VerständigungPfeifkonzert – türkische Bergbauern kämpfen um Erhalt der Vogelsprache
Mirjam Schmitt, dpa
24.9.2019
Am Schwarzen Meer in der Türkei beherrschen Bergler eine seltene Pfeifsprache. Damit verständigen sie sich in Dörfern über mehrere Kilometer. Doch die Vogelsprache ist vom Aussterben bedroht.
Ein melodisches Pfeifen durchschneidet die Stille. Yilmaz Civelek legt die Finger an den Mund und zwitschert hinunter ins grüne, hügelige Nichts. «Wink mal rüber», sollte das heissen, sagt Civelek.
Eine Gestalt löst sich aus dem Hang, schickt einen kurzen Pfeifton zum Gruss zurück und hebt die Hand. Sie wirkt klein wie eine Legofigur. Civelek freut sich angesichts der Bestätigung, seine Augen glänzen. Er gehört zu den Wenigen, die noch die türkische Pfeifsprache (islik dili) beherrschen.
Weil sie dem Zwitschern eines Vogels ähnelt, nennen die Einheimischen sie einfach nur Vogelsprache. Nur noch geschätzt 10.000 Menschen beherrschen sie in der bergigen Schwarzmeerregion der Türkei. Vor zwei Jahren nahm die Unesco die türkische Pfeifsprache in die Liste des zu schützenden Immateriellen Kulturerbes auf – sie ist vom Aussterben bedroht.
Wer nutzt die Vogelsprache
Wie alt die Vogelsprache ist, kann keiner sagen. Vor allem Hirten benutzen das Gezwitscher, um sich über grosse Entfernungen hinweg zu verständigen. Einige Dörfer in der Region liegen nur mehrere Hundert Meter über den Meeresspiegel.
Die Weiden und die «yayla» genannten Hochplateaus liegen dagegen teils in 1800 Metern Höhe. Die Häuser sind durch tiefe Täler voneinander getrennt. Mit Worten könnte man sich über diese Distanzen nicht verständigen. Die Pfeifsprache aber überbrückt mehrere Kilometer.
Inzwischen gibt es nur noch wenige Hirten. «Und da ist die Technologie, die Mobiltelefone», seufzt Civelek. Die haben auch in den Bergen Empfang. Civelek stammt aus Kusköy – dem Vogeldorf in der Provinz Giresun. Hier leben die Menschen vor allem vom Anbau von Haselnüssen, die Plantagen säumen die Serpentinen hoch ins Dorf.
Civelek ist ein lebenslustiger Mann mit dunklem Schnurrbart und breitem Lachen. Wie die meisten seiner Generation ist er mit der Vogelsprache aufgewachsen. Heute wohnt er in der Stadt Giresun und arbeitet als Hausmeister. Civelek will verhindern, dass die Vogelsprache ausstirbt. Er engagiert sich im Vogelsprachenverein von Kusköy und will sein Können bald in Kursen unterrichten.
Im Sommer verbringt Civelek so viel Zeit wie möglich auf dem Hochplateau, wo es deutlich kühler ist als an der Küste oder im Dorf selbst. Auf dem Plateau hat er mit seiner Frau ein kleines Haus aus roten Ziegelsteinen und Wellblechdach gebaut. Seine Schwester Muazzez Köcek wohnt nebenan: ein kleiner Garten, ein paar Kühe, eine Handvoll Nachbarn. Sonst sind die Häuser umsäumt von grünen Weiden und dunklen Wäldern.
Vogelsprachenfestival in Kusköy
Civeleks Schwester Köcek gilt als eine der besten Pfeiferinnen im Dorf. Beim Wettbewerb, der jährlich zum Vogelsprachenfestival in Kusköy abgehalten wird, hat sie schon dreimal den ersten Platz der Frauen belegt. Fünfmal gewann sie den dritten Platz in der gemischten Kategorie.
