Das neue KochenWarum Schrebergärten in Corona-Zeiten so gefragt sind
Anja Sokolow, dpa/bb
19.6.2020
Hier ist man privat und doch draussen: Gärten haben in der Corona-Krise eine ganz neue Bedeutung bekommen. Selbst, wer «nur» einen Balkon hat, kann sich glücklich schätzen. Denn auch dort lässt sich ein Stück Natur geniessen.
Ob bepflanzter Balkon oder Garten: In der Corona-Zeit hat das mehr oder weniger grosse Stück Grün für viele Menschen eine ganz neue Bedeutung bekommen. «Alle wollen plötzlich gärtnern. Gärtnern ist das neue Kochen», sagt etwa die Gartenbloggerin Carolin Engwert.
«Vor Corona hatte mein Blog zum Beispiel rund 30'000 Leserinnen und Leser pro Monat, jetzt sind es 120'000», erzählt sie, während sie in ihrem Schrebergarten Salat erntet. Auf ihrem Blog gibt Engwert Tipps fürs Gärtnern im Schrebergarten oder auf dem Balkon.
Garten als neues Statussymbol
«Wenn man einen Garten hat, lebt es sich mit den Einschränkungen vermutlich etwas leichter», sagt die Gartenhistorikerin Anke Schmitz. Sie hält die besondere Bedeutung der Gärten in der Corona-Zeit in ihrem Mitmach-Blog Gardensinthetimesofcorona.com fest. «Das Blog ist ein virtuelles Gartendenkmal», so Schmitz, die noch weitere Berichte sucht.
Etwa 30 Gartenbegeisterte haben hier bereits ihre Erfahrungen aufgeschrieben: «In diesem Corona-Frühling haben wir unseren Garten eigentlich erst richtig kennengelernt», schreiben etwa Conny und Malte. Beide arbeiten im Homeoffice und verbringen jetzt deutlich mehr Zeit mit den drei Kindern im Garten, den die Familie seit zwei Jahren besitzt.
Andreas berichtet, dass der von ihm mitbewirtschaftete Gemeinschaftsgarten während der Corona-Zeit auch für Nachbarn ein «Ort der Flucht vor der häuslichen Käseglocke» wurde.
Für den Gartentherapeuten Andreas Niepel sind seine Laube und der 350 Quadratmeter grosse Garten «so etwas wie das neue Statussymbol». «Allüberall beneidet mich plötzlich alle Welt darum. Es ist, als wenn der Besitz eines Schrebergartens zum Insel-Sylt-Aufkleber der Zwanzigerjahre geworden ist», so Niepel.
Rückzug in die Natur
«Wir Menschen sind einfach Naturwesen mit einem Drang nach draussen», betont der Therapeut, der in der neurologischen Rehabilitation arbeitet. Schon ein minimaler Naturentzug, wie etwa jetzt in der Corona-Zeit, sei für viele Menschen schwer auszuhalten.
«Untersuchungen in Nationalparks in den USA haben zudem gezeigt, dass Menschen gerade nach Katastrophen wie etwa dem 11. September nicht in die Kirchen, sondern in die Natur eilen. Auch in der Corona-Krise drängen die Menschen in die Parks und Gärten», so Niepel.
«Der Garten ist ein privater, geschützter Raum und trotzdem ist man gleichzeitig Teil des öffentlichen Lebens, kann zum Beispiel über den Zaun mit Nachbarn reden. Er ist also viel durchlässiger als ein Haus oder eine Wohnung», sagt Bloggerin Anke Schmitz. Diese Vorteile hätten viele Menschen in der Zeit des Lockdowns zu schätzen gelernt.
«Ein Garten ist im Moment der beste Ort, an dem man sich aufhalten kann. Ein grösseres Glück gibt es im Moment nicht», meinte auch der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde, Stefan Grundei, schon zu Beginn der Corona-Krise. Eine Aussage, bis heute kaum an Aktualität verloren haben dürfte.
Ferien im eigenen Garten
Nicht nur das Pflanzen, Säen und Jäten erlebt einen neuen Boom. Auch Planschbecken, Trampoline und Spieltürme halten verstärkt Einzug in die Gärten. «Viele Familien haben sich auf Ferien im eigenen Garten oder auf dem heimischen Balkon eingestellt. Damit die schönste Zeit des Jahres trotzdem ein Erlebnis wird, decken sich die Menschen mit Outdoor-Spielgeräten ein», berichtet Steffen Kahnt, Geschäftsführer des deutschen Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels.
«Für mich ist der Garten eine gute Möglichkeit gewesen, einfach auch einmal allein zu sein und runterzukommen», sagt die Bloggerin Carolin Engwert. Wie so viele andere Familien auch, musste sie mit ihrem Mann wochenlang Homeoffice, Kinderbetreuung und Homeschooling mit zwei Kindern stemmen.
Seit 2015 pachtet die Designerin ihren Garten bereits. «Früher musste man sich für einen Schrebergarten rechtfertigen», erzählt sie. Heute sei das anders. Über das erste Jahr im Schrebergarten hat sie das Buch «Abenteuer Garten» geschrieben.
Kleingärten sind seit Beginn der Corona-Krise besonders gefragt. Der Lockdown liess auch in der Schweiz die Nachfrage nach Familiengärten in die Höhe schnellen. So erhalten aktuell etwa Vereine in Zürich pro Tag so viele Anfragen wie sonst in einem Monat.
Balkon als Gartenersatz?
Wer «nur» einen Balkon hat, kann auch dort viel anbauen. «Der Platz ist zwar begrenzt, aber ob Kartoffeln, Spinat, Radieschen – es geht fast alles, nur kein Walnussbaum», sagt Balkongärtnerin, Bloggerin und Autorin Birgit Schattling. «Die Menschen haben mehr Zeit und wollen sich einfach auch ihr Obst, Gemüse und Kräuter selbst anbauen», so Schattling.
