Die KolumneMuss ich Interesse an Babyfotos von Freunden zeigen?
dpa
22.6.2018
Natürlich möchten frischgebackene Eltern die Freude über den Nachwuchs auch mit den Freunden teilen. Fotos werden gezeigt, wie Baby lacht, schläft oder schief guckt. Doch bei manchem hält sich die Begeisterung in Grenzen. Darf er das auch zeigen?
Manche Frage traut man kaum zu stellen – nicht einmal dem Partner, und auch nicht einem Arzt oder Anwalt. Das Thema ist unangenehm, der Einblick in die persönlichen Lebensumstände könnte peinlich und tief werden, vielleicht drohen sogar rechtliche Konsequenzen.
Doch wie gut, dass einen Freund gerade ganz genau dasselbe Problem beschäftigt. Fragen wir also doch mal für ihn ...
Lügen und immer «Oh wie süss» sagen?
Die Frage heute: Bei meinem Freund im Bekanntenkreis ist gerade Babyalarm. Muss er lügen und immer «Oh wie süss» sagen, wenn er Fotos gezeigt bekommt – auch wenn das gelogen ist?
Die Antwort: Wem seine Freunde am Herzen liegen, der muss die Bilderflut für eine gewisse Zeit ertragen, sagt Linda Kaiser, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Knigge-Gesellschaft. Das bedeutet aber nicht, dass man sich ständig in überschwänglichem Lob für die Babys ergehen muss. Ein kurzes «Wirklich niedlich» reicht aus.
Wie sehr Babybilder und -themen einen Abend bestimmen, hängt natürlich auch vom Rahmen ab: Wer mit einer Gruppe junger Mütter zusammensitzt, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen monothematischen Abend einstellen müssen. In gemischten Gruppen stehen die Chancen besser, nach einer Weile elegant das Thema wechseln zu können.
Kinder sind ein Statussymbol
Kinder seien in der heutigen Gesellschaft etwas Besonderes und für viele ein Statussymbol, sagt Kaiser. Um ein Mindestmass an Interesse kommen Freunde deshalb nicht herum, wenn sie nicht als Kinderhasser abgestempelt werden wollen.
Gemeinsame Treffen, bei denen Fotos herumgereicht werden, sind aber das eine. Das andere sind Handychats, in denen manche täglich mit neuen Fotos oder Videos der lieben Kleinen um sich werfen. Hier ist laut Kaiser auch das Verlassen der Gruppe legitim – allerdings mit Ansage.
«Die schlechteste Lösung ist, sich beleidigt und kommentarlos zurückzuziehen.» Besser ist, den Schritt mit einer Erklärung einzuleiten, etwa «Ich freue mich für euch alle, aber Kinder sind für mich gerade kein Thema. Deswegen verlasse ich den Chat für eine Weile.»
Das ist bestimmt, aber höflich genug, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder anzuknüpfen. «Wem etwas an den Freunden liegt, kann auch zwischendurch an Feiertagen oder zum Geburtstag immer mal wieder eine Nachricht schicken. So bleibt man in Erinnerung», sagt Kaiser.
Denn das Gute ist: Die Babyphase ist endlich. Irgendwann treten auch wieder andere Dinge in den Vordergrund.
«Die Kolumne»: Ihre Meinung ist gefragt
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