Köcek kann nur mit der Zunge pfeifen – anders als Civelek, der wie in der türkischen Vogelsprache üblich mit den Fingern pfeift. Je nach Entfernung, die er dabei überbrücken will, steckt er dazu nur den Zeigefinger oder mehrere Finger in den Mund. Um sich über eine Entfernung von geschätzt fünf Kilometern zu verständigen, nimmt er die zweite Hand zur Hilfe und bildet damit einen Hohlraum.
Civeleks Sohn Olcan kann dem Ganzen nichts abgewinnen. Er beherrscht die Vogelsprache nicht und will sie auch nicht lernen. «Wozu?», fragt er. «Ich brauche sie ja nicht.» Er sei ja Student und wohne in der Stadt. Beim Thema Fussball blüht er jedoch auf und erzählt von seinem Lieblingsclub Besiktas Istanbul.
Pfeifsprachen gibt es nicht nur in der Türkei, sondern auch in anderen abgelegenen Gegenden der Welt. Die bekannteste ist wohl die «El Silbo» genannte Sprache auf der Kanareninsel La Gomera. Die türkische Pfeifsprache vertont quasi das Türkische.
Allgemein wird angenommen, dass die linke Hirnhälfte für die Sprache zuständig ist und die Rechte für Melodie und Rhythmus. Onur Güntürkün, Professor für Biopsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, hat bei einer Studie in Kusköy herausgefunden, dass bei Sprechern der Pfeifsprache beide Gehirnhälften aktiv sind – Fusion von Musik und Sprache.
Pfeifsprache kaum erforscht
Sonst ist die türkische Pfeifsprache kaum erforscht. Musa Genc, Dekan der Tourismus Fakultät von Giresun, will das ändern. Genc stammt eigentlich von der Westküste, hat es sich aber in den Kopf gesetzt, die Vogelsprache zu schützen, und weiter zu erforschen. Einen Pfeifsprachenkurs will er in spätestens drei Jahren anbieten und dafür ein Zertifikatsprogramm für zukünftige Lehrer wie Civelek entwickeln.
Das Vogelsprachenfestival in Kusköy ist für die beiden der beste Ort, um für die Sprache zu werben. Von den umliegenden Dörfern strömen Menschen ins Dorf. Autos parken an der engen Strasse. Der Hof der Dorfschule ist mit türkischen Flaggen geschmückt. Ein Musiker spielt die Schwarzmeerfidel, sofort springen die Menschen auf und reihen sich auf zum traditionellen Gruppentanz «Horon».
Junge Männer stehen in Gruppen zusammen und beobachten aus den Augenwinkeln die gleichaltrigen Mädchen. Wären da nicht der Pfeifwettbewerb und die eindringlichen Reden der Veranstalter, könnte man fast vergessen, dass es um die Vogelsprache geht. Nur hin und wieder durchschneidet ein Pfiff die Musik. Eine Grossmutter ruft nach ihren Enkeln. Die drehen sich angesichts der Wucht des Tons augenblicklich um.
In Notfälle zum Einsatz gekommen
Musa Genc tritt ans Rednerpult, stützt sich mit einer Hand auf und ruft: «Wir haben vor, die türkische Pfeifsprache im Such- und Rettungsdienst einzusetzen.» Später im Interview sagt er: «Ich glaube, dass wir der Vogelsprache ausserhalb der Tradition eine Aufgabe geben müssen, so dass die Leute sagen, ich muss die Vogelsprache können.»
Sonst verkomme sie erst zur «Showsprache» und sterbe dann irgendwann aus. Der Einsatz im Rettungsdienst sei vor allem deshalb sinnvoll, weil die Sprache über weite Entfernungen hinweg deutlich zu hören sei. In den Bergen Vermisste, bei Erdbeben Verschüttete, Menschen, die sich in Höhlen verlaufen – Genc fallen zahlreiche Situationen ein, in dem die Vogelsprache «lebensrettend» sein könnte.
