragen.

Seien Sie bitte ehrlich ...

... es sind jetzt genau 890 Fragen.

Das heisst, wir müssen jetzt noch eine Stunde weiterreden? Ach, Sie haben doch einfach falsch gezählt.

Ja, stimmt.

Wie fühlen Sie sich im Moment?

Sehr gut. Ich würde es sehr bedauern, wenn das jetzt die letzte Frage wäre. Ich fand es megasuper. Vor allem habe ich es noch nie erlebt, dass die Kameraleute während der Arbeit eingeschlafen sind (lacht).

Dann hören wir, glaube ich, jetzt besser auf.

Ich glaube auch ... merci, Herr Bötschi.

Ich habe zu danken.

Ich hoffe, dass wir uns später im Leben wieder einmal ...

... sehen können?

Duzen!

Bruno.

Marco.

Danke.

Danke.

Marco Rima auf Tournee

Marco Rima geht nächstes Jahr auf Tournee. Der Vorverkauf für seine neue Show «#no Problem!?» startet am 25. Oktober 2019 bei Ticketcorner.

«Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi spricht regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.
«Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi spricht regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.
Bild: zVg
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