Auch sie habe in diesem Frühjahr ein deutlich stärkeres Interesse am Gärtnern registriert. «In meiner Facebook-Gruppe zum Bio-Balkon-Kongress herrscht so viel Aktivität wie nie», so Schattling. Auch ihr Online-Kongress zum Balkongärtnern habe mit 13'000 Teilnehmern in diesem Jahr einen neuen Rekord erreicht.
Literatur: Abenteuer Garten: Mein erstes Jahr im Schrebergarten, Taschenbuch, 160 Seiten, Franckh Kosmos Verlag
Tödliches Gift: Der Wunderbaum (Ricinus communis) gilt mit seinen Früchten als giftigste Pflanze auf der Erde. Das Endosperm der Samen ist stark giftig, da es das toxische Eiweiss Rizin enthält. Rizin ist eines der potentesten natürlich vorkommenden Gifte überhaupt. Der Tod tritt unbehandelt durch Kreislaufversagen etwa 48 Stunden nach der Vergiftung ein. Der Wunderbaum ist in Ost- und Westafrika beheimatet, wird
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Gross, grösser, am grössten: Der Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) im Westen der USA ist das massivste beziehungsweise voluminöseste bekannte Lebewesen der Welt. Der immergrüne Baum kann bis zu 95 Meter hoch und einen Stammdurchmesser von 17 Meter haben.
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Kletternder Parasit: Mit einem Durchmesser von über einem Meter bildet die Riesenrafflesie (Rafflesia amoldi) die grösste Einzelblüte. Allerdings existiert die gigantische Blüte der Kletterpflanze nur wenige Tage, dann zerfällt das rote, nach Aas riechende Organ. Zurück bleibt ein Haufen schwarzen Schleims.
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Blüte mit Heizung: Naht die Blütezeit, macht die Titanwurz eine erstaunliche Verwandlung durch: Bis zu zehn Zentimeter am Tag schiesst ihr gigantischer Blütenstand nach oben. Und um Insekten für die Befruchtung anzulocken, verströmt das Fortpflanzungsorgan einen Aasgeruch und heizt sich auf 36 Grad Celsius auf.
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Königin der Anden: Die Riesenbromelie (Puya raimondii) ist die weltweit grösste Bromelie, mit mehr als zehn Metern Höhe. Sie hat auch eine der grössten Blütenstände aller Pflanzen und ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die in den Anden in Peru und Bolivien beheimatet ist.
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Ganz schön alt: Der Riesen-Eukalyptus (Eucalyptus regnans) wächst als immergrüner Baum, der ein Alter von etwa 400 Jahren erreichen kann. An bevorzugten Standorten kann er Wuchshöhen von 65 Metern in 50 Jahren erreichen. Er gilt als der höchste Laubbaum der Welt, möglicherweise sogar als der höchste Baum überhaupt. Bei einem 1872 gefällten Exemplar wurden 132 Meter an Höhe gemessen.
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Königlich stark: De Riesenseerose Victoria ist wohl eine der eindrucksvollsten Pflanzen auf dem blauen Planeten überhaupt. Mit bis zu drei Metern hat sie den grössten Blattdurchmesser. 1840 entdeckt vom Botaniker Richard Schomburgh, wurde sie benannt nach Queen Victoria. Viele Botanische Gärten bauten in der Folge eigene Victoria Häuser.
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Gefiederte Blätter: Die Raphia-Palme ist vorwiegend im tropischen Afrika beheimatet. Ihre Blätter gelten mit bis zu 25 Meter Länge als die grössten im Pflanzenreich. Sie sind nicht nur sehr gross, sondern auch gefiedert und bleiben nach dem Absterben an der Pflanze.
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Schweres Früchten: Der Jackfruchtbaum (Artocarpus heterophyllus) ist in Indien beheimatet. Er bekommt, wenn man von Zuchterfolgen wie Riesenkürbisse und dergleichen einmal absieht, die schwersten Früchte. Sie können mehr als 30 Kilogramm wiegen.
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Über 4000 Jahre alt: Im Patriarch Grove in den White Mountains in Kalifornien stehen 17 Exemplare der Langlebigen Kiefer (Pinus longaeva), die über 4000 Jahre alt sind. Ein Baum, dessen Alter von 4700 Jahren durch Auszählung der Jahresringe in einem kleinen Bohrkern bestimmt wurde, trägt den Namen «Methuselah». (Archivbild)
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Fast 10'000 Jahre alt: Über die älteste individuellen Lebewesen wird, je nach Definition, gestritten. Aber eine Pflanze ist es auf jeden Fall: Eine Gemeine Fichte (Picea abies) in Schweden, deren Stamm viel jünger ist, konkurriert mit den Langlebigen Kiefern. Sie geht aus Wurzelwerk hervor, das seit etwa 9600 Jahren existieren soll.
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Affen-Gesicht: Wer die Dracula simia ansieht, wundert sich wahrscheinlich nicht, warum sie den Beinamen Affen-Orchidee trägt. Viel Fantasie um das Gesicht eines Primaten zu erkennen, braucht es nicht. Die Pflanze wächst in 300 bis 600 Meter Höhe in Peru und Ecuador und duftet nach Orange.
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Klein, aber hübsch: Die Wurzellose Zwergwasserlinse (Wolffia arrhiza) gilt als kleinste Blütenpflanze über- überhaupt. Ihre Blüten sind für das menschliche Auge unsichtbar. Der Pflanzenkörper selbst ist maximal 1,5 Millimeter lang. Und übrigens: Sie ist als Aronstabgewächs mit der Titanwurz recht eng verwandt.