Auch früher kam die Vogelsprache manchmal in Notfällen zum Einsatz, sagt Civelek. Er erinnert sich noch daran, wie er als Kind einmal Schafe und Ziegen hütete und Wölfe die Herde anfielen. Mit der Pfeifsprache habe er die Hunde angeleitet, um die Wölfe zu vertreiben und die anderen Hirten gewarnt.
Wölfe hat Civelek schon lange nicht mehr gesehen. Aber er findet eine Ziege, die sich auf der Hochebene verirrt hat. Er legt die Finger an die Lippen und pfeift in die Ferne. «Deine Ziege ist hier», soll das heissen. «Danke», zwitschert es aus dem Nichts.
Evakuierungsaktion bei der Seilbahn Lungern-Turren in Lungern im Kanton Obwalden: Wegen einer technischen Panne mussten rund 27 Personen mit dem Helikopter gerettet werden.
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Zu zweit durch dick und dünn – und durch heiss und eiskalt: Dieses Liebespaar sprang am Valentinstag in Hamburg ins kalte Wasser.
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Mehr als zwei Kilometer durch den eiskalten Bodensee: Der Extremschwimmer Paul Bieber hat mit seinem Versuch den deutschen Rekord im Distanz-Eisschwimmen gebrochen. Der 37-Jährige schwamm bei unter fünf Grad Wassertemperatur 2210 Meter weit. 43,03 Minuten brauchte er dafür. (30.1.2021)
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Ein internationales Forscherteam hat auf Madagaskar eine neue Chamäleonart entdeckt, bei der das Männchen lediglich 13,5 Millimeter lang ist. Obwohl das männliche Tier das kleinste unter rund 11‘050 Reptilienarten ist, verfügt es in Relation zur Körpergrösse über die die grössten Genitalien. Der Grund: Eine erfolgreiche Paarung mit den bedeutend grösseren Weibchen wäre sonst nicht möglich. (28.1.2021)
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Da kann man auch grosse Augen machen: Auf einer österreichischen Landstrasse ist eine Waldohreule mit einem Auto zusammengestossen. Der Vogel überstand den Crash mit dem Bruch eines Flügels und wird derzeit auf einer Greifvogelstation aufgepäppelt. (28.1.2021)
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Phantompatienten: An der Universität Leipzig warten Dummys mit einem Metallkopf, in den künstliche Gebisse hineingeschraubt werden können, auf Zahnmedizinstudenten. (28.1.2021)
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Winston hat das Coronavirus besiegt: Der Gorilla erholt sich im Zoo von San Diego nach einer umfangreichen medikamentösen Behandlung von einem schweren Verlauf seiner Corona-Infektion. Bei dem 48-jährigen Silberrücken Winston waren im Zuge der Infektion eine Lungenentzündung und Herzprobleme aufgetreten. Er wurde daraufhin mit einer Antikörper-Therapie, Herzmedikamenten und Antibiotika behandelt. (26.1.2021)
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Auf glühenden Kohlen: Ein Mann produziert im Gaza-Streifen beim dort grössten Produzenten Holzkohle. Als bestes und teuerstes Holz für diesen Zweck gilt das von Zitrusbäumen, aber auch das von Olivenbäumen wird gerne verwendet. (26.1.2021)
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Von Ruhe auf einer Parkbank kann hier nicht die Rede sein: Möwen und Tauben schwirren und fliegen um eine Frau in Tokio umher. (26.1.2021)
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Schnack beim Snack: Fischer Willy Rivas scherzt im peruanischen Lima mit einem Freund beim Essen in der Fischerbucht in Chorrillos. (26.1.2021)
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Banger Blick zum Horizont: Ein freiwilliger Helfer benutzt sein Walkie-Talkie, während er den Vulkan Mount Merapi während einer Eruption überwacht. Der Vulkan, der als einer der gefährlichsten der Welt gilt, ist erneut ausgebrochen und spukte mehrere Stunden glühende Asche und Gestein. (27.1.2021)
