Kolumne am Mittag Spielsüchtige Reporter-Legende – das rettete Werner Hansch

Von Marianne Siegenthaler

1.10.2020

Werner Hansch hat ein bewegtes Leben hinter sich. 
Werner Hansch hat ein bewegtes Leben hinter sich. 
Bild: Getty Images

Von der Sportreporter-Legende zum hochverschuldeten Spielsüchtigen, der im «Promi Big Brother»-Camp landet. Die wahre Geschichte vom 82-jährigen Werner Hansch.

Sie kennen Werner Hansch nicht? Dann können Sie möglicherweise weder mit Fussball noch mit Trash-TV-Sendungen etwas anfangen.

Zur Klärung: Hansch war rund 30 Jahre lang einer der berühmtesten Sportreporter Deutschlands. Für viele Fans und Experten war er die «Stimme des Ruhrgebiets» und bekannt und beliebt für seine Sprüche.

Privat ist er ein grosser Schalke-Fan, und eine Zeit lang war er dort auch als Stadionsprecher beschäftigt. Vor Kurzem geriet der 82-Jährige wieder in die Schlagzeilen – er siegte in der letzten Staffel von «Promi Big Brother».

Im Griff der Sucht

Das Preisgeld von 100‘000 Euro kann er gut gebrauchen, denn Hansch glitt als 70-Jähriger in die Spielsucht ab und litt zehn Jahre lang darunter. Rund eine halbe Million habe er in der Zeit verspielt, sagte er in einem Interview mit der «Zeit».

Aber es war nicht das Casino, das es ihm angetan hatte. Es waren die Pferde. «Ich bin ausschliesslich über Pferde gestolpert. Pferde-Wetten. Nicht in Deutschland, sondern in Irland, England und in Frankreich», so Hansch im Interview mit Sport1.

Der Mann wusste immer, wer die Sieger sein werden. Nur haben die dann leider nicht gewonnen. Er verlor mehr und mehr den Überblick über seine Finanzen, und irgendwann war alles weg. Aber dank seines grossen Bekanntenkreises kam er immer wieder zu Geld. Der Schuldenberg wurde aber immer grösser und die Sucht immer stärker. Alles, was sich Hansch in den vergangenen Jahren angespart und aufgebaut hatte, war weg.

Von der Partnerin verlassen

Weg ist auch seine Partnerin, mit der er 32 Jahre lang zusammengelebt hat. Diese versuchte alles, um ihn vom Wetten abzuhalten: «Manchmal flogen Teller und Tassen. Sie hat mich in ihrer Verzweiflung auch geprügelt», so Hansch.

Doch er hat nicht aufgehört zu spielen. Im März 2019 hat die Frau ihn dann verlassen. Mit 80 Jahren war er plötzlich allein. «Das war die Hölle», erinnert er sich – aber offenbar noch kein Grund, mit dem Wetten aufzuhören.



Wendepunkt war die Strafanzeige, die der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach einreichte – völlig zu Recht, wie Hansch zugibt. Denn die 5'000 Euro, die der Politiker ihm geliehen hat, konnte er nur gerade zur Hälfte zurückzahlen. Aber: «Ich muss ihm, wenn ich es ganz genau betrachte, dankbar sein für diesen Schritt», wie er in einem Interview mit dem Express sagte. Erst diese Anzeige habe ihm richtig klargemacht, dass er krank sei, so Hansch.

Bloss keinen Rückfall

Seither befindet er sich in Therapie. Und will auf jeden Fall vermeiden, dass es zu einem Rückfall kommt. So trifft sich Hansch auch mit Menschen der Gemeinschaft «Anonyme Spielsüchtige», wo er die Leidensgeschichten anderer Betroffener kennenlernt. Und das hilft offenbar: «Ich bin relativ zuversichtlich sagen zu können, dass ich keine Entzugserscheinungen mehr habe. Ich leide momentan nicht darunter, dass ich nicht wetten kann.»

Er sei nicht wie ein Alkoholsüchtiger, der sofort unruhig werde, wenn er morgens nicht sofort seine Ration bekomme und dann möglicherweise anfange, die Tapete von den Wänden zu kratzen. «Dieses Gefühl habe ich nicht mehr und das macht mich zuversichtlich, dass ich auf diesem Weg weiter voranschreiten kann.»

Das hoffen wir doch auch.

Zur Autorin: Marianne Siegenthaler ist freie Journalistin und Buchautorin. Wenn sie grad mal nicht am Schreiben ist, verbringt sie ihre Zeit am liebsten im, am und auf dem Zürichsee.


Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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