«Ziel Nummer 2» Die Frau von Selenskyj gerät in Putins Visier

Von Bruno Bötschi

3.3.2022

Getötete Zivilisten: russische Armee setzt Angriffe auf ukrainische Ziele fort

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Aufnahmen von Bergungsarbeiten aus der zweitgrössten Stadt Charkiw nach russischem Beschuss zeigen Tote, die mit den Füssen voran aus den Trümmern ihrer Wohnungen getragen werden.

02.03.2022

Olena Selenska ist die First Lady der Ukraine. Ihr Mann Wolodymyr Selenskyj glaubt, sie sei Putins «Ziel Nummer 2». Deshalb hält sie sich seit Tagen versteckt, hört aber gleichzeitig nicht auf, ihren Landsleuten Mut zu machen. 

Von Bruno Bötschi

3.3.2022

Als ihr Mann 2019 bei der Wahl zum Präsidenten antrat, fand das Olena Selenska anfänglich keine gute Idee.

Während ihr Mann derjenige sei, der sich auf den grossen Bühnen wohlfühle, agiere sie lieber im Hintergrund, erklärte sie damals in einem Gespräch mit der Zeitschrift «Vogue»: «Ich bin ein nicht-öffentlicher Mensch. Aber die neuen Realitäten erfordern ihre eigenen Regeln und ich versuche, sie einzuhalten.»

Seit vergangener Woche ist alles anders.

Russland hat die Ukraine angegriffen. Es herrscht Krieg. Die Welt hält den Atem an und blickt auf Präsidenten Selenskyj, der um die ukrainische Hauptstadt Kiev kämpft.

Sie zeigen Mut im Ukraine-Krieg: Wolodymyr Selenskyj und Olena Selenska.
Sie zeigen Mut im Ukraine-Krieg: Wolodymyr Selenskyj und Olena Selenska.
Bild: Anadolu Agency via Getty Images

Längst ist aber auch seine Frau Olena zum Gesicht eines Landes geworden, dass sich nicht unterkriegen lassen will von Putins Soldaten. Für Aussenstehende ist kaum zu erahnen, was die Menschen in der Ukraine dieser Tag durchleben.

«Meine Frau gilt als Ziel Nummer zwei»

«Nach unseren Informationen bin ich das Hauptziel, meine Frau gilt als Ziel Nummer zwei», sagte Wolodymyr Selenskyj in einem Social-Media-Video, kurz nachdem die russische Armee in sein Land eingedrungen war. Wo seine Familie sich aufhält, verriet der Präsident nicht.

Seit mehreren Tagen habe er seine Frau und seine beiden Kinder Oleksandra und Kirilo nicht mehr gesehen, sagte er zu CNN diese Woche. Auf die Frage, wie sein typischer Tagesablauf aussieht, antwortete er: «Arbeiten und schlafen.»

Und Olena Selenska? Sie lässt sich ebenfalls nicht unterkriegen, zeigt Stärke und Mut. Regelmässig teilt sie in den sozialen Medien Informationen und Statements, um ihre Landsleute zu unterstützen.

«Wir werden nicht aufgeben»

Am Dienstag schrieb die First Lady auf Instagram: «So sieht die Ukraine im Moment aus. Hier ist ein Video, damit die Welt sehen kann: Wir sind im Krieg.»

Und weiter: «Wegen Putins Angriff müssen die Ukrainer ihre Kinder jede Nacht in die Keller bringen und den Feind unter den Mauern ihrer Häuser bekämpfen. Die Ukraine ist ein friedliches Land. Wir sind gegen den Krieg und haben nicht zuerst angegriffen. Aber wir werden nicht aufgeben.»

«Ich schreibe Drehbücher wie früher»

Selenskyj und Selenka sind seit 19 Jahren verheiratet. Obwohl das Paar einst an die gleiche Schule ging, lernte es sich erst kennen, als sie Architektur an der Kryvyi Rih National University studierte.

Acht Jahre lang waren die beiden ein Paar, bevor 2003 geheiratet wurde. Statt der Architektur wandte sich Selenska – ähnlich wie ihr Mann – der Unterhaltungsbranche zu. Heute arbeitet sie als Drehbuchautorin und Produzentin.

Wolodymyr Selenskyj war vor seiner Wahl zum Präsidenten als Comedian und Schauspieler tätig. Er gewann die ukrainische Version von «Let's Dance» und verlieh dem Bären «Paddington» seine Stimme.

Prinz William und Herzogin Catherine empfangen Wolodymyr Selenskyj und Olena Selenska am im Oktober 2020 im Buckingham Palast in London.
Prinz William und Herzogin Catherine empfangen Wolodymyr Selenskyj und Olena Selenska am im Oktober 2020 im Buckingham Palast in London.
Bild: Getty Images

Nach der Wahl ihres Mannes zum Präsidenten, blieb Olena Selenska ihrem Beruf treu. «Ich schreibe Drehbücher wie früher», sagte sie vor drei Jahren in der «Vogue». Ihre Themen definiere sie gemeinsam mit ihrem Team: «Gesundheit der Kinder, Chancengleichheit für alle Ukrainer und Kulturdiplomatie.»

Wer hätte damals gedacht, dass ihr Land dereinst zum Schauplatz eines Krieges würde und die First Lady auf Instagram Sätze wie diese schreiben muss: «Heute werde ich keine Panik und keine Tränen haben. Ich werde ruhig und zuversichtlich sein. Ich liebe die Ukraine!»


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