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Stausee verkommt zu «fliessenden Müllhalde: Ein Mann geht an Tonnen von Müll vorbei, die am Fusse des Wasserkraftwerks am Potpecko-Stausee in Serbien schwimmen. Vor allem Plastikabfälle gelangen durch Nebenflüsse in den Stausee und sammeln sich hier an. Eine serbische Zeitung schrieb bereits von einer «fliessenden Müllhalde». (26.1.2021)
Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa
Dickschädeltest: Stirn an Stirn messen zwei Rinder im deutschen Naturschutzgebiet Boberger Niederung ihre Kräfte. (25.1.2021)
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Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Bild: Kapo TG
Opfer der Zerstörungswut: Ein Mann räumt in einem Fast-Food-Restaurant in Rotterdam auf. Die Niederlande sind erneut von sogenannten Corona-Krawallen erfasst worden. Hunderte gewaltbereite Jugendliche hatten nach Polizeiangaben in mehreren Städten randaliert und dabei auch die Polizei angegriffen. (25.1.2021)
Bild: Peter Dejong/AP/dpa
Auf den Hund gekommen: Vierbeiner der Indian Railway Protection Force zeigen anlässlich des indischen Nationalfeiertags ihre Kunststückchen.
Bild: KEYSTONE
Galionsfigur mit Kettensäge: Im ungarischen Szilvásvárad streckt sich ein Feuerwehrmann auf dem Dach eines Zugs, um einen Ast abzusägen, der unter der Schneelast heruntergebrochen ist und die Bahnstrecke blockiert. (25.1.2021)
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Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Bild: Bruna Prado/AP/dpa
Himmlische Hilfe: Feuerwehrfrau Tegan Rayner von der Belair Brigade CFS freut sich über den Regen, während sie nach Löscharbeiten der Buschbrände in Cherry Gardens in der Nähe von Adelaide, Australien, steht. (25.1.2021)
Bild: Brenton Edwards/ADELAIDE ADVERTISER/AAP/dpa
Winterfest: Stammrosen sind im Rosenpark Dräger in Steinfurth, Deutschland, mit Folie kältesicher verpackt. (25.1.2021)
Freitag und Donnerstag: Streikwelle bremst Flugverkehr aus
Berlin/Frankfurt, 13.03.24: Zehntausende Passagiere müssen sich in den kommenden Tagen erneut auf Flugstreichungen und Verspätungen einstellen. Die Gewerkschaft Verdi hat zu Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals an fünf deutschen Flughäfen aufgerufen.
Am Donnerstag sind die Flughäfen Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden, Köln und Berlin betroffen.
Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV sind allein davon etwa 90 000 Reisende betroffen, mehr als 580 Flugverbindungen dürften abgesagt werden.
Nachwehen könnte zudem der zweitägige Streik des Lufthansa-Kabinenpersonals in Frankfurt und München haben.
Und was noch dazu kommt: Auch an diesem Freitag können Fluggäste in Deutschland nicht überall damit rechnen, wie geplant ans Ziel zu kommen: Verdi hat auch für Freitag zu weiteren Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals aufgerufen.
Dann soll es nach Angaben von Verdi nach und nach die fünf Flughäfen Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden und Leipzig treffen.
14.03.2024
Diese Reiseziele gehören auf deine Ferienliste
Fernweh? – Geht uns ebenso. In diese fünf Länder kommst du mit einer vollständigen Impfung ohne Weiteres rein.
10.06.2021
EU-Aussenminister zu historischem Treffen in der Ukraine
Die EU-Staaten wollen die Ukraine weiter unterstützen. Um das zu zeigen, sind die Aussenminister der Länder zu einem historischen Treffen nach Kiew gereist. Es sei nämlich das erste Mal, dass es ein solches Treffen der Vertreter aller 27 EU-Staaten ausserhalb der EU gebe, teilt die EU mit. Bei den Beratungen solle es um die aktuelle Lage angesichts des Krieges und die Unterstützung der EU für die Ukraine gehen.
02.10.